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Hilfsorganisationen warnen: Fehlende Unterstützung kostet Menschenleben


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Deutschland "verwundbar"
Eine drastische Warnung an die Politik


03.12.2024 - 18:08 UhrLesedauer: 3 Min.
Flutkatastrophe im Ahrtal (Archivbild): Könnte uns KI in Zukunft vor solchen Tragödien bewahren?Vergrößern des Bildes
Flutkatastrophe im Ahrtal (Archivbild): Hilfsorganisationen sehen Deutschland nicht ausreichend gegen künftige Krisen gewappnet. (Quelle: Christoph Hardt /imago-images-bilder)

Angesichts einer wachsenden Kriegs- und Krisengefahr rufen deutsche Hilfsorganisationen die Politik mit teils drastischen Worten zum Handeln auf. Sie beklagen eine chronische Unterfinanzierung – und fehlenden Respekt für Helfer.

Deutsche Hilfsorganisationen rufen die Politik in einem gemeinsamen Positionspapier dazu auf, den Bevölkerungsschutz zu stärken und Deutschland krisenfest zu machen. "Die Katastrophen in Folge der rasant zunehmenden globalen Erderwärmung und die sich zuspitzende sicherheitspolitische Lage führen der Öffentlichkeit und der Politik auf dramatische Weise vor Augen, wie verwundbar Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger sind." Um einen zukunftssicheren Bevölkerungsschutz aufzustellen, müsse eine neue Bundesregierung dringend handeln, heißt es in dem Dokument.

Das Papier mit dem Titel "Ein starker Bevölkerungsschutz für ein krisenfestes Deutschland" wurde von den fünf anerkannten Hilfsorganisationen in Deutschland verfasst, die im Bevölkerungsschutz mitwirken: Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst (MHD). Das Papier liegt t-online exklusiv vor.

"Das kostet wertvolle Zeit"

In dem Schreiben erinnern die Organisationen daran, dass der Bevölkerungsschutz in Deutschland vor allem von Ehrenamtlichen geleistet werde. "Ohne sie würde der Bevölkerungsschutz in seiner jetzigen Form nicht existieren." Doch müsse sich der Respekt vor dem Einsatz der Ehrenamtlichen im politischen Handeln und den Rahmenbedingungen widerspiegeln – was, so lässt sich zwischen den Zeilen lesen, aus Sicht der Hilfsorganisationen derzeit nicht der Fall sei.

Zudem beklagen die Organisationen eine zu geringe Mittelausstattung und ein Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern. Unterschiedliche Gesetzgebungen auf Bundes- und Länderebene würden das Einsatzgeschehen bei "länderübergreifenden Einsatzlagen" erschweren. "Das kostet wertvolle Zeit und im schlimmsten Fall Menschenleben", so der dramatisch formulierte Aufruf.

Um Deutschland krisenfest zu machen, rufen die Organisationen die Politik auf, sechs Maßnahmen zu beschließen:

  • Krisenmanagement aus einem Guss: Um die großen Krisen und Katastrophen der Zukunft zu bewältigen, müsse das Krisenmanagement "alle staatlichen, zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteure" einbeziehen. Dabei müssten auch die Strukturen des Gesundheitswesens und anderer relevanter KRITIS-Sektoren (Kritische Infrastrukturen, Anm. d. Red.) berücksichtigt werden. Standardisierte Verfahren müssten etabliert und entsprechende gemeinsame Ausbildungen und Übungen durchgeführt werden.
  • Modernisierter Rechtsrahmen: Das Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) soll reformiert werden, ebenso bedürfe es einer "konsequenten bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelung" mit Blick etwa auf Ausgleichsansprüche und soziale Absicherung. "Es muss Rechtssicherheit für die Helfenden, die anerkannten Hilfsorganisationen und die Arbeitgeber geschaffen werden."
  • Mehr staatliche Mittel für den Bevölkerungsschutz: Der Mittelansatz für den Bevölkerungsschutz, der von den anerkannten Hilfsorganisationen und ihren Kooperationspartnern geleistet wird, soll von 0,12 Prozent im Jahr 2024 dauerhaft auf mindestens 0,5 Prozent (derzeit ca. 2,4 Mrd. Euro) des jährlichen Bundeshaushaltes erhöht werden. "So können für unser Land die Voraussetzungen für eine leistungsstarke Vorsorge für zukünftige Krisen und Gefährdungssituationen geschaffen werden", heißt es dazu in dem Papier.
  • Ehrenamt stärken: Das Ehrenamt sei "die tragende und unverzichtbare Säule des Bevölkerungsschutzes", heißt es in dem Papier. Die Organisationen müssten in die Lage versetzt werden, attraktive Rahmenbedingungen für Helfende zu schaffen und diese so langfristig an sich zu binden. Wer Nachwuchsgewinnung etwa über Freiwilligendienste vorantreibt und die Ehrenamtskoordination ausbaut, soll stärker unterstützt werden. Das Ehrenamt könnte zusätzlich durch Anpassungen im Sozialversicherungsrecht gestärkt werden.
  • Resilienz der Gesellschaft erhöhen: Ohne aktive Mitwirkung der Menschen in Deutschland könne sich der Bevölkerungsschutz nicht in seiner vollen Wirkung entfalten. Selbstschutz- und Selbsthilfefähigkeiten der Bürger, Unternehmen und Einrichtungen seien daher zu stärken. Die Organisationen bieten an, entsprechende Bildungs- und Informationsprogramme zu entwickeln und umzusetzen.
  • Internationale Zusammenarbeit: "Die Krisen dieser Welt machen weder an Staatsgrenzen halt, noch können sie durch einzelne Staaten allein wirkungsvoll bewältigt werden", schreiben die Organisationen. Die Zusammenarbeit bei der Bewältigung von naturbedingten Katastrophen in Europa müsste auf internationale und menschengemachte Bedrohungen weiter ausgedehnt werden.

Das Positionspapier soll im Laufe der Woche an die im Bundestag vertretenen Parteien verschickt werden. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Von Mittwoch bis Freitag tagt die Innenministerkonferenz (IMK) im Brandenburgischen Rheinsberg. Eines der Themen: die Stärkung des Zivil- und Bevölkerungsschutzes.

Verwendete Quellen
  • Papier von ASB, DRK, DLRG, JUH, MHD: "Ein starker Bevölkerungsschutz für ein krisenfestes Deutschland"
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