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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trotz Kritik von der Parteispitze AfD-Abgeordnete schon wieder in Russland
Gerade erst haben die Russlandtrips ihrer Abgeordneten erheblichen Ärger in der AfD ausgelöst. Nun sind schon wieder drei AfD-Politiker dort unterwegs.
AfD-Spitzenfunktionäre versuchen ihre Abgeordneten zu disziplinieren: Reisen nach Russland sind derzeit nicht erwünscht. Im Wahlkampf möchten die Vorstände der Parteiverbände und -fraktionen nicht zu viel Aufmerksamkeit auf die Kreml-Kontakte lenken. Die Rechnung scheint aber nicht aufzugehen: Schon wieder weilen laut Informationen von t-online mindestens drei bayerische Landtagsabgeordnete zu politischen Gesprächen in Russland.
"Tragen den Dialog nach Russland"
Ulrich Singer, Andreas Jurca und Lena Roon besuchen demnach das Yalta International Economic Forum (YIEF), das seit Jahren die internationale Anerkennung der ukrainischen Krim als russisches Gebiet fördern soll. In diesem Jahr findet es im russischen Ufa statt. Von dort liegen t-online Fotos von Singer auf dem Podium vor.
Laut Website des Forums sagte er dort: "Aufgrund der Sanktionen ist die wirtschaftliche Lage in unserem Land sehr schlecht." Es sei notwendig, die Sanktionen aufzuheben und mit dem Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zu beginnen. Als t-online ihn per WhatsApp kontaktierte, reagierte er umgehend.
"Wir tragen auch mit dieser Reise den Dialog nach Russland, anstelle von Raketen", schrieb Singer auf Anfrage von t-online und schickte verschiedene Schnappschüsse aus dem Stadtleben von Ufa. Es sei sehr aufschlussreich, die russischen Regionen zu sehen. "Diese erleben aus ihrer Perspektive goldene Zeiten." Er bestätigte, dass Jurca und Roon ihn auf der Reise begleiten.
Das Trio war bereits im März gemeinsam nach Russland gereist – als Wahlbeobachter für Russlands Präsidentschaftswahl. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren hingegen nicht zugelassen. Jurca und Roon traten während der Reise unter anderem bei dem russischen Propagandasender RT DE auf und lobten Transparenz bei der Wahl.
Krah reiste heimlich nach Sotschi
Erst am Wochenende hatte t-online berichtet, dass Singer und der Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß im November ins russische Sotschi geflogen waren, wo sie Ex-Präsident Dimitri Medwedew trafen. Vermittelt hatten die Reise zwei Vertraute des putintreuen Oligarchen Viktor Medwetschuk. Der Europaabgeordnete Maximilian Krah war ebenfalls für ein Abendessen mit ihnen angereist – ihn verbindet mit dem ukrainischen Ehepaar eine Affäre um Spionage und Schmiergelder.
In der Fraktionssitzung im Bundestag am Dienstag soll es daraufhin hoch hergegangen sein: "Selten wurde bei uns jemand so deutlich in einer Fraktionssitzung abgestraft", schilderte eine von mehreren Quellen t-online, wie Rothfuß sich von Kollegen und besonders von der Fraktionsspitze scharfe Kritik eingehandelt hatte. Schon zuvor hatten der bayerische Landesvorsitzende Stephan Protschka und die bayerische Fraktionsvorsitzende Kathrin Ebner-Steiner sich von der Reise distanziert.
Mit Krahs heimlicher Reise zum Abendessen mit den Medwedtschuk-Vertrauten will sich noch der Bundesvorstand befassen. Anders als bei Singer und Rothfuß war er über Krahs Pläne nicht vorab informiert worden.
- Eigene Recherchen