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Türkei: Robert Habeck fliegt zu Erdoğan – Themen: Israel, Putin, Migration


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Habeck in der Türkei
Es wird heikel


Aktualisiert am 25.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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Robert Habeck: Der Vizekanzler fliegt in die Türkei. (Quelle: Britta Pedersen)
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Robert Habeck reist in die Türkei. Es soll vor allem um Chancen für die Wirtschaft und die Energieversorgung gehen. Doch um die schwierigen Themen kommt er nicht herum.

Es hätten drei recht angenehme Tage werden können für Robert Habeck in der Türkei. Der Wirtschaftsminister fliegt am heutigen Mittwoch in die Hauptstadt Ankara. Er will die Beziehungen zur Türkei vertiefen, wie das im Diplomatendeutsch heißt. Um die Zukunft der Wirtschaft soll es gehen und die Zukunft der Energie. Habeck wird diverse Minister und die Zivilgesellschaft treffen, er wird an der Gemeinsamen Wirtschafts- und Handelskommission beider Länder und am Energieforum teilnehmen.

Bei sonnigen 25 Grad hätte Habeck in den nächsten Tagen ein paar positive Nachrichten verkünden können. Denn trotz diverser Probleme könnte es schlechter laufen. 7.000 deutsche Unternehmen sind in der Türkei aktiv, das Handelsvolumen stieg vergangenes Jahr auf knapp 52 Milliarden Euro, ein Rekordwert. Im Nationalen Energieplan hat sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan vorgenommen, die erneuerbaren Energien schneller auszubauen. Auch um sich bald anzudienen als Lieferant von grünem Wasserstoff – den Deutschland dringend braucht.

Viele Chancen für Zusammenarbeit also. Darüber sprechen Politiker bei solchen Besuchen am liebsten. Doch weil die Welt gerade ist, wie sie ist, wird sich der Vizekanzler nicht darauf beschränken können, nur über Wirtschaft und Energie zu sprechen. Mindestens drei Krisen werden Robert Habeck nach Ankara verfolgen: der Terror gegen Israel, Russlands Krieg gegen die Ukraine und die Migration.

1. Erdoğan, Israel und die Hamas

Warum Erdoğan hierzulande als schwieriger Partner gilt, hat sich einmal mehr nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel gezeigt. Der Präsident versuchte zwar zunächst, die Türkei als Vermittler ins Spiel zu bringen. Die Beziehungen zu Israel sind wechselhaft, doch zuletzt gab es Versuche der Annäherung. Zur Hamas hat die Türkei ebenfalls Kontakte, hochrangige Hamas-Vertreter sind immer wieder im Land.

Doch nach dem Beschuss des Krankenhauses in Gaza attackierte Erdoğan Israel und den Westen scharf. Obwohl die Hinweise auf eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihad deuten, übernahm Erdoğan die Behauptung der Hamas, Israel sei schuld. Und wetterte, es sei das "jüngste Beispiel für israelische Angriffe, denen die grundlegendsten menschlichen Werte fehlen".

Dem Westen warf Erdoğan vor, Öl ins Feuer zu gießen. Sein Außenminister beschreibt die Rolle der Türkei mittlerweile als "Garantiemacht für die palästinensische Seite", nicht mehr als Vermittler. Habeck und der Bundesregierung dürfte es deshalb darum gehen, die Türkei nicht gänzlich an die Seite der Gegner Israels zu verlieren. Und auch über das Versprechen der Türkei, sich bei der Hamas für die Freilassung der Geiseln einzusetzen, dürfte gesprochen werden.

2. Erdoğan und Putin

Als Vermittler hatte sich Erdoğan vor einiger Zeit auch im Krieg Russlands gegen die Ukraine angeboten. Die Türkei pflegt ihre Beziehungen zu Russland. Erst vor einigen Monaten hat Erdoğan das erste Atomkraftwerk seines Landes eingeweiht. Gebaut und finanziert wird es vom russischen Staatskonzern Rosatom, der auch Besitzer bleibt. Zur Eröffnung war nicht nur Erdoğan zugeschaltet, sondern auch Wladimir Putin.

Im Westen wird diese Nähe schon länger kritisch beäugt. Sie konterkariert das Ziel, Russland möglichst zu isolieren, auch wirtschaftlich. Schon Ende vergangenen Jahres hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kritisiert, die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder gebe "Anlass zu großer Sorge". Es sei beunruhigend, dass die Türkei sich den restriktiven Maßnahmen der EU gegen Russland nicht anschließe.

Besonders sorgt sich die EU darüber, dass über die Türkei weiterhin "Dual use"-Güter, also Produkte, die sich zivil und militärisch nutzen lassen, nach Russland gelangen. Medienberichten zufolge ist die Türkei zum Beispiel Umschlagplatz für wichtige Elektronik wie Halbleiter. Der Handel der Türkei nach Russland hat zuletzt angezogen.

 
 
 
 
 
 
 

3. Erdoğan und die Migration

Die Türkei ist auch in der Migrationspolitik ein schwieriger, aber wichtiger Partner. Der im Jahr 2016 geschlossene EU-Türkei-Deal galt manchem Experten lange als erfolgreiches Mittel, die Migration zu begrenzen. Erdoğan hatte sich damals verpflichtet, Migranten zurückzunehmen, die aus der Türkei nach Griechenland übersetzten. Die EU zahlt Erdoğan dafür Milliarden und versprach, der Türkei für jeden zurückgeschickten irregulären Migranten aus Syrien einen anderen Syrer über eine Art Kontingent abzunehmen.

Das Abkommen funktioniert jedoch schon länger nicht mehr richtig, Menschenrechtler haben es von Beginn an kritisiert. Zwischenzeitlich versuchte Erdoğan mit Drohungen, den Deal nicht mehr einzuhalten, Druck auf die EU auszuüben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich zuletzt trotzdem dafür aus, daran festzuhalten. "Wir brauchen ein Update der Vereinbarung der EU mit der Türkei", sagte Faeser t-online. "Wir müssen jetzt darauf drängen, dass das Vereinbarte wieder eingehalten wird, und an den Stellen neu verhandeln, wo es notwendig ist."

Robert Habeck wird bei seinen Gesprächen zumindest vorfühlen, was möglich ist mit der Türkei – und was nicht. Auch daran wird er nicht vorbeikommen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • faz.net: Erdoğans Zickzackkurs mit Israel
  • faz.net: Die Türkei bringt sich als Energiebrücke nach Europa ins Gespräch
  • nzz.ch: Erdogan feiert vor den Wahlen die türkische Kernkraft
  • tagesschau.de: EU kritisiert Nähe zwischen Türkei und Russland
  • rnd.de: Russlands Waffenindustrie brummt trotz Sanktionen: Wie ist das möglich?
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