Im besten Licht Wie sich die Bundesregierung auf Hochglanz bringt
Die Minister der Bundesregierung haben ihre eigenen Fotografen im Schlepptau. Für die Bürger ist die Herkunft der Aufnahmen nicht immer klar.
Wer heute im Gespräch sein will, muss nicht nur die passenden Worte parat haben, sondern sich auch optisch gut darstellen. Der Erfolg von Influencern zeigt, wie groß die Macht der Bilder ist. Das hat auch die Bundesregierung erkannt: Deren Minister und ihre Mitarbeiter überlassen nichts dem Zufall, wenn es um Selbstdarstellung geht. Denn abgelichtet werden sie nicht nur von Mitgliedern der Presse, sondern von ihren eigenen Fotografen. Das lässt sich der Bundesregierung einiges kosten – und sorgt dafür, dass die Minister bildlich ins rechte Licht gerückt werden. Ganz unproblematisch ist das nicht.
Eine eigens beauftragte Agentur, die laut einem Bericht der "Welt" mittlerweile für sechs Bundesministerien arbeitet, ist bei Auftritten und Dienstreisen dabei. Photothek darf demnach den Kanzler begleiten und den Bundespräsidenten, die Mitarbeiter stehen auch parat, wenn Außenministerin Annalena Baerbock aus dem Flieger steigt oder Familienministerin Lisa Paus auf Sommertour ist. Die Firma habe, so zitiert die "Welt" das Bundespresseamt, anhand der "Zuschlagskritierien die meisten Punkte erhalten".
Exklusive Bilder bei Auslandsreisen
Mit dem Vertrag kamen offenbar auch Exklusivrechte, gerade bei Auslandsreisen. So dürften dem Bericht der "Welt" nach die Regierungsfotografen auch bei Hintergrundgesprächen Bilder machen, während die Presse draußen bleiben muss. Dem Bericht zufolge seien bei Reisen von Bundesministern nach Kiew Fotografen wie von der Nachrichtenagentur dpa ausgeschlossen gewesen – Photothek-Mitarbeiter hätten aber mitreisen dürfen. Die sorgfältig ausgewählten Exklusivbilder können auch Bildagenturen zur Verfügung gestellt werden, die von Zeitungen, TV-Sendern und Nachrichtenportalen genutzt werden.
Damit können die Politiker und ihre PR-Strategen kontrollieren, was gezeigt wird und was nicht. Fraglich ist, ob seitens der Regierung zum Beispiel die Bilder von Scholz und Habeck im August 2022 ohne Maske verbreitet worden wären. Es war ein dpa-Fotograf, der die Fotos vom Bundeskanzler und seinem Vize im Regierungsflieger machte. Und es war eine t-online-Reporterin, die schnell reagierte und Aufnahmen machte, als die Regierungsmaschine bei ihrer Ankunft in Tel Aviv wegen eines Raketenalarms geräumt werden musste.
Fotografen bei vielen Anlässen dabei
Die Hoheit über die Bilder lässt sich die Bundesregierung einiges kosten. So berichtete der "Business Insider", dass Familienministerin Lisa Paus im August 12.000 Euro für ein Social-Media-Team ausgab, das sie auf einer zweitägigen Reise begleitete. Im Team: Fotografen von Photothek. Auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag, in welchem Umfang Fotografen eingesetzt werden, antwortete die Bundesregierung mit einer Liste von Einsätzen.
Demnach sei zum Beispiel Wirtschaftsminister Robert Habeck 24 Mal im vergangenen Jahr von Fotografen begleitet worden, zu Terminen wie einem Messebesuch, einer Reise nach Sachsen oder einem Trip nach Südamerika. Finanzminister Christian Lindner ließ sich sogar noch öfter von bezahlten Dienstleistern ablichten, bei Treffen mit anderen Ministern, der Jugend- und Auszubildendenvertretung des Ministeriums oder bei Pressekonferenzen, bei denen meist ohnehin zahlreiche Pressefotografen anwesend sind.
Zahlen wollte die Bundesregierung nicht nennen: "Es wurde auf die Darstellung der Kosten für die einzelne Beauftragung verzichtet, da hierdurch schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer beeinträchtigt würden" hieß es in der Antwort. Dennoch sind einige Beträge ans Licht gekommen. So habe laut"Welt" das Auswärtige Amt unter Heiko Maas 2019 etwa 128.000 Euro an Fotografen bezahlt, unter Annalena Baerbock waren es im vergangenen Jahr 179.000 Euro.
Für Leser und selbst für Medien ist nicht immer klar, dass die Aufnahmen von der Regierung in Auftrag gegeben wurden. Lediglich der Name der Fotoagentur steht in den Quellenangaben. Eine freie Fotografin, die aber namentlich nicht genannt werden wollte, sagte der "Welt", dass der Job der bezahlten Mitarbeiter eine politische Komponente bekomme. "Meine Fotos sind kein politisches Statement", betonte sie, "ich will die besten Fotos machen."
- welt.de: "Wie die Bundesregierung mit Hochglanzfotos Politik macht" (kostenpflichtig)
- dserver.bundestags.de: "Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Brandner"
- business-insider: "12.000 Euro für Social Media auf zweitägiger Sommerreise..."