Militärstandort Geilenkirchen Bedrohung an Nato-Flugplatz: Wie sieht die Lage wirklich aus?
Nach mehreren Sicherheitsvorfällen an Militärstandorten schickt die Nato vorsichtshalber Mitarbeiter am Flugplatz Geilenkirchen nach Hause. Doch warum genau? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Nato hat am Donnerstagabend auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen die Schutzmaßnahmen verstärkt und Mitarbeiter nach Hause geschickt. Die Polizei Köln übernahm am Abend die Ermittlungen. Weitere Details würden nicht mitgeteilt, auch nicht die Zahl der Einsatzkräfte. Am Freitag wurde die Sicherheitsstufe wieder abgesenkt.
Ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa vor Ort beobachtete, dass Polizeiwagen auf dem Gelände waren. Auf elektronischen Displays und Tafeln an der Einfahrt zum Gelände wurde die Sicherheitsstufe C angezeigt. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.
Warum ist der Luftwaffenstützpunkt so bedeutend?
Die Nato hat in Geilenkirchen in der Nähe von Aachen das fliegende Frühwarnsystem Awacs stationiert. 14 umgebaute Boeing-707-Maschinen überwachen den Luftraum mit dem Ziel der Früherkennung möglicher Gefahren und der Vorwarnung des Bündnisses. Der multinational zusammengesetzte Verband leistet klassische Luft- und Seeraumüberwachung und wird in Einsätzen zum Führen von Kampfflugzeugen als eine Art fliegende Kommandozentrale eingesetzt.
Der Verband hat an zahlreichen Operationen etwa auf dem Balkan und in Afghanistan teilgenommen. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine verlegte die Nato zeitweise Maschinen nach Rumänien.
Was bedeutet die Sicherheitsstufe Charlie?
Die Frühwarn- und Kontrolltruppe der Nato hat auf ihrem Luftwaffenstützpunkt in Geilenkirchen bei Aachen die Sicherheitsstufe erhöht, wie am Donnerstagabend bekannt wurde. Nun gilt die zweithöchste Stufe Charlie. Alle Mitarbeiter, die nicht für den Einsatz benötigt würden, seien als Vorsichtsmaßnahme nach Hause geschickt worden, sagte ein Sprecher der Air Base. Hintergrund seien nachrichtendienstliche Informationen, die auf eine mögliche Bedrohung hinwiesen.
Die Sicherheitsstufe Charlie bedeutet im Nato-Jargon, dass ein Zwischenfall eingetreten ist oder Erkenntnisse vorliegen, dass irgendeine Form von terroristischen Aktionen gegen das Bündnis sehr wahrscheinlich ist. "Dies ist kein Grund zur Besorgnis und eine reine Vorsichtsmaßnahme, um sicherzustellen, dass wir unsere kritischen Operationen fortsetzen können", sagte der Sprecher der Air Base.
Die höchste Stufe ist Delta. Diese wird bei der Nato gemeinhin ausgerufen, wenn ein Terroranschlag erfolgt oder unmittelbar bevorsteht. Mehr zu den einzelnen Warnstufen lesen Sie hier.
Am Flughafen arbeiten dem Presseoffizier vor Ort, Christian Brett, zufolge etwa 1600 Menschen, derzeit wegen der Ferien deutlich weniger. Etwa die Hälfte der Beschäftigten sei nun wegen der Warnstufe zu Hause. Viele arbeiteten aber aus dem Homeoffice.
Der Flugbetrieb laufe planmäßig weiter, er sei auch am Donnerstag nicht unterbrochen worden, sagte Presseoffizier Brett. "Awacs-Flugzeuge starten und landen weiter." Am Flughafen gebe es von Montag bis Freitag zwei bis drei Awacs-Flüge pro Tag. Am Wochenende werde nicht geflogen.
Wie sieht die Sicherheitslage wirklich aus?
Bereits im Juli herrschte auf US-Militärstützpunkten in Deutschland und anderen europäischen Ländern Medienberichten zufolge erhöhte Alarmbereitschaft wegen Terrorgefahr.
Das Pentagon habe auf den Stützpunkten am Wochenende die zweithöchste Sicherheitsstufe Charlie ausgerufen, berichtete der US-Sender CNN damals unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte Regierungsvertreter. Unklar blieb die Art der angeblichen Bedrohung.
Was ist noch unbekannt?
Warum die Sicherheitsstufe in Geilenkirchen erhöht wurde und was dahinterstecken könnte, darüber lässt sich zurzeit nur spekulieren. Polizei, Verteidigungsministerium und Nato machten dazu keine Angaben.
Am Donnerstag waren Medienberichten zufolge mehrere Drohnen über einem Industriegelände in Brunsbüttel gesichtet worden. Brett wies aber Spekulationen zu Drohnen-Überflügen über den Flugplatz zurück. "Das ist absurd." Das Überfliegen der Air Base sei für nicht legitimierte Flugzeuge verboten. Drohnen seien von Werk so eingestellt, dass sie gar nicht in Flugverbotszonen navigieren könnten. Außerdem werde der Luftraum natürlich – wie bei jedem Flughafen – genau beobachtet. "Hier ist nichts drübergeflogen."
Verdacht der Verunreinigung von Trinkwasser
Ebenso wenig ist bekannt, ob Sabotagefälle an mehreren Bundeswehrstandorten vor rund einer Woche mit der Sicherheitsstufe in Geilenkirchen zu tun haben. Damals wurde nach der Überprüfung aber Entwarnung gegeben. So ermittelten Polizei und Staatsschutz nach einem Sicherheitsvorfall am Wasserwerk der Luftwaffenkaserne Köln-Wahn wegen des Verdachts, das Trinkwasser könnte verunreinigt worden sein.
Auch in Geilenkirchen waren verdächtige Beobachtungen gemacht worden. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde zwischenzeitlich ein Mensch im Umfeld des Flughafens für Befragungen in Gewahrsam genommen, der Verdacht habe sich aber nicht erhärtet.
- Nachrichtenagentur dpa