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CDU-Chef in Thüringen im Interview: "Die AfD ist unser Hauptgegner"


Interview
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Thüringer CDU-Chef Mario Voigt
"Ich kann daran nichts Unanständiges erkennen"

InterviewVon Sara Sievert

Aktualisiert am 02.02.2024Lesedauer: 6 Min.
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CDU-Politiker Mario Voigt: "Wir wollen nach zehn Jahren die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen beenden." (Quelle: IMAGO/Christian Fischer/imago-images-bilder)
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Der CDU-Politiker Mario Voigt will im September die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen ablösen. Im Interview spricht er über seine Pläne, teilt gegen die Ampel aus – und erklärt, wann er eine Mehrheit durch die AfD für legitim hält.

Als Mario Voigt in sein Handy spricht, rauscht es im Hintergrund. "Hören Sie mich? Am Netzausbau müssen wir auch noch mal arbeiten", sagt der CDU-Politiker, als der Ton kurz stockt. Es ist Mittwochabend und der Landesvorsitzende der CDU-Thüringen sitzt im Auto. Von Termin zu Termin. Es bleiben ein paar Minuten am Telefon. Dann muss er weiter.

Auf die Frage, ob er sich noch einmal von der AfD zu einer Mehrheit verhelfen lassen würde, reagiert er genervt: "Wissen Sie, das ist hier meine Heimat. Ich denke da nicht jeden Millimeter strategisch, sondern stelle mir die Frage, ob die Gesetze, die ich zur Abstimmung bringe, für das Land Sinn machen." Kurze Pause. Dann sagt Voigt: "Und ich lade alle Fraktionen ein, mitzustimmen."

t-online: Herr Voigt, in Thüringen wird dieses Jahr gewählt. Sind Sie besorgt?

Mario Voigt: Nein, ich bin motiviert. Wir haben mit Christian Herrgott gerade die Landratswahl in einer AfD-Hochburg gewonnen. Das zeigt, dass es sich für die CDU lohnt zu kämpfen.

Die AfD ist stabil stärkste Kraft in den Umfragen. Mit 31 Prozent liegt sie derzeit noch 11 Prozentpunkte vor der CDU. Das finden Sie gar nicht besorgniserregend?

Für mich zeigt das zuerst einmal, dass es eine hohe Wechselstimmung im Land gibt. Aktuell liegen zwei Oppositionsparteien vorne. Die Partei des Ministerpräsidenten kommt hingegen nur noch auf 15 Prozent und liegt aktuell auf Platz vier. Jetzt geht es darum, wie ein Wechsel gelingen kann.

Sie glauben, am Ende entscheidet es sich zwischen Ihnen und Björn Höcke?

Wir wollen nach zehn Jahren die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen beenden. Die Ramelow-Regierung hat keine Mehrheit in der Gesellschaft, keine Mehrheit im Parlament. Sie hinterlässt das Land in Unordnung. Wir müssen wieder Politik für die Menschen machen, statt an ihnen vorbei. Das gilt für Berlin und Erfurt. Jetzt müssen die Menschen sich entscheiden, ob sie Herrn Höcke wollen, mit dem Chaos und Notstand drohen. Oder ob sie die CDU wählen, die für Ordnung und Wohlstand steht.

Können Sie ausschließen, dass die CDU sich mit Stimmen der AfD zu einem Ministerpräsidenten verhelfen lassen wird?

Klar. Die AfD ist unser Hauptgegner, unser Anspruch ist es, Herrn Höcke zu schlagen. Wir werden keine Koalitionen mit der AfD oder mit den Linken eingehen.

Würden Sie im Zweifel auch einen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow unterstützen, um einen Ministerpräsidenten Björn Höcke zu verhindern?

Unser Ziel ist es, die Ramelow-Regierung zu beenden und ein stabiles Bündnis der Mitte unter Führung der CDU zu bilden.

Was würden Sie als Ministerpräsident in den ersten 100 Tagen machen?

Ein sofortiges Entlastungsprogramm für die mittelständische Wirtschaft und die Handwerksbetriebe. Thüringen war vor Rot-Rot-Grün, als die CDU regiert hat, Vizemeister beim Wirtschaftswachstum. Jetzt hinken wir nicht nur den Ostländern hinterher, wir holen auch gegenüber dem Bund nicht mehr auf. Die fleißigen Menschen in unserem Land müssen wieder Luft zum Atmen bekommen. Gleichzeitig wollen wir eine Einstellungsoffensive für Lehrer starten. Denn auch im Bildungsbereich waren wir mal weit vorne. Aktuell herrscht hier aber Alarmstufe Rot, Thüringen wird im Ländervergleich nach hinten durchgereicht. Außerdem will ich mich um eine vernünftige Finanzierung der ländlichen Regionen kümmern.

Ist es im Wahlkampf für die CDU eigentlich ein Vor- oder ein Nachteil, dass Hans-Georg Maaßen nicht mehr Teil Ihrer Partei ist?

Das wird keine Auswirkungen darauf haben, wie die Wähler uns bewerten.

Was ist in Thüringen das beste Mittel gegen die AfD?

Die CDU sucht die harte inhaltliche Auseinandersetzung mit Herrn Höcke und der angeblichen Alternative. Die Nazikeule reicht nicht, um die AfD zu schlagen. Mit der gleichen Methode vorzugehen und unterschiedliche Resultate zu erhoffen, ist der falsche Weg. Wir müssen gezielt entlarven, was für extremistische Vorstellungen diese Partei hat und wie wohlstandsgefährdend ihre Politik ist. Wer die EU und Europa sterben lassen will, ist eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft.

