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Bericht der Bundespolizei: Bahnhöfe werden zu Brennpunkten


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Jahresbericht der Bundespolizei
"Auch schwerste Delikte in ländlichen Gebieten"


Aktualisiert am 19.08.2024Lesedauer: 3 Min.
Der Hauptbahnhof in Hamburg: Immer wieder kommt es an Bahnhöfen auch zu Angriffen auf Bundespolizisten.Vergrößern des Bildes
Der Hauptbahnhof in Hamburg: Immer wieder kommt es an Bahnhöfen auch zu Angriffen auf Bundespolizisten. (Quelle: Christian Charisius)

Die Bundespolizei hat ihren Jahresbericht 2023 veröffentlicht. Der zeigt: Die Gewalt gegen Beamte hat stark zugenommen.

Die Bundespolizei verzeichnet mehr Angriffe auf Einsatzkräfte. Insgesamt 2.979 Bundespolizistinnen und -polizisten seien im vergangenen Jahr angegriffen worden, schreibt die Behörde in ihrem neuen Jahresbericht, der in Rostock vorgestellt wurde – das seien mehr als je zuvor. Davon seien 145 Polizisten beim Einsatz in Lützerath verletzt worden, wo Menschen gegen den Brauntagebau protestierten.

Rund ein Viertel der Angegriffenen (793 Polizisten) wurde demnach verletzt, laut Bundespolizei ebenfalls ein Rekord seit dem Beginn der Datenerhebung im Jahr 2001. Danach waren laut Statistik 11 Prozent beziehungsweise 88 Betroffene dienstunfähig.

Fast immer war bei den Angriffen laut Bundespolizei körperliche Gewalt im Spiel. Die meisten Angriffe gab es der Behörde zufolge "während der alltäglichen Aufgabenwahrnehmung", überwiegend auf Streife, bei kriminalpolizeilichen Ermittlungen oder der Begleitung von Rückführungen. Der Großteil entfiel laut Statistik auf Einsätze bei der Bahn. Auch bei Veranstaltungen und Fußballeinsätzen sei es zu Attacken gekommen.

Großteil der Angreifer polizeibekannt

Die Täter waren laut Bericht zum Großteil (78 Prozent) Männer und im Durchschnitt 33 Jahre alt. Knapp die Hälfte stand unter Einfluss von Alkohol oder Drogen. Der Großteil war polizeibekannt, knapp ein Viertel war Mehrfach- oder Intensivtäter. Knapp die Hälfte hatte demnach einen deutschen Pass.

Die Bundespolizei hat im vergangenen Jahr außerdem einen Höchststand an Straftaten seit 2012 verzeichnet. Im Jahr 2023 wurden 790.245 Straftaten registriert. Das sind den Angaben zufolge 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark gestiegen sind die Straftaten, die sich auf das Aufenthaltsrecht beziehen. Hier lag die Zahl bei 389.331 (plus 38,8 Prozent im Jahresvergleich).

Auch bei Sexualdelikten (plus 14,9 Prozent), Taschen- und Gepäckdiebstählen (plus 16,4 Prozent) sowie Gewaltdelikten (plus 10,6 Prozent) wurden starke Anstiege verzeichnet. Mehr als die Hälfte aller Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei – nämlich rund 425.000 – wurden in Zügen, Bahnhöfen oder anderen Anlagen der Bahn begangen.

"Auch schwerste Delikte in ländlichen Gebieten"

"Wie bereits in den letzten Jahren sind insbesondere die Großstadtbahnhöfe von Gewaltdelikten betroffen", heißt es in dem Bericht. "Dennoch werden zunehmend auch schwerste Delikte in kleinstädtischen oder ländlichen Gebieten sowie in Zügen festgestellt."

Heiko Teggatz, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Bundespolizei, fordert angesichts des Jahresberichts der Bundespolizei bei t-online eine "deutliche personelle Aufstockung der Bundespolizei. Auch braucht die Bundespolizei moderne und zeitgemäße Befugnisse, wie beispielsweise eine Zuständigkeit für aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch im Inland".

Immer wieder komme es auch zu Gewalt gegen Beamte der Bundespolizei. Um dem entgegentreten zu können, brauche es "Ausstattung mit einem Taser und eine anonymisierte Verhaltenserkennung mittels Videotechnik an unseren Schwerpunktbahnhöfen".

Gewerkschafter kritisiert Politik

Er sei gespannt, "ob Frau Ministerin Faeser solche logischen Schlussfolgerungen aus den präsentierten Zahlen zieht", so Teggatz. "Sollte dies nicht der Fall sein, wäre das ein weiterer Beleg dafür, dass die hervorragende Arbeit der Bundespolizei lediglich zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird."

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GDP) Bundespolizei hat deutlich auf den Jahresbericht reagiert. "Alleine die Steigerung der Straftaten um 12,5 Prozent im Vergleich zu 2022 zeigt, dass weiterhin in die innere Sicherheit und somit in die Bundespolizei investiert werden muss", erklärt die Gewerkschaft in einem Schreiben, das t-online vorliegt.

Beamte müssen viele Überstunden leisten

Als Schwerpunkt zeichneten sich Bahnhöfe ab. Alleine hier fehlten der Bundespolizei rund 3.000 Kolleginnen und Kollegen: "Gewaltdelikte, aber auch Sexualdelikte sind stark angestiegen. Hier gilt es mit einer starken Bundespolizei diesem negativen Trend entgegenzuwirken."

So hat die Bundespolizei im ersten Halbjahr bislang 373 Delikte mit Messern gezählt. Im Jahr 2023 waren es insgesamt 639 solcher Taten, wie die "Bild"-Zeitung bereits zuvor berichtete. Hinzu kommen im ersten Halbjahr noch sieben Messer-Delikte an sogenannten Haltepunkten, also kleineren Stopps, die in der Statistik nicht als Bahnhöfe geführt werden. 2023 gab es dort elf Taten.

Deutlich häufiger als dort kam es auch zu Vorfällen auf der Strecke, wo die Bundespolizei zwischen Januar und Juni 84 Messer-Delikte zählte, nach 196 Delikten im gesamten Vorjahr. Dabei werden allerdings nicht nur Messerangriffe erfasst, sondern auch Taten, bei denen ein Messer lediglich mitgeführt wurde.

Auch an der Grenze brauche es Investitionen, schreibt die Gewerkschaft: "Wir müssen hinkommen zu modernen, flexiblen und Lage-angepassten Kontrollen; unvorhersehbar für Menschen, die unerlaubt zu uns kommen und unvorhersehbar für die Schleuser. Hier muss dringend investiert werden."

Dies sei aktuell nur durch viele Überstunden zu erreichen. "Wir fahren hier auf Verschleiß. Wir können es uns auf Dauer nicht erlauben, gerade die Bereitschaftspolizei in diesem Umfang im Bereich der Grenzkontrollen einzusetzen. Wir laufen Gefahr, dass andere Einsatzanlässe somit nicht mehr bedient werden können." Die zugesicherten Mittel von in diesem Jahr zusätzlichen 50 Millionen Euro und ab 2025 300 Millionen Euro jährlich würden "vermutlich nicht ausreichen", um der "hohen Belastung" gerecht zu werden.

Verwendete Quellen
  • Anfragen bei der DPolG Bundespolizei und de GDP Bundespolizei
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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