Sondervermögen in Gefahr Aiwanger könnte alles zum Scheitern bringen

Union und SPD haben sich auf ein milliardenschweres Sondervermögen geeinigt. Doch ausgerechnet Bayerns Regierungskoalition könnte das Projekt zu Fall bringen.
Am Dienstag einigten sich die Spitzen von SPD und den Unionsparteien CDU/CSU in Sondierungsgesprächen auf ein neues milliardenschweres Sondervermögen. Doch die Zeit drängt: Aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse im künftigen Bundestag soll das Vorhaben – das eine Grundgesetzänderung erfordert – noch vom alten Bundestag beschlossen werden, der bis zur Neukonstituierung am 25. März kommissarisch im Amt bleibt.
Auch wenn es bereits so scheint, als seien die Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur beschlossene Sache, muss das erste große rot-schwarze Projekt noch einige Hindernisse überwinden, bevor es Realität wird. Dabei könnte ausgerechnet eine Kleinpartei eine große Rolle spielen.
Abstimmung im Bundestag
Damit das Finanzpaket umgesetzt werden kann, muss es zunächst mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag verabschiedet werden. Doch SPD und Union verfügen allein nicht über diese Mehrheit – sie brauchen die Unterstützung einer weiteren mandatsstarken Fraktion.
Eine Zustimmung der FDP gilt als unwahrscheinlich, da sie bei finanzpolitischen Fragen rund um die Schuldenbremse und Sondervermögen traditionell abwinkt. Mit der AfD will man sich keine Mehrheit sichern – bleibt also nur eine Option: die Grünen.
Diese lassen bislang offen, wie sie zu dem Sondervermögen stehen. "Wir haben eine Reihe von Fragen", erklärte die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Die Grünen haben Bedenken, ob es der richtige Weg sei, eine so weitreichende finanzpolitische Entscheidung noch mit dem alten Bundestag zu treffen. Hinzu kommen die anhaltenden Sticheleien und Diffamierungen von CSU-Chef Markus Söder gegen grüne Spitzenpolitiker – kein ideales Klima für eine Annäherung. Sollte das Sondervermögen jedoch die erste Hürde im Bundestag nehmen, wartet eine noch größere Herausforderung: die Abstimmung im Bundesrat.
Die entscheidende Stimme aus Bayern
Nach einer möglichen Zustimmung im Bundestag wäre erneut eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat erforderlich. Doch die Mehrheitsverhältnisse hier sind noch knapper: Für eine Grundgesetzänderung sind mindestens 46 Stimmen nötig. Zählt man alle Landesregierungen zusammen, in denen ausschließlich CDU, SPD und Grüne vertreten sind, kommt man lediglich auf 41 Stimmen – es fehlen also fünf.
Diese Stimmen könnten somit aus Ländern kommen, in denen Die Linke, das BSW oder die FDP mitregieren. Doch diese Parteien haben bereits signalisiert, dass sie dem Vorhaben in der aktuellen Form nicht zustimmen werden.
Bleibt ein letztes Bundesland: Bayern. Dort regiert Markus Söder mit der CSU in Koalition mit den Freien Wählern. Söder selbst war an den Verhandlungen zum Sondervermögen beteiligt und ließ sich anschließend mit den Worten zitieren: "Wir rüsten komplett auf." Seine Unterstützung für das Milliardenpaket ist also sicher.
Doch bei seinem Koalitionspartner, den Freien Wählern, sieht das anders aus. Deren Chef, Hubert Aiwanger, äußerte sich am politischen Aschermittwoch seiner Partei deutlich gegen das Vorhaben von Schwarz-Rot. Nach den bisherigen Versprechen der Union, die Schuldenbremse sei "Teil ihrer DNA", nun wenige Tage nach der Wahl ein milliardenschweres Sondervermögen zu beschließen, hält er für eine "Pulverisierung der Schuldenbremse" und eine bewusste Wählertäuschung. Aiwanger ging sogar so weit, dem Vorgehen die "Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers" zuzuschreiben.
Kritik innerhalb der Union wächst
Auch innerhalb der Union mehren sich die kritischen Stimmen zur 180-Grad-Wende der Parteispitze. Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkler, bezeichnete die Einigung gegenüber dem "Tagesspiegel" als "deutliche Niederlage für die Union". Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der das Ergebnis am Dienstag in einer Fraktionssitzung verkündete, stieß auf vehementen Widerspruch – unter anderem auch von seinem Vorgänger als Fraktionschef, Ralf Brinkhaus.
Am Ende könnte es jedoch trotz aller internen Zweifel und politischer Grabenkämpfe auf eine einzige Stimme hinauslaufen: die von Hubert Aiwanger. Unverhofft findet er sich in einer neuen Machtposition wieder – als Juniorpartner der bayerischen Landesregierung könnte er maßgeblich für die finanzpolitische Zukunft Deutschlands und Europas entscheidend sein. Sollte das Sondervermögen an Aiwangers Zustimmung scheitern, würde dies eine herbe Niederlage für die CSU und Markus Söder darstellen.
- stern.de: "5-Minuten-Talk: Warum der Milliardenplan wackelt"
- tagesspiegel.de: "Sondervermögen und Schuldenbremsen-Reform: Nach Merz' Wumms-Wende ist der Frust in der Union groß"
- tagesschau.de: "Finanzpaket: Reaktionen auf die Einigung"
- fw-bayern.de: "Politischer Aschermittwoch 2025: Aiwanger – 'CDU und CSU begehen Wählertäuschung mit Vorsatz'"