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Migrationsgipfel: Warum es kein "historischer Moment" ist | Kommentar


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Flüchtlingsbeschlüsse
Endlich gibt die SPD ihren Widerstand auf

  • Florian Schmidt
MeinungVon Florian Schmidt

Aktualisiert am 07.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Sichtbar müde: Kanzler Olaf Scholz (l.) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bei der Pressekonferenz am Dienstagmorgen um 3 Uhr. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich mit Kanzler Scholz auf Maßnahmen zur Begrenzung der Migration geeinigt. Ein großer Wurf? Wohl kaum.

Es dauerte mal wieder bis in die frühen Morgenstunden. Erst um kurz vor 3 Uhr meldeten die Regierungschefs von Bund und Ländern: Wir sind fertig, eine Einigung ist da. Die bis zuletzt schwierigen Fragen rund um Migration und die Finanzierung der Flüchtlingskosten ist gelöst, vorerst zumindest.

Die Kurzfassung der Beschlüsse: Leistungen für Asylbewerber sollen eingeschränkt, die Verfahren schneller werden. Außerdem, und das ist neu, will der Bund abwägen, ob Flüchtlinge bereits außerhalb der EU einen Asylantrag stellen können. (Weitere Details zu den Beschlüssen lesen Sie hier.)

Kanzler Olaf Scholz (SPD), sichtbar müde und von den zähen Verhandlungen gezeichnet, sprach in der anschließenden Pressekonferenz gar von einem "sehr historischen Moment". Doch ist es das wirklich? Wohl kaum.

Endlich gibt die SPD ihren Widerstand auf

Zwar handelt es sich bei den beschlossenen Maßnahmen um mehrere Schritte in die richtige Richtung. Eine Kehrtwende in der Asylpolitik aber ist das noch nicht. Wer jetzt einen spürbaren und vor allem kurzfristigen Rückgang der hohen Flüchtlingszahlen erwartet, dürfte enttäuscht werden.

Gut ist: Asylverfahren in Drittstaaten oder Transitländern außerhalb der EU sind kein Tabu mehr. Kanzler Scholz und seine SPD haben in diesem Punkt ihren Widerstand aufgegeben – die CDU-geführten Länder konnten sich durchsetzen. Die Idee: Schon die Aussicht darauf, den Asylantrag nicht in Deutschland stellen zu können, sondern das Verfahren in einem anderen Land zu durchlaufen, soll Migranten von der teils gefährlichen Flucht übers Mittelmeer abhalten. Theoretisch denkbar wäre gar, dass Deutschland Flüchtlinge in solche Länder zurückschickt.

Damit machen sich Bund und Länder – endlich! – das Vorgehen zu eigen, das vermutlich der größte Hebel ist, um die Kommunen in Deutschland zu entlasten. Gelangen die Flüchtlinge erst gar nicht in großer Zahl nach Deutschland und bekommen sie dafür an anderer Stelle ein faires Verfahren ihres individuellen Anspruchs auf Asyl, lösen sich die allermeisten Folgeprobleme in Deutschland (Unterbringung, Integration, Finanzierung) von selbst.

Ungewisser Ausgang der Prüfung

Schlecht daran ist: Dass es so kommt, ist längst nicht sicher. Die Bundesregierung will nämlich laut Abschlusserklärung der Ministerpräsidentenkonferenz lediglich "prüfen, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention" in derlei Ländern erfolgen kann.

Wie lange diese Prüfung dauern mag? Wie sie wohl ausgeht? Ungewiss. Und zur Wahrheit gehört auch: Schon im Koalitionsvertrag der Ampel ist festgehalten, ebenjene Möglichkeit von Asylverfahren in Drittstaaten "in Ausnahmefällen" zu prüfen. Ein Ergebnis dieser Prüfung steht nach zwei Jahren noch aus.

Viele Maßnahmen wirken erst langfristig

Auch bei den übrigen Beschlüssen von Bund und Ländern handelt es sich um Maßnahmen, die eher langfristig, bestenfalls mittelfristig wirken.

So ist es zwar richtig, die finanziellen Anreize, nach Deutschland zu kommen, zu senken. Die Einführung einer Bezahlkarte, die eingeschränkte Ausgabe von Bargeld, das viele Flüchtlinge anschließend in ihre Heimat zu ihren Familien schicken, führt auf dieses Ziel hin. Ebenso wird es helfen, die Bezugsdauer der (geringeren) staatlichen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erst nach 36 statt bislang nach 18 Monaten durch Sozialleistungen zu ersetzen, die in der Höhe fast dem Bürgergeld entsprechen, wenn die Asylverfahren lange andauern.

Aber: All das muss sich erst einmal im Rest der Welt herumsprechen. Bis das über Jahre gefestigte Bild vom reichen Deutschland Risse bekommt, bis klar ist, dass die mit einem Asylverfahren verbundenen Konditionen hierzulande längst nicht mehr dem entsprechen, was noch 2015 galt, wird es dauern.

Die Probleme werden bleiben

Wir sollten uns deshalb keine Illusionen machen: Der große Wurf sind die Beschlüsse nicht. Die Problematik der Migration wird bleiben.

Auch wenn der Streit ums Geld zunächst beigelegt ist, werden auch in den nächsten Wochen und Monaten Bilder von vollen Erstaufnahmeeinrichtungen und überforderten Landräten über die Fernsehbildschirme flimmern. Und radikale Parteien und Gruppierungen wie die AfD oder das neue Bündnis Sahra Wagenknecht werden sich das weiterhin geschickt zunutze machen.

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