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G7-Finanzminister-Treffen: Geld aus Russland soll der Ukraine helfen


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Lindner bei G7-Finanzministern
Platzt hier der Finanzknoten für die Ukraine?


Aktualisiert am 24.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Im Hintergrund die Alpenausläufer: Finanzminister Christian Lindner beim G7-Treffen am Lago Maggiore in Italien. (Quelle: Hannes P Albert/dpa)
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Die Szenerie ist idyllisch, doch die Themen sind ernst: Am Lago Maggiore beraten die G7-Finanzminister, wie sich eingefrorenes russisches Geld nutzen lässt, um die Ukraine zu unterstützen.

Aus Stresa, Italien berichtet Florian Schmidt

Es ist ein Motiv, fast geeignet, um es zu rahmen. Hinten der bedrohlich düstere Himmel, in der Ferne über den Bergausläufern regnet sich gerade in grauen Streifen eine Wolke ab – und davor, am Ufer des Sees steht einer und strahlt: Christian Lindner (FDP), dieser Tage Finanzminister auf Reisen, hat gute Laune. "Es sieht aus wie Urlaub hier", sagt er, "aber wir haben viel Arbeit zu leisten."

Hier ist in diesem Fall der Norden Italiens. Stresa am Lago Maggiore, eine Gegend, in der sonst Familien die Ferien verbringen, die im Sommer lieber wandern, als am Strand zu liegen und die nebenbei über das dafür nötige Kleingeld verfügen.

Die Familie aber, die sich diesen Freitag und Samstag hier im edlen Grand Hotel trifft, ist eine besondere. Mit Blick auf See und Alpen diskutieren in Stresa zwei Tage lang die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben großen Industriestaaten USA, Kanada, Japan, Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland über gemeinsame Schritte in der Finanz-, Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Das viele eingefrorene Geld aus Russland

Der Kreis der Teilnehmer ist überschaubar, man kennt sich. Neben den G7-Ministern sind zusätzlich nur noch ein paar externe Gäste dabei, darunter etwa die Ressortkollegen von Indien, Südkorea und Mauretanien, zudem Vertreter vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Und doch dürfte es nicht nur harmonisch zugehen bei dem Treffen, vor allem bei dem Thema, das in Stresa im Fokus steht: der weitere finanzielle Beistand für die Ukraine.

Im Kern geht es dabei um die Frage, was mit den eingefrorenen russischen Vermögen auf westlichen Bankkonten geschieht und wie sich das Geld zugunsten der Ukraine am besten nutzen lässt. Die Summe, die dabei im Raum steht, ist gewaltig. Insgesamt 285 Milliarden Euro hat der Westen kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren vor Zugriffen aus Russland gesperrt. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Geldreserven der russischen Zentralbank, der größte Teil davon – etwa 210 Milliarden Euro – befindet sich in der Europäischen Union.

Geht es nach den USA, sollten diese Gelder bestenfalls komplett eingezogen und an die Ukraine umgeleitet werden. Die Europäer aber haben rechtliche und moralische Bedenken, weshalb diese radikale Idee vom Tisch ist und auch in Stresa keine Rolle mehr spielen soll.

"Das ist rechtssicher und hilft der Ukraine schnell"

Ein Grund für die Skepsis, die man auch in Berlin teilt: Bemächtigt sich die EU der privaten russischen Bankguthaben, wäre das ein fatales Signal an Staaten und Wohlhabende in aller Welt, die ihr Vermögen in der Leitwährung Euro parken. Sie würden sich fragen, ob ihr Geld in Europa wirklich sicher vor staatlicher Willkür und Enteignung ist. Zudem könnte der Kreml als Vergeltungsschlag europäische Unternehmen, die noch immer in Russland tätig sind, enteignen, so wie es Putin am Donnerstagabend für amerikanische Vermögen ankündigte.

