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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Grünen-Chef kritisiert "Putins Pressesprecherin in Deutschland"
"Aktivere diplomatische Rolle"? Noch-Grünen-Chef Omid Nouripour kritisiert drei ostdeutsche Landeschefs für einen Gastbeitrag zur Ukraine deutlich – und Sahra Wagenknecht gleich mit.
Der scheidende Grünen-Chef Omid Nouripour hat Dietmar Woidke (SPD), Michael Kretschmer (CDU) und Mario Voigt (CDU) für ihren Gastbeitrag zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Er habe den Beitrag "mit sehr großem Befremden" gelesen, sagte Nouripour.
Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Woidke und Kretschmer, sowie der Thüringer CDU-Chef Voigt hatten sich in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" für "eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands" bei der Beendigung des Krieges ausgesprochen. Die Bundesregierung müsse ihre außenpolitische Verantwortung durch "mehr erkennbare Diplomatie aktiver wahrnehmen".
Alle drei sind bei der Koalitionsbildung nach den Wahlen in ihren Ländern auf Unterstützung des BSW angewiesen. Die Wagenknecht-Partei macht ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine zur Bedingung. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht nannte den Text, der weitgehend offenlässt, wie es realistischerweise zu diplomatischen Fortschritten kommen soll, einen "wichtigen Beitrag, weil er endlich eine andere Perspektive aufzeigt".
"Friedensordnung soll verscherbelt werden"
Nouripour kritisierte deshalb am Montag in Berlin: "Die Vorschläge des Trios sind ein taktisches Manöver, um koalieren zu können mit Putins Pressesprecherin in Deutschland. Es ist unsere Friedensordnung, die dabei jetzt verscherbelt werden soll." Und: "Das Fundament unserer Freiheit wird jetzt zur Ware bei Koalitionsverhandlungen auf Landesebene."
Nouripour, der vor einigen Tagen zum Grünen-Parteitag Mitte November seinen Rücktritt als Parteivorsitzender angekündigt hatte, kritisierte vor allem, dass die bisherigen Bemühungen des Westens nicht erwähnt sind. "Ich habe mit der Lupe in diesem Beitrag nach substanzieller Friedensarbeit gesucht und nichts gefunden", sagte er. "Unerwähnt bleiben 200 Verhandlungsrunden, die es gegeben hat mit Russland, 20 Waffenstillstände seit 2022, die alle von Russland gebrochen worden sind, der Friedensplan von Präsident Selenskyj am Anfang der Großinvasion Russlands und die Friedenskonferenz in der Schweiz, bei der Russland von Anfang an die Teilnahme ausgeschlossen hat."
Woidke, Kretschmer und Voigt stellten "die Glaubwürdigkeit von SPD und CDU, den Parteien, die uns in die fatale Abhängigkeit von russischem Gas und Öl gebracht haben, wieder in Frage", sagte Nouripour und ergänzte an die Adresse von CDU-Chef Friedrich Merz: "Dass der außenpolitische Kurs der CDU jetzt auf Landesebene in Erfurt und Dresden entschieden wird, ist doch sehr irritierend."
- Pressekonferenz von Omid Nouripour am 7. Oktober 2024