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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Falsche Angaben zum Lebenslauf AfD-Parteikonvent rügt Hochstapler-Kandidaten
Die Hochstapler-Affäre beschäftigt die AfD seit Wochen. Nun beschließt ein wichtiges Gremium der Partei, die fraglichen Kandidaten zu rügen. Auf der Liste für die EU-Wahl aber sollen sie bleiben.
Der Parteikonvent der AfD rügt in der Hochstapler-Affäre mit Arno Bausemer und Mary Khan-Hohloch zwei Kandidaten der Partei für die Europawahl 2024. Beide Kandidaten sollen aber entgegen anderer Forderungen auf der Liste der Partei bleiben, Bausemer auf Platz 10 und Khan-Hohloch auf Platz 14.
"Der Konvent rügt die festgestellten Ungenauigkeiten bei der Selbstdarstellung der Kandidaten während der Aufstellungsversammlung, sieht den teils erhobenen Vorwurf vorsätzlicher Täuschung aber als im Ergebnis unbegründet", zitierte Konventsvorsitzender und Bundesschatzmeister Carsten Hütter im Gespräch mit t-online nach der Sitzung eine beschlossene Erklärung. "Von einem nachträglichen Eingriff in die in Magdeburg demokratisch gewählte Liste soll daher auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit der Wahlteilnahme und Zulassung der AfD-Liste abgesehen werden."
Die Erklärung ist laut Hütter mit "sehr deutlicher Mehrheit" beschlossen worden. 41 Delegierte aus AfD-Landesverbänden sowie Vertreter des Bundesvorstands waren demnach anwesend.
Zwei Landesverbände fehlen – "Organisatorisches Desaster"
Der Bundesvorstand wurde in der Sitzung von Hütter, EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah, dem Bundestagsabgeordneten Peter Boehringer sowie Bundesschriftführer Dennis Hohloch, Ehemann von Mary Khan-Hohloch, vertreten.
Hohloch sowie der infrage stehende Europa-Kandidat Bausemer, der für Sachsen-Anhalt auch Delegierter des Konvents ist, enthielten sich bei den Abstimmungen laut übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern. Die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla blieben der Sitzung fern. Immer wieder steht in der Kritik, dass sie den Sitzungen des Konvents kaum beiwohnen.
Auch die Delegierten des Konvents aus Bayern und Hessen fehlten – nach den Landtagswahlen vor zwei Wochen ist die Amtszeit der alten Delegierten abgelaufen, neue aber wurden noch nicht gewählt. Teilnehmer der Sitzung äußerten im Gespräch mit t-online Unverständnis für dieses Versäumnis der Landesverbände, einer sprach von einem "organisatorischen Desaster".
Neuwahl der Liste und Parteiausschluss gefordert
Bausemer sowie Khan-Hohloch hatten vor beziehungsweise auf der Aufstellungsversammlung der AfD in Magdeburg Ende Juli/Anfang August falsche Angaben gemacht. Eine Prüfung des AfD-Bundesvorstands hatte Vorwürfe gegen die beiden Kandidaten bestätigt – Bausemer konnte demnach keinen Berufsabschluss vorweisen, Khan-Hohloch hatte zum Zeitpunkt der Versammlung nicht das von ihr behauptete Abschlusszeugnis für ein Studium. Der Bundesvorstand hatte deswegen eine zweijährige Sperre für parteiinterne Ämter beschlossen.
Teilen der Parteibasis ging das nicht weit genug. Für den Konvent stellten Delegierte mehrere Anträge, die zum Teil sehr viel schärfere Maßnahmen forderten. Darunter: die Streichung der Kandidaten von der Europaliste, eine neue Aufstellungsversammlung, die Neuwahl der Liste und weitergehende Ordnungsmaßnahmen bis hin zum Parteiausschluss. Davon sieht der Konvent nun aber ab.
"Den Schlussstrich zieht die Basis – oder auch nicht"
Nach der Sitzung fiel die Bewertung unterschiedlich aus. Manche Teilnehmer hielten den Beschluss für gut und ausreichend. Die AfD habe in der Causa sehr viel sauberer aufgearbeitet als es andere Parteien je tun würden, hieß es.
Andere äußerten sich kritisch. "Der Konvent ist heute hinter den Erwartungen vieler Mitglieder an der Basis zurückgeblieben", sagte ein Delegierter. "Das Fazit ist: Wir nähern uns immer mehr den Altparteien an!"
Ein anderer sieht die Hochstapler-Affäre mit dem Beschluss nicht zwangsweise beendet. Die AfD sei schließlich eine basisdemokratische Partei, es komme nun darauf an, wie die Mitglieder auf den Beschluss reagierten. "Den Schlussstrich zieht letztlich die Basis – oder auch nicht."
Geht Brandenburg wirklich gegen Khan-Hohloch vor?
Zumindest für Mary Khan-Hohloch könnte die Affäre aber auch auf anderer Ebene noch nicht ausgestanden sein: Ihr eigener Landesvorstand Brandenburg wollte ursprünglich ebenfalls gegen sie vorgehen. Bereits Anfang Oktober hatte er Khan-Hohloch aufgefordert, eine Erklärung zum Mandatsverzicht bis zum 6. Oktober vorzulegen – falls das nicht geschehe, wolle man beim Landesschiedsgericht einen Antrag auf Parteiausschluss stellen.
Khan-Hohloch hatte auf die Forderung nicht reagiert, der Landesvorstand sich weitere Schritte für nach der Sitzung des Konvents vorbehalten. Ob Brandenburg den Schritt nun aber gehen wird, ist unklar. Der Beschluss in dem länderübergreifenden Konvent könnte zu einem Umdenken führen, die Mehrheit fiel schließlich deutlich aus.
- Eigene Recherchen