"Halte ich für falsch" Merkel kritisiert Merz' Manöver scharf
Angela Merkel hält sich mit Positionen zur aktuellen Politik zurück. Doch nun ist die ehemalige Bundeskanzlerin ungewöhnlich deutlich geworden.
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hält das Vorgehen von CDU-Chef Friedrich Merz, bei den eingebrachten Anträgen zur Migrationspolitik Stimmen der AfD zu akzeptieren, für falsch. Das teilte sie in einer Erklärung am Donnerstag mit. Darin verweist sie zunächst auf Merz' Rede vom 13. November, in der er vorgeschlagen hatte, bis zur Bundestagswahl nur noch Themen zur Abstimmung zu bringen, über die sich Union, SPD und Grüne zuvor geeinigt hätten.
Diesen Vorschlag lobt Merkel. "Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze." Stellt dann aber dagegen: "Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen", so die ehemalige Kanzlerin weiter.
Es sei stattdessen erforderlich, "dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles tun, um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können".
SPD und Grüne danken Merkel
SPD-Chefin Saskia Esken sagte in Berlin, Merkel habe "offensichtlich den Eindruck gewonnen, sie müsse ihren Nachfolger Friedrich Merz an seine staatspolitische Verantwortung erinnern". Sie sei ihr "sehr dankbar". Mit den Worten "der Anstand" überschrieb Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) seinen Hinweis auf die Erklärung Merkels im Internetdienst X.
"Danke Angela Merkel", schrieb dagegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) auf X. Deren Worte "und dass sie überhaupt von ihr jetzt gesagt werden (müssen) zeigen den Abgrund, auf den die Union sich zubewegt", fügte sie hinzu. "Es gibt sie, die aufrichtigen Christdemokraten in der Union", schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Bruno Hönel. "Angela Merkel ist eine von ihnen."
Grünen-Parteichef Felix Banaszak schrieb auf X zu der Erklärung Merkels, es sei "traurig, dass in der Unionsspitze der Wunsch nach Abgrenzung zu ihr größer zu sein scheint als gegenüber der AfD. Merkel "stand immer für eine CDU der demokratischen Mitte", schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich. Im Gegensatz zu Merz tue sie dies auch heute noch.
Der Bundestag hatte am Mittwoch einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. Dafür stimmten 187 Abgeordnete der Union, 75 AfD-Abgeordnete sowie 80 Angehörige der FDP-Fraktion und 6 Fraktionslose. Zusammen sind das 348 Stimmen. 344 Abgeordnete stimmten dagegen.
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