"Diese Aussage ist nicht ok" Berlins Queer-Beauftragter wirft Kühnert Rassismus vor
Der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert berichtet über schwulenfeindliche Sprüche in seinem Wahlkreis. Ein Parteikollege wirft ihm nun Rassismus vor und untermauert das mit Modelfotos.
Der Queer-Beauftragte der Stadt Berlin, Alfonso Pantisano, hat SPD-Politiker Kevin Kühnert vorgeworfen, sich rassistisch geäußert zu haben. In einem Beitrag auf Facebook schreibt er dazu: "DIESE Aussage ist nicht ok". Bei rassistischen Erzählungen wolle er nicht schweigen.
Stein des Anstoßes ist ein Interview, das Kühnert dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gegeben hatte. Darin schildert er Erfahrungen aus seinem Wahlkreis Berlin Tempelhof-Schöneberg. Als schwuler Mann habe er dort auch bereits Anfeindungen erlebt. "Und so kommt es in meinem Erleben aus muslimisch gelesenen Männergruppen häufiger zu einem homophoben Spruch, als man es sonst auf der Straße erlebt", sagt Kühnert und fügt hinzu: "Natürlich ist der Großteil der Muslime in meinem Wahlkreis nicht homophob. Aber die, die es sind, schränken meine Freiheit ein und haben kein Recht darauf. Und darüber werde ich nicht aus taktischen Gründen schweigen."
Pantisano: "Keine starke Lobby"
Diese Aussagen will sein Parteikollege Pantisano nicht unkommentiert stehen lassen. In seinem Facebook-Beitrag schreibt er zunächst: "Erstens hassen nicht ALLE Muslime queere Menschen, zweitens sage ich immer wieder, dass wir AUCH ein Problem mit der Queerfeindlichkeit im Islam haben."
Ihn störe an Kühnerts Schilderung, dass er von "muslimisch gelesen" spreche. Kühnert könne sich aber rein vom Aussehen nicht sicher sein, ob es sich um muslimische Personen handele. Das sei nicht in Ordnung, so Pantisano. Er wolle keine Realitäten verschweigen, aber gleichzeitig auch auf Rassismus hinweisen. "Und bei antimuslimischem Rassismus schon gar nicht, weil diese gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Regel keine starke Lobby hat."
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Um seine Argumentation zu unterstreichen, hat Pantisano seinem Beitrag zwei Fotos hinzugefügt. Dabei handele es sich um alte Modelfotos von ihm. Auf einem ist er mit einer Kufiya, einem traditionellen arabischen Kopftuch, und einem weißen Gewand zu sehen.
Er habe damals im arabischen Raum "viel Geld damit verdient", da er selbstverständlich als muslimisch oder arabisch wahrgenommen worden wäre. Wenn er selbst jemanden angreifen würde, sei also unklar, wie er beschrieben würde. Obwohl er ein schwuler Italiener mit deutscher Staatsbürgerschaft und katholischer Sozialisierung sei, könne er auch als muslimischer Mann wahrgenommen werden.
Kritik wegen arabischer Kopfbedeckung
Unter dem Beitrag gibt es von mehreren Personen Kritik an Pantisanos Ausführungen und seinen Vorwürfen an Kühnert. Die Berliner CDU-Generalsekretärin, Ottilie Klein, schrieb auf der Internet-Plattform X von einem "albernen Austausch einer selbstreferentiellen linken Identitätspolitik" und fügte hinzu: "Mit der Realität hat das alles wenig zu tun."
Laut dem "Tagesspiegel" gibt es aber auch Kritik innerhalb der SPD. Diese bezieht sich hauptsächlich auf das Foto, welches einige, so kurz vor dem Jahrestag des Terrorangriffs der islamistischen Hamas auf Israel, als unpassend empfinden.
Das von Pantisano getragene rot-weiße Tuch Ghutra wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten und auch Saudi-Arabien getragen, aber dort weniger als politisches Symbol verwendet. Es sieht aber dem schwarz-weißen Tuch mit der Bezeichnung Kufiya ähnlich, das auch als Palästinensertuch bekannt ist und in dem Zusammenhang eine politische Bedeutung hat. Pantisano ist seit Juli 2023 Ansprechperson der Landesregierung Berlin für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
- spiegel.de: "Jeder muss über sich hinauswachsen, auch der Bundeskanzler"
- Facebook-Account von Alfonso Pantisano