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Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat: Das hat er vergessen


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Olaf Scholz als Kanzlerkandidat
Das hat er vergessen


18.11.2024Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzler Olaf ScholzVergrößern des Bildes
Olaf Scholz will nochmal – doch was will die Partei? (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)
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Olaf Scholz will es nach dem Ampel-Aus noch einmal als Kanzlerkandidat für die SPD versuchen. Die Kampagne steht – aber überzeugt sie auch?

Wer Olaf Scholz in den vergangenen Tagen zuhörte, der konnte sich ein Bild davon machen, wie die Wahlkampfstrategie des SPD-Politikers für die bevorstehende Bundestagswahl aussehen könnte. Etwa, als er bei der Regierungserklärung am Mittwoch betonte, dass Deutschland künftig seine Aufgabe zu erfüllen habe. Es müsse weiter mehr für Verteidigung ausgegeben werden. Die Koordination in der Nato wolle man verbessern und den Fokus auf Landesverteidigung legen – "für unsere Sicherheit und für die Sicherheit Europas", sagte Scholz da sehr bewusst noch einmal.

Er betonte auch: Es könne nicht sein, "dass die Unterstützung der Ukraine dazu führt, dass es zu Einschnitten bei Rente, Pflege und Gesundheit kommt." Scholz sagte, er wolle äußere und innere, wirtschaftliche und soziale Sicherheit erhalten. Die Bürgerinnen und Bürger würden im Februar auch darüber entscheiden, "ob wir unser Land zusammenhalten oder ob wir es spalten", so der Kanzler.

Sicherheit und Zusammenhalt – so lauten also die beiden Kernthemen der Kampagne von Olaf Scholz. Aber ist diese auch glaubwürdig?

Ampel-Aus und Wahlkampf in 3, 2, 1 ...

Für Scholz sind es keine leichten Tage. Seit dem Ampel-Aus kämpft der mit seiner Koalition gescheiterte Kanzler ums politische Überleben. Für den SPD-Politiker ist schon jetzt klar: Verliert er die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar, ist er weg. Und bislang sieht es nicht gerade gut aus. In den Umfragen liegt die SPD nun schon eine ganze Weile weit hinter der Union. Teilweise ist sie nicht einmal mehr halb so stark.

Scholz’ Persönlichkeitswerte sehen sogar noch schlechter aus. Das, wovon die SPD gehofft hatte, es könne die Schwachstelle der Union mit Friedrich Merz sein, tritt jetzt für den eigenen Kandidaten ein. Während sich laut einer Civey-Umfrage eine klare Mehrheit den CDU-Vorsitzenden als nächsten Regierungschef wünscht (52 Prozent), entscheiden sich gerade mal 25 Prozent für den Sozialdemokraten.

Nun versucht Scholz, weiter Gelassenheit auszustrahlen. Immer wieder erinnert er an die vergangene Wahl, auch da habe die Union zunächst weit vor der SPD gelegen, aber am Ende habe er das Ruder noch einmal herumgerissen. Das Problem: Damals kannten die Deutschen Scholz noch nicht als Kanzler. Jetzt schon. Seine Erzählung für den Wahlkampf erleichtert das nicht. Und dann ist da auch noch ein zweiter Kandidat bei den Sozialdemokraten.

Für Scholz' Strategie könnte die SPD einen hohen Preis zahlen

Beim letzten Mal haben Scholz und seine SPD Wahlkampf mit dem Thema "Respekt" gemacht. Mindestlohn, stabile Renten – das ist leicht zu verstehen und hat gut funktioniert. Während bei CDU und CSU bis zuletzt inhaltliche Orientierungslosigkeit herrschte, machten die Sozialdemokraten damit früh ein klares Angebot. Auch dieses Mal will Scholz die Themen schon setzen, während die Union noch bei den Demoskopen nachfragt.

Dieses Mal geht Scholz einen Schritt weiter: Die Schlagworte lauten nun "Sicherheit" und "Zusammenhalt". Der Kanzler versteht darunter eine dreifache Garantie: soziale Sicherheit, innere sowie äußere Sicherheit.

