CDU-Mann schlägt AfD-Kandidaten Knapper Sieg: "Es hätte klarer ausgehen müssen"
Am Sonntag konnten sich die Bürger im thüringischen Saale-Orla-Kreis für einen neuen Landrat entscheiden. Der Kandidat der CDU hat sich knapp gegen den AfD-Mann Thrum durchgesetzt.
Der Saale-Orla-Kreis in Thüringen hat einen neuen Landrat. In der Stichwahl am Sonntag siegte CDU-Kandidat Christian Herrgott mit 52,4 Prozent der Stimmen und konnte sich damit gegen seinen Konkurrenten Uwe Thrum von der AfD durchsetzen.
Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatte Thrum noch mit 45,7 Prozent der Stimmen dominiert. Herrgott kam damals auf 33,3 Prozent. Insgesamt sind in dem Kreis über 66.000 Menschen wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung stieg von 66 auf 69 Prozent. Herrgott gewann in der zweiten Runde über 9.000 Stimmen hinzu, Thrum rund 1.700.
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Hätte Thrum gewonnen, wäre er nach Robert Sesselmann in Sonneberg der zweite AfD-Landrat geworden. Thrum ist politisch eng mit dem rechtsextremen Thüringer AfD-Chef Björn Höcke verbandelt. Mehr zu den politischen Verbindungen zwischen Thrum und Höcke lesen Sie hier.
Gegenwind von der Straße?
Die AfD-Niederlage lässt sich aus Sicht von Experten auch auf die bundesweiten Demonstrationen der vergangenen Tage zurückführen. Dass, wie bei den Demos gefordert, gemeinsam die rechtsextreme Bedrohung der Demokratie verhindert werden sollte, habe viele Wähler von SPD oder Linken sicher stark motiviert, in der Stichwahl CDU zu wählen, sagte der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz der Nachrichtenagentur dpa.
Der Politikwissenschaftler Torsten Oppelland von der Universität Jena sagte, die etwas höhere Wahlbeteiligung in der Stichwahl deute auf einen Mobilisierungseffekt hin. "Da kann die Demonstrationswelle durchaus einen Ausschlag gegeben haben." Generell sei der Einfluss ohne vorliegende Daten aber schwer zu beziffern.
Die Wahl galt für einige als erster Stimmungstest für die anstehenden Wahlen in Thüringen. Im Mai werden im Freistaat etliche Landrats- und Oberbürgermeistersessel neu besetzt. Am 1. September steht die Landtagswahl an. Die AfD liegt in Umfragen weit vorn, zuletzt erreichte sie stets Werte über 30 Prozent. Ähnlich sieht es in Sachsen und Brandenburg aus, wo im Herbst ebenfalls Wahlen anstehen.
CDU-Niederlage wäre "verheerendes Signal" gewesen
Die CDU sah sich durch den Erfolg gestärkt für die kommende Landtagswahl in Thüringen. Doch bei einer Landtagswahl gebe es keine Stichwahl in einem Wahlkreis, sagte Oppelland. "Da hätte Thrum locker gewonnen. Insofern kann man da nicht grenzenlos optimistisch sein." Andererseits wäre es ein "verheerendes Signal" gewesen, hätte die CDU die Stichwahl verloren. Schon alleine deshalb, weil Herrgott als Generalsekretär der Landespartei in der Union profiliert sei.
Politikwissenschaftler Brodocz allerdings erkannte in der Stichwahl vom Sonntag wenige Hinweise auf die Landtagswahl. Er verwies darauf, dass dann mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht und der Werteunion wahrscheinlich zwei neue Parteien antreten. "Hier werden die Karten also noch mal gänzlich neu gemischt."
Herrgotts erster Arbeitstag als Landrat ist am 9. Februar vorgesehen. Er sagte nach dem Wahlerfolg: "Ich möchte ein Landrat sein, der für alle Menschen in diesem Landkreis da ist. Auch für die, die heute nicht zur Wahl gegangen sind und auch diejenigen, die mir heute nicht ihre Stimme gegeben haben."
AfD sieht "gegnerische Kräfte des ganzen Landes"
Die AfD in Thüringen sah bundesweite Vorgänge als einen Grund für das Ergebnis. Aus Sicht von Parteichef Björn Höcke brauchte es "die gegnerischen Kräfte des ganzen Landes", um das Blatt noch mal zu wenden. Ähnlich äußerten sich weitere AfD-Vertreter.
Die Linke-Landeschefin Ulrike Grosse-Röthig sagte: "Das hatte einen Einfluss, auf jeden Fall." Die Proteste hätten den Effekt, dass sich Menschen mit dem Thema auseinandersetzten, die sonst die schweigende Mehrheit seien. Außerdem zeige das Ergebnis, "dass es nicht unumkehrbar ist, dass die AfD hier überall durchmarschiert."
Skeptischer zeigte sich ein Vertreter der Zivilgesellschaft vor Ort. "Es hätte klarer ausgehen müssen", sagte ein Sprecher des Bündnisses "Dorfliebe für alle", das im Kreis gegen die AfD mobilisierte. Das Ergebnis zeige, wie groß die Spaltung sei und wie viel Arbeit noch vor dem Bündnis liege. "Denn die 48 Prozent AfD-Wähler sind ja da."
Niedriges Lohnniveau im Landkreis
Der ländlich geprägte Saale-Orla-Kreis liegt im Südosten Thüringens und grenzt an Bayern und Sachsen. Nach Daten der statistischen Landesämter gehörte er 2021 mit 29.048 Euro brutto deutschlandweit zu den zehn Landkreisen mit den niedrigsten Gehältern pro Arbeitnehmer. Etwa 40 Prozent der Beschäftigten seien im Mindestlohnsektor, hieß es vom Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen.
Ein Landrat muss als Chef der Kreisverwaltung vor allem Beschlüsse des Kreistages, aber auch von Landtag und Bundestag umsetzen. Außerdem kann er regionale Fragen klären wie die Kita-Betreuung oder die Sanierung von Gebäuden und Straßen. Auch bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen im Kreis können Landräte Entscheidungen treffen. Zuletzt hatten in Thüringen etwa mehrere CDU-geführte Landkreise Bezahlkarten für Geflüchtete eingeführt.
- wahlen.thueringen.de: "Landratswahl 2024 im Saale-Orla-Kreis - endgültiges Ergebnis"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa