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AfD: Unterstützung von Elon Musk und Orbán – neue Chancen in der EU?


AfD in der europäischen Rechten
Plötzlich nicht mehr Paria


Aktualisiert am 13.02.2025 - 11:21 UhrLesedauer: 7 Min.
Orban, Weidel, Musk (v.l.n.r.): Die AfD erhält im Wahlkampf prominente Unterstützung aus dem Ausland.Vergrößern des Bildes
Orbán, Weidel, Musk: Die AfD erhält im Wahlkampf prominente Unterstützung aus dem Ausland. (Quelle: Political-Moments/Imago, SEPA.Media/Imago)
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Orbán in Ungarn, Musk in den USA: Die AfD erfährt im Wahlkampf prominente internationale Unterstützung. Die könnte ihr auch im EU-Parlament neue Chancen eröffnen, wo sie zuletzt Paria war.

Eine solche Ehre ist AfD-Chefin Alice Weidel noch nie zuteilgeworden: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bot ihr in Budapest am Mittwoch bei einer Pressekonferenz eine große internationale Bühne. "Es ist vollkommen klar, dass die AfD die Zukunft ist", sagte Orbán vor Kameras aus Europa und den USA – nur anderthalb Wochen, bevor in Deutschland Millionen Bürger wählen.

Der ungarische Regierungschef, der immer wieder wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Kritik steht, zementiert mit diesem Auftritt einen Kurswechsel. Zwar bezeichnet die AfD ihn nicht nur wegen seines harten Migrationskurses schon lange als Vorbild, Orbán hielt sich bisher aber zumindest offiziell von ihr fern. Die präferierten deutschen Partner seiner Fidesz-Partei waren bislang CDU und CSU.

Nun scheint Orbán das Pferd zu wechseln – zur großen Freude der AfD. "Das Treffen mit Orbán ist eine massive Aufwertung", sagt Tomasz Froelich, Abgeordneter der AfD im EU-Parlament, im Gespräch mit t-online. Er sieht nicht zuletzt einen anderen internationalen Wahlkämpfer der AfD für diese Entwicklung verantwortlich: Elon Musk, Tech-Milliardär und enger Berater des mächtigsten Mannes der Welt, US-Präsident Donald Trump.

Seit Ende Dezember wirbt Musk nicht nur in seinem sozialen Netzwerk X intensiv für die AfD, sondern auch auf Wahlkampfveranstaltungen der AfD und in einem viel beachteten Livetalk mit Alice Weidel. "Innerhalb der europäischen Rechten hat uns Elon Musks Unterstützung viel Aufmerksamkeit und Respekt verschafft", so Froelich.

Die prominente Unterstützung aus dem Ausland ist für die AfD nicht nur im Wahlkampf relevant. Sie dürfte auch eine Entwicklung im EU-Parlament befeuern, die sich seit Wochen abzeichnet: Die AfD, die selbst unter anderen rechten Parteien Europas zuletzt als Paria, als zu radikal und nicht kooperationsfähig galt, wird zunehmend wieder hoffähig auf internationalem Parkett. In Brüssel war sie in den vergangenen Monaten auch für Parteien außerhalb ihrer eigenen Fraktion Mehrheitsbeschaffer bei Abstimmungen und Kooperationspartner bei Veranstaltungen.

Verstoßen von den rechten Partnern

Der Bruch im EU-Parlament war im Mai 2024 heftig: Die AfD wurde auf Betreiben der Franzosen von Marine Le Pens "Rassemblement National" aus der Fraktion "Identität und Demokratie" ausgeschlossen. Finaler Auslöser war ein Interview des damaligen EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah, in dem er Mitglieder von Hitlers SS nicht per se als kriminell bezeichnen wollte. Zuvor aber hatte es schon viele Querelen gegeben. Die AfD galt primär als radikaler Quertreiber, als Skandalbringer – und nicht als Gewinn für ein Bündnis.

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Das rechte Spektrum sortierte sich im Parlament neu. Die Fraktion "Identität und Demokratie" wurde kurzerhand aufgelöst, zwei neue Fraktionen entstanden: Auf der einen Seite die "Patrioten für Europa" – ein Bündnis mit vielen in ihren Ländern sehr starken Parteien, wie dem französischen RN, Orbáns Fidesz oder der österreichischen FPÖ.

Die AfD durfte hier nicht mitspielen. Stattdessen gründete sie mit viel kleineren rechten bis rechtsextremen Parteien und sogar Einzelabgeordneten die kleinste Fraktion des Parlaments: "Europa der Souveränen Nationen". Als "Resterampe" wurde die Fraktion selbst in Kreisen der AfD zunächst geschmäht, als Ansammlung von "Irren". Die Aussichten waren schlecht.

Seither aber hat sich hinter den Kulissen in Brüssel einiges getan.

Die österreichische FPÖ als Zugpferd

Nach und nach scheint die AfD ihr Image als "Schmuddelkind" des Parlaments abzustreifen. Immer wieder kommt es inzwischen zu Kooperationen mit Parteien anderer Fraktionen – bei Veranstaltungen, langfristigen PR-Projekten und beim Personal. Inhaltlich mäßigt sich die AfD dafür nicht, sie scheint es auch nicht zu müssen.

Ein starkes Zugpferd ist dabei die FPÖ. Sie gilt als Schwesterpartei der AfD und ist stärkste Kraft in Österreich, gerade scheiterten Sondierungsgespräche zwischen ihr und den Konservativen für eine neue Regierung. Auch der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl warb, per Video zugeschaltet, im Wahlkampf bereits auf einer Veranstaltung der AfD für die Partei. Bereits den Ausschluss der AfD aus der alten Fraktion im EU-Parlament und ihre Nichtaufnahme bei den "Patrioten" soll die FPÖ kritisch gesehen haben.

Nach der Konstituierung des neuen EU-Parlaments im Juli 2024 hielt die FPÖ denn auch von Anfang an engen Kontakt mit der AfD und förderte öffentlich Projekte mit ihr. So startete im September auf YouTube das Video-Format "Jung & Patriotisch" mit den EU-Abgeordneten Petra Steger (FPÖ) und Alexander Jungbluth (AfD). Dort widmen sich die beiden Politiker, die erstmals ins Brüsseler Parlament eingezogen sind, Themen wie "Remigration", "Asylchaos" oder "Schuldenwahnsinn".

Doch dabei blieb es nicht; seither sind mehrere gemeinsame Projekte entstanden: Im November gaben die führenden Köpfe von FPÖ und AfD im EU-Parlament eine Pressekonferenz zur Aufarbeitung der Corona-Politik, in der sie einen Untersuchungsausschuss und rechtliche Konsequenzen forderten. Mehrere Abgeordnete bewarben eine gemeinsame Veranstaltung unter dem Titel "Zukunft durch Tradition".

Erst vor zwei Wochen luden Steger und Jungbluth zudem zu einer Podiumsdiskussion ausschließlich mit Vertretern von rechten bis rechtsextremen Medien – darunter das deutsche "Compact"-Magazin, das zeitweise von der Bundesinnenministerin verboten worden war. Beim Titel der Diskussionsrunde ("Medienfreiheit in Gefahr") klang eines von Elon Musks Steckenpferden an.

"Hat den Antrieb zu einer Kooperation eher noch verstärkt"

Man habe die Arbeit der beiden Parteien im EU-Parlament sichtbarer machen wollen, sagt Jungbluth über die Zusammenarbeit mit FPÖ-Kollegin Steger zu t-online. "Dass wir nicht mehr in einer Fraktion mit der FPÖ sind, hat den Antrieb zu einer Kooperation eher noch verstärkt."

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Auch personell kommt es zwischen den Parteien zu Überschneidungen: So wechselte gerade Jörg Sobolewski, ehemaliger Vizechef der AfD-Jugend "Junge Alternative", als Assistent von AfD-Skandalpolitiker Maximilian Krah ins Büro von FPÖ-Politikerin Petra Steger. Der AfD-Abgeordnete Markus Buchheit teilt sich sogar einen Assistenten mit FPÖ-Politikerin Elisabeth Dieringer-Granza.

Buchheit sitzt für die AfD bereits seit 2019 im EU-Parlament. Er räumt freimütig ein: "Außergewöhnlich" sei es, sich über Fraktionsgrenzen hinweg Personal zu teilen. Aber er sei "mit vielen bei den Österreichern per Du". Der Schritt habe sich angeboten, bei der FPÖ-Kollegin habe Bedarf an erfahrenen Mitarbeitern bestanden.

Gemeinsame Veranstaltung zu Reizwort "Remigration"

Die Kooperationen im EU-Parlament beschränken sich allerdings nicht auf die FPÖ. Hermann Tertsch von der spanischen Vox – ebenfalls Mitglied der Fraktion "Patrioten" – trat an diesem Mittwochabend mit AfD-Delegationsleiter René Aust sowie zwei weiteren Abgeordneten von dessen ESN-Fraktion auf. Der provokante Titel des Events: "Remigration und Schutz der europäischen Grenzen".

"Remigration" ist ein aus der rechtsextremen Szene stammender Kampfbegriff, vor dem selbst manch rechte Partei zumindest in der Vergangenheit zurückschreckte. Ursprünglich wurde er von Kräften wie dem Chef der rechtsextremen "Identitären Bewegung", Martin Sellner, lanciert. Er kann Massenabschiebungen, aber auch die Vertreibung von Personen mit Migrationshintergrund beschreiben – selbst wenn diese Staatsbürger sind. Die AfD hat für sich im vergangenen Jahr eine offizielle "Remigrations"-Definition erarbeitet, die rechtskonform ist. Sie steht aber scharf in der Kritik, weil sie den bewusst vieldeutigen Begriff so prominent verwendet.

Diese Kritik gab es auch im rechten Lager: Marine Le Pen vom französischen RN zum Beispiel wehrte sich gegen die Verwendung des Begriffs bisher nicht nur in ihrer eigenen Partei. Sie legte Anfang des vergangenen Jahres, kurz vor dem Auseinanderbrechen der Fraktion mit der AfD, genau deswegen auch Protest bei AfD-Chefin Alice Weidel ein. Weidel versuchte, die Fronten zu glätten und fuhr eigens nach Paris. Erfolglos, Le Pen blieb hart.

Nun aber scheint das zumindest manche direkten Fraktionspartner von Le Pens Partei nur noch wenig zu kümmern.

Mehrfach das "Zünglein an der Waage"

René Aust ist Leiter der AfD-Delegation und Co-Vorsitzender ihrer Fraktion "Europa der Souveränen Nationen". Der Weg der AfD in den vergangenen Monaten sei nicht leicht gewesen, sagt er t-online. "Das war ein halbes Jahr lang viel Arbeit. Am Anfang der Legislatur gab es nicht die Wahrnehmung: Die neue Truppe ist ein akzeptabler Partner." Inzwischen habe sich die Fraktion ein gutes Image erarbeitet. "Das hat uns aus der Isolation geführt."

Vollständig rehabilitiert ist die AfD allerdings noch nicht, auch das wird rasch deutlich. Doch Aust zählt wichtige Schritte auf: Der Kontakt zur FPÖ sei "sehr gut", in den Konferenzen der Fraktionsvorsitzenden habe er "viele Anträge" auch von Fidesz und dem RN unterstützt, mit dem es in der Zusammenarbeit in der Vergangenheit so große Probleme gab.

Als größter Erfolg gilt aber, was noch über das sehr rechte Spektrum hinaus geht: Mehrfach sei die Fraktion der AfD das "Zünglein an der Waage" auch für Anträge der Fraktionen EKR und EVP gewesen, so Aust. In der EVP sitzen auch CDU und CSU. "Und Anträge von uns wurden auch dank der CDU/CSU angenommen." Es sind Abstimmungen, die in Deutschland als unvereinbar mit der Brandmauer gelten würden.

"Berliner Brandmauer-Rhetorik brechen wir Stück für Stück auf"

Tatsächlich hat die AfD-Fraktion ESN bereits früh in der Legislatur bei einer Venezuela-Resolution mit der EVP gestimmt, im November dann auch Änderungsanträgen zur Entwaldungsverordnung eine Mehrheit verholfen. Bei einer Abstimmung im Herbst zum Haushalt stimmte die EVP sogar für einen Antrag, der von der AfD und ihrer Fraktion eingebracht wurde.

Die Kritik anderer Parteien war groß. EVP-Chef Manfred Weber sagte damals ZDFheute: "Es gibt keine Zusammenarbeit mit Radikalen, die auch nur eines unserer drei Grundprinzipien – pro-Ukraine, pro-Europa, pro-Rechtsstaat – ablehnen oder verletzen. Das gilt für rechte und linke Parteien."

In der AfD versteht man das aber keinesfalls als Brandmauer im Berliner Sinne. Was Weber da als Bedingungen formuliert habe, "ist keine Brandmauer", sagt AfD-Parlamentarier Jungbluth t-online. Und Fraktionschef Aust blickt in die Zukunft: "Die Berliner Brandmauer-Rhetorik brechen wir Stück für Stück auf."

Neues Projekt ganz in Musks Sinne

Noch aber hat die AfD den Sprung hin zu einem gleichberechtigten Partner selbst für die Rechts-Fraktion der "Patrioten" nicht geschafft. Das unterstrich auch Ungarns Regierungschef Viktor Orbán in einem am Donnerstag erschienenen Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel. Auf die Frage, ob die AfD jetzt trotz Vorbehalten vor allem bei den Franzosen gewissermaßen in den Kreis der "Patrioten" aufgenommen worden sei, antwortete Orbán: Die Vorbehalte seien noch vorhanden und stark.*

Die jetzige Wahl in Deutschland werde viel dazu betragen, dass die AfD bei den Patrioten "akzeptierter" werde, so Orbán weiter. Einen Durchbruch bedeute das noch nicht. Innerhalb eines Jahres aber könne "gute, imposante, qualitative, verantwortungsvolle" parlamentarische Arbeit der AfD das ändern. Die Chancen dazu stünden gut.

Die AfD arbeitet daran. Schon in den nächsten Wochen ist eine weitere Kooperation zwischen AfD- und FPÖ-Politikern geplant – und zwar zum "Bürokratie-Abbau", wie mehrere Quellen aus Kreisen der AfD t-online bestätigten. Das Thema ist in rechten Kreisen en vogue wie nie, seit Elon Musk und Donald Trump in den USA ein Projekt der Vorgängerregierung nach dem anderen einstampfen und ganzen Behörden den Geldhahn abdrehen.

Es dürfte eine Veranstaltung ganz in Musks Sinne werden – der er in den sozialen Medien wieder zu viel Aufmerksamkeit verhelfen könnte.

*Hinweis der Redaktion: Der Text wurde aktualisiert mit der Aussage von Viktor Orbán im am Donnerstag erschienenen Interview.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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