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Bundestagswahl 2025: CDU-Chef Merz mit Hendrik Wüst im Wahlkampf


Merz und Wüst im Wahlkampf
Wie sich das Blatt gewendet hat


05.02.2025 - 09:41 UhrLesedauer: 4 Min.
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Lässt der Unions-Kanzlerkandidat sich von seinen Länderchefs beraten? Wüst (r.) und Merz (l.) beim CDU-Parteitag am Montag (Quelle: IMAGO/Christoph Hardt/imago)
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Hendrik Wüst galt lange als Gegenentwurf zu Friedrich Merz. Doch im Wahlkampf muss sich der CDU-Ministerpräsident hinter dem Kanzlerkandidaten einreihen. Das ist nicht immer ganz leicht.

Am Ende singen Friedrich Merz und Hendrik Wüst gemeinsam die Nationalhymne. Die beiden CDU-Männer stehen auf der Bühne. Vorne Merz, Wüst leicht dahinter. Im Saal hat bis vor wenigen Sekunde die Menge applaudiert. Zwischen den Reihen werden Schilder hochgehalten, auf denen "Merz" und "Kanzler" steht. Für den Moment läuft alles nach Plan.

Von den Demonstranten, die gerade noch im Publikum aufgesprungen waren? Ist jetzt keine Spur mehr. Dabei sind sie immer noch da. Wenige Meter entfernt, vor den Türen des World Conference Center in Bonn, stehen am Dienstag hunderte Menschen. "CDU Shame on you" und "Mitte statt Merz" ist auf ihren Schildern zu lesen. Auch Wüst weiß von ihnen. Er weiß, dass es am Wochenende Hunderttausende deutschlandweit auf die Straße gezogen hat. Gegen die AfD, aber auch gegen den Kurs seiner Partei, der CDU. Und gegen Merz. Ebenso weiß Wüst, dass der erhoffte Zugewinn in den Umfragen bislang weitestgehend ausgeblieben ist. In einer aktuellen Forsa-Umfrage für den "Stern" hat die Union sogar zwei Prozentpunkte verloren. Auch Merz' Persönlichkeitswerte sind demnach gesunken – nicht nur mit Blick auf die Sympathie. Der Kanzlerkandidat büßt sechs Prozentpunkte bei der Vertrauenswürdigkeit ein, vier bei der Kompetenz.

Trotzdem wirbt Wüst am Dienstagabend weiter für seinen Kanzlerkandidaten. Auch, weil dem CDU-Politiker aus NRW wirklich keine andere Wahl bleibt, außer jetzt mitzuziehen.

Der Spitzenkandidat hat immer Recht - und der heißt Merz

Es dürften dennoch keine ganz einfachen Tage für Hendrik Wüst sein. Immerhin ist es nie leicht, wenn der Kanzlerkandidat auf den letzten Metern im Wahlkampf noch einmal beschließt, das Thema zu wechseln – unabhängig von den Beweggründen. Noch schwieriger wird es, wenn dabei eine Grenze überschritten wird, die der Kandidat selbst wenige Wochen zuvor gezogen hat. In diesem Fall war es die Akzeptanz einer Mehrheit mithilfe von AfD-Stimmen im Bundestag, um beim Thema Begrenzung der illegalen Migration ein Zeichen zu setzen.

Hinzu kommt, dass Merz' Entscheidung, kurz vor der Wahl alles auf eine Karte zu setzen, nach t-online Informationen in einer kleinen Runde gefallen ist – ohne wirkliche Rücksprache mit den CDU-Länderchefs. Und jetzt sollen genau die ihrem Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten den Rücken frei halten.

Zwei haben sich gegen die bedingungslose Loyalität entschieden: Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Daniel Günther und Berlins Bürgermeister Kai Wegner kündigten an, einem Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen zu wollen, sollten Merz und die Unionsfraktion es nur mithilfe von AfD-Stimmen durch den Bundestag bekommen. Eine offene Distanzierung vom Vorgehen des eigenen Kandidaten und indirekt auch eine Kritik.