Erst am vergangenen Dienstag hatte sich die EU darum auf einen anderen Weg verständigt: Nicht die Vermögen als solche, wohl aber ihre Zinserträge sollen nun dafür genutzt werden, Militärhilfen für die Ukraine zu finanzieren. Ein Vorgehen, das auch Lindner begrüßt: "Das ist rechtssicher und hilft der Ukraine schnell."

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Aber: Das ist für die Ukraine auch nicht allzu lukrativ. Im vergangenen Jahr warfen die rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank, die beim europäischen Finanzinstitut Euroclear liegen, rund 4,4 Milliarden Euro Zinsen ab. Für dieses Jahr rechnet man in Brüssel mit Zinserträgen von rund 3 Milliarden Euro, bis 2027 könnten es 15 bis 20 Milliarden Euro werden. Eine überschaubare Summe, bedenkt man, dass allein die USA der Ukraine unlängst Hilfe in Höhe von umgerechnet 57 Milliarden Euro zugesagt haben.

Ein Hebel für mehr Hilfe?

In Stresa dürften die Finanzminister deshalb auch neue Ideen aus den USA diskutieren, die über den jüngsten EU-Beschluss hinaus gehen. So plädieren die Amerikaner jetzt dafür, die Zinserträge immerhin als Sicherheiten für neue Kredite zu nutzen, die dann an die Ukraine vergeben werden könnten. Ebenso möglich wäre es, einen solchen Kredit aus den Zinserträgen der russischen Vermögen zu bedienen. Damit ließen sich die rund 3 Milliarden Euro bis zu einer Summe von insgesamt 50 Milliarden Euro hebeln, so die Hoffnung.

Lindner zeigte sich vor Gipfelbeginn offen für die Diskussion, dämpfte zugleich aber die Erwartung, dass es an dieser Stelle zu einem Durchbruch kommen könnte. "Es gibt viele ungelöste Fragen, viele offene Fragen", sagte er. "Hier ist eine Gelegenheit, darüber zu sprechen. Ich erwarte aber keine Ergebnisse, dafür ist die Materie zu komplex."

Auch sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire sagte, er sei bereit, über die US-Vorschläge zu reden. Die G7-Gruppe müsse eine einheitliche Linie finden.

Kontroverse Gespräche zum Umgang mit China

Um eine solche werden er und Lindner voraussichtlich auch beim zweiten großen Thema in Stresa ringen: dem richtigen Umgang mit Chinas Industriepolitik. Nachdem die USA zuletzt Strafzölle auf E-Autos angekündigt hatten, erwarten viele, dass die chinesischen Autobauer ihre teils großen Überkapazitäten im Heimatmarkt abbauen, indem sie ihre Wagen zu Dumpingpreisen verstärkt in Europa anbieten.

Insbesondere in Frankreich kann man sich deshalb dafür erwärmen, dass die EU es den USA gleichtut und ebenfalls entsprechende Einfuhrzölle erwägt. Deutschland jedoch bremst, aus Furcht vor einem Handelskrieg – denn: Anders als die französischen Autobauer exportieren die großen deutschen Hersteller Hunderttausende Autos nach China, das auf Handelsbeschränkungen der EU seinerseits mit Strafzöllen reagieren könnte, was dann Volkswagen, Daimler und BMW das Geschäft vermiesen würde.

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Auch an dieser Stelle ist mit keinem konkreten Ergebnis zu rechnen, wohl aber damit, dass die Beteiligten ihre schon bekannten Positionen erneut abstecken. Eine sichtbar einheitliche Linie in den strittigen Fragen erwarten G7-Insider erst Mitte Juni für das Gipfeltreffen der G7-Staats- und Regierungschefs in Apulien.

Aber immerhin, trotz mancher Kontroverse: Anders als im größeren Kreis der G20 stört in Stresa kein Russland den Familienfrieden. Urlaub ist das Treffen für Lindner damit zwar immer noch nicht, aber ganz unbegründet scheint seine gute Laune nicht zu sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
  • Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
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