Hilft es Ihnen, wenn Hendrik Wüst die AfD eine "Nazipartei" nennt?

Ich finde, es ist wichtig, die Ideologie dieser Partei offenzulegen.

Ist Björn Höcke ein Nazi?

Herr Höcke ist ein Rechtsextremist.


Quotation Mark

"Es wäre ein Riesenfehler, die AfD-Anhänger abzustempeln."


Mario Voigt


Friedrich Merz sagt, dass nicht alle Wähler der AfD Rechtsextreme sind, sondern vor allem frustriert. Würden Sie ihm Recht geben?

Es wäre ein Riesenfehler, die AfD-Anhänger abzustempeln. Viele äußern Sorgen und stehen nur ein paar Millimeter rechts von der gesellschaftlichen Mitte, werden aber gleich als rechtsextrem eingestuft. Das ist dumm und schürt den Frust. DNA der CDU ist es, mit allen Wählern im Gespräch zu sein, sie zu überzeugen, und niemanden von vorneherein auszuschließen, wie es Linke gern tun.

Tolerieren sie nicht rechtsextremes Gedankengut, wenn sie die AfD wählen?

Vor allem sind das Menschen, die echte Probleme und Sorgen haben.

Muss man den Menschen nicht immerhin den Spiegel vorhalten und deutlich machen, was sie da gerade wählen?

Beides ist richtig. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, was die AfD tatsächlich will: Remigration, den Dexit, die Zerstörung des Industriestandortes Deutschland. Es ist unsere Aufgabe, den Menschen zu erklären, worum es dieser Partei in Wirklichkeit geht – ohne ihre Wähler in eine Ecke zu stellen. Das sind Menschen, die das Vertrauen in die Politik verloren haben. Die sind nicht alle rechts, die sind nur recht wütend und frustriert. Dafür ist vor allem die Ampel verantwortlich.

Für das Erstarken der AfD ist allein die Ampel verantwortlich?

Die Unterstützung für die AfD ist gewachsen, weil die Ampel mit einer unsinnigen Politik die Leistungsträger und Fleißigen in diesem Land belastet.

Die AfD ist doch in Thüringen nicht erst stark, seit es die Ampel gibt.

Aber die AfD ist deutlich gewachsen, seit die Ampel regiert. Die permanente Bevormundung und die Belastungspolitik führen letztlich dazu, dass viele Menschen Frust verspüren. Hinzu kommt, dass man den Eindruck hat, von Leuten regiert zu werden, die gar nicht wissen, was sie da tun.

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Sie haben im vergangenen Jahr mit AfD-Stimmen ein Gesetz zur Grunderwerbsteuer durchgebracht. War das im Nachhinein richtig?

Wir haben in Thüringen die schwierigste politische Lage in ganz Deutschland. Die Regierung hat hier keine Mehrheit im Parlament. Und uns als CDU geht es darum, das Richtige für unser Land zu tun. Wir befinden uns in einer Phase, in der die Wirtschaft lahmt, die Bauindustrie und die Handwerksbetriebe ächzen und wir in Thüringen immer noch zu hohe Steuersätze haben. Die Grunderwerbsteuer auf ein Mittelmaß zu senken und die erste eigengenutzte Immobilie für Familien steuerfrei zu stellen, war genau richtig. Ich kann daran nichts Unanständiges erkennen. Ich war vielmehr verwundert darüber, dass Rot-Rot-Grün diese Entlastung für Bürger und Unternehmen so vehement bekämpft hat.

Würden Sie es noch einmal so machen?

Natürlich.

Am Freitag geht Ihr "Korrekte Sprache"-Gesetz in die erste Lesung. Können Sie ausschließen, dass die AfD Ihnen hier noch einmal zu einer Mehrheit verhilft?

Wir bringen unsere Überzeugungen als Gesetz ein. 80 Prozent der Thüringer sehen das so. Und die Regierungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern machen das Gleiche. Wir wollen, dass unsere Kinder ordentlich lesen und schreiben lernen – was kann daran falsch sein?

Und wenn eine Mehrheit nur mit Stimmen der AfD möglich ist?

Ich lade alle Fraktionen ein mitzustimmen.


Quotation Mark

"Wir haben in Thüringen die schwierigste politische Lage in ganz Deutschland."


Mario voigt


Warum braucht es in diesem Fall ein Verbot?

Das Gegenteil ist der Fall. Es ist etwas zutiefst Freiheitliches. Die Menschen sollen von mir aus reden und schreiben, wie sie wollen. Aber im Unterricht darf Sprache nicht kompliziert sein oder verfälscht werden. Unseren Kindern werden mittlerweile Dinge beigebracht, die die Sprache komplizierter machen. Für mich ist korrektes Deutsch ein Kulturgut, um das es sich zu kämpfen lohnt. Ich lehne diese sprachbasierte Identitätsideologie ab. Unser Ziel ist, dass dort, wo Steuergeld eingesetzt wird, nach den Regeln des Rates der deutschen Rechtschreibung gesprochen und gelehrt wird.

Schränkt das die Freiheit des Sprechenden nicht ein?

Nein.

Gendern Sie eigentlich selbst?

Ich sage "Sehr geehrte Damen und Herren".

Herr Voigt, letzte Frage, was schätzen Sie an Bodo Ramelow?

Ich finde es klasse, dass er ein Ferienhaus in der Gegend in Thüringen hat, wo ich auch wohne. Und ich arbeite dafür, dass er dort ab September mehr Zeit verbringt.

Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Voigt.

Verwendete Quellen
  • Interview
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