Scholz will damit auf einen Diskurs reagieren, der vor allem von den Populisten in die öffentliche Debatte eingespeist wurde. Parteien wie die AfD oder das BSW würden Fragen der äußeren Sicherheit wie die Ukraine-Unterstützung gegen soziale Themen ausspielen, so die Analyse des Kanzlers. Zahlreiche Äußerungen aus dem BSW- und AfD-Umfeld scheinen dem Kanzler recht zu geben. BSW-Politiker Klaus Ernst sagte vor Kurzem etwa: "Wir buttern Geld in die Ukraine, dass es der Ukraine langsam zu den Ohren rauskommt." Ernst spielte offenbar auf die Sorgen von Bürgern an, die fürchten, sie könnten durch die Ukraine-Hilfe benachteiligt werden.

Gegen ein solches "Nullsummendenken", wie es Scholz einmal nannte, setzt der Kanzler die Erzählung von Zusammenhalt: Die Menschen in Deutschland müssten sich nicht zwischen einem Leben in Würde, innerer Sicherheit oder dem Schutz vor einem aggressiven Russland entscheiden, sondern könnten alle drei Dinge haben. Das ist die Botschaft hinter "Zusammenhalt". Niemand soll denken, dass er verzichten muss, weil Deutschland der Ukraine hilft. Allerdings hat diese Strategie eine Tücke: Die zentrale Voraussetzung dafür ist eine Reform der Schuldenbremse. Denn nur mit mehr staatlichen Krediten kann der Kanzler seine umfangreichen Versprechen finanzieren.

Nur, wie glaubhaft kann Scholz den Begriff des "Zusammenhalts" aktuell mit Leben füllen? Ist seine Koalition nicht gerade erst genau daran zerbrochen, dass es keinen Zusammenhalt gab? Der Ampel war es nicht gelungen, innere, äußere und soziale Sicherheit zu gewährleisten – und das nicht nur, weil es an finanziellen Spielräumen mangelte. Was soll beim nächsten Mal also anders sein?

Und nicht nur das: Den Begriff "Sicherheit" hat Scholz bislang immer stark mit der Ukraine verknüpft. Der Kanzler hat mit seinem abgewogenen Kurs stets versucht, das Gefühl zu vermitteln, mit ihm komme es zu keinen Übersprungshandlungen. Schwere Waffen wie die Taurus-Marschflugkörper wollte er deshalb nicht liefern. Und jetzt? Seit gestern haben die USA ihren Ukraine-Kurs geändert. Regierungsvertretern zufolge erlaubt Präsident Biden dem von Russland angegriffenen Land nun den Einsatz weitreichender Waffen. Die Debatte um den Taurus ist damit noch einmal entbrannt.

Scholz steht deshalb von zwei Seiten unter Druck: Einerseits fordern nun erneut Vertreter aller Parteien, der Kanzler müsse seine Haltung noch einmal überdenken. Schließlich hatte er stets beteuert, im Einvernehmen mit den USA zu handeln. Andererseits baut sein Wahlkampf auf Gegenteiligem auf. Also auf einem eher zurückhaltenden Kurs, wenn man so will.

Und als sei das alles noch nicht genug, ist da auch noch Boris Pistorius. Seit Wochen schwelt in der Öffentlichkeit eine Debatte darüber, ob der Verteidigungsminister, der seit bald anderthalb Jahren hohe Beliebtheitswerte genießt, nicht der bessere Kanzlerkandidat für die SPD wäre. Auch in der Partei melden sich nun erste Stimmen, die sich offen für Pistorius aussprechen. Ob man wirklich an Scholz festhält, soll sich in diesen Tagen entscheiden. Geht die Sache im Sinne des Kanzlers aus, bleiben immerhin noch ein paar Wochen, um an der Wahlkampf-Taktik zu feilen. Wirklich losgehen soll es ja erst im neuen Jahr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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