Und Wüst? Eigentlich galt der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen lange als Gegenmodell zu Merz. Wenn der CDU-Chef mit Blick auf das Thema Migration etwa in der Rhetorik überdrehte, wog Wüst bewusst ab, wählte öffentlich andere Worte. Die AfD wiederum nannte er als einer der ersten CDU-Spitzenpolitiker eine "Nazi-Partei". Dass er den Kurs und die Entscheidungen der vergangenen Tage ohne Zweifel teilt, ist also nur schwer vorstellbar. Aber Wüst ist auch Vorsitzender des größten CDU- und noch dazu Merz' Landesverbandes. Den Vorsitzenden kurz vor der Bundestagswahl nicht vollumfänglich zu unterstützen ist für ihn keine Option.

Das entscheidende sagt Wüst zwischen den Zeilen

Also stärkt Wüst Merz in den vergangenen Tagen immer wieder den Rücken. Erst in der ARD-Sendung "Carmen Miosga", wo sich der CDU-Politiker aus NRW loyal hinter die Pläne seines Parteivorsitzenden stellt und verteidigt, dass man inhaltlich jetzt keine Kompromisse mehr machen könne. Und dann auf dem Parteitag. Auch da unterstützt Wüst Merz noch einmal öffentlich. Es ist ein demonstratives "wir stehen jetzt zusammen". Nur, wie weit geht diese Treue tatsächlich?

Als Merz am Dienstagabend auf der Bühne steht, spricht der Kanzlerkandidat lange über die großen Linien. Über Helmut Kohl, Deutschlands Westbindung und europäische Partner. Über Krieg, Frieden und Freiheit. Es dauert ein bisschen, bis er auch innenpolitisch in Fahrt kommt. Aber am Ende gelingt es. Merz wettert gegen die Wirtschaftsbilanz der Ampel, verspricht die große Steuerreform und dass sich Leistung mit der CDU wieder lohnen wird. Immer wieder bekommt er dafür Applaus. Das Thema Migration spart er lange aus, bis er es dann doch noch einmal anspricht.

"Wenn wir vermeiden wollen, dass die AfD Einfluss bekommt, dann müssen wir die Probleme in unserem Land lösen, und dazu zählt auch das Migrationsproblem", sagt Merz. Seine Entscheidung aus der vergangenen Woche, zwei Anträge und einen Gesetzentwurf zur Begrenzung illegaler Migration in den Bundestag einzubringen, verteidigt er damit noch einmal. Er versichert gleichwohl, er werde der AfD nie die Hand reichen. Denn das, was im Bundestag passiert ist, versteht Merz nicht als Zusammenarbeit, sondern als Notwendigkeit.

Vor ihm, in der ersten Reihe, sitzt auch Hendrik Wüst. Ohne groß eine Miene zu verziehen, hört der NRW-Ministerpräsident seinem Kanzlerkandidaten zu, klatscht bei jeder Pause brav mit. Das meiste von dem, was Merz da erzählt, kennt Wüst mittlerweile. Er weiß, was er selbst gut in seinen eigenen Wahlkampf einbauen kann, was er bereit ist, zu loben – und worüber er lieber schweigt.

Tatsächlich soll Wüst sich über die Entscheidung von Merz, eine Mehrheit mithilfe der AfD zu riskieren, geärgert haben. Anmerken lässt der CDU-Ministerpräsident sich das aber nicht. Nur ganz leicht kommt zwischen den Zeilen durch, was Wüst denkt, als er am Dienstagabend spricht. Auch er redet über den Wahlkampf, die verschiedenen Themen, davon sei eins Migration. Auch er sagt, dass es jetzt Lösungen brauche. Allerdings verteidigt er schlussendlich nicht, was im Bundestag passiert ist. Stattdessen sagt Wüst: "Dafür suchen wir eine Allianz der Mitte." Die anderen, also Grüne, SPD und FDP, müssten auch mitmachen. Wüst kritisiert Merz' Entscheidung damit zwar nicht, er wirbt aber für einen anderen Weg.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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