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Angebot von Markus Söder an Kanzler Olaf Scholz: Kommt die Große Koalition?


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Angebot an Kanzler Scholz
Gibt es einen Regierungswechsel?


Aktualisiert am 21.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Arbeiten sie bald zusammen? Bundeskanzler Olaf Scholz und Friedrich Merz im Bundestag. (Quelle: IMAGO/imago-images-bilder)
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CSU-Chef Markus Söder hat dem Kanzler eine Große Koalition vorgeschlagen. Die Union sei bereit – auch als Juniorpartner. Was steckt dahinter? Und wie realistisch ist die Idee?

Um kurz nach acht am Freitagmorgen probiert Markus Söder etwas aus. In einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten, das in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin teilweise "Unter 1" stattfindet, also zitierfähig ist, sagt der CSU-Vorsitzende: Die Ampel sei nicht mehr handlungsfähig. „Jetzt das Notwendige zu tun, heißt, FDP und Grüne zu entlassen, eine neue Regierung der nationalen Vernunft zu bilden."

Heißt das etwa?
Ja, das heißt es.

Söder bietet dem Bundeskanzler Olaf Scholz und der SPD ein Bündnis mit der Union an. Eine Große Koalition. "Wir sind bereit", sagt er. Als Juniorpartner? Danach sieht es aus.

Was bewegt den CSU-Vorsitzenden zu dem Vorschlag? Gewinnt die Union damit etwas? Wusste die CDU Bescheid? Und wie realistisch ist ein Regierungswechsel zu diesem Zeitpunkt – oder überhaupt?

Welche taktischen Gründe könnten sich dahinter verbergen?

1. Die Hessen-Methode: Rettung vor, statt Kritik an der Ampel

Die Union, allen voran Markus Söder, haben in den vergangenen Monaten gemerkt, dass die "Hau-drauf"-Methode nicht auf ihr Konto einzahlt. CDU und CSU arbeiteten sich regelmäßig an der Ampel ab. Oft ohne Erfolg. Die Union stagnierte in den Umfragen. Verlor zeitweise sogar an Zuspruch. Und gewonnen hat stattdessen: die AfD.

Die in Teilen rechtsextreme Partei hat aktuell einen neuen Höhepunkt in den Umfragen erreicht. Sie steht bei 23 Prozent.

Die Unzufriedenheit spiegelt sich auch in Wahlergebnissen: In Hessen und Bayern fährt die AfD historisch gute Ergebnisse bei den Landtagswahlen ein (18,4 Prozent in Hessen, 14,6 Prozent in Bayern). CSU-Chef Söder, der sich im Wahlkampf hart an der Ampel abgearbeitet hatte, musste feststellen: Wenn die Menschen unzufrieden mit der Regierung sind, kommen sie eben nicht automatisch zu den Unions-Parteien. Weder CDU noch CSU stehen für Protest. Dann doch lieber das Original.

Also versucht Söder das, was seinem CDU-Kollegen Boris Rhein in Hessen gelungen ist. Er inszeniert sich als "Schutzschild" vor der Ampel. Rhein hatte die Ampel im Landtagswahlkampf in Hessen zwar auch kritisiert, gleichwohl hat er in den Vordergrund gestellt, dass die CDU die Bürgerinnen und Bürger vor ihr bewahren könnte. Sie müsse nur stark genug sein, so ging die Erzählung. Das Ergebnis: ein glänzendes Wahlergebnis von 34,6 Prozent.

Womöglich will man in der Union jetzt versuchen, den Begriff "konstruktiv" auszuweiten. Söder betont immerhin, man sei bereit, "Verantwortung" zu übernehmen. Die Botschaft: Die Union ist so staatsmännisch, sie ist sogar bereit als Juniorpartner in eine Koalition zu gehen. Und das, obwohl die Ampelparteien in den Umfragen mittlerweile gebündelt das gleiche Ergebnis haben wie die Union allein.

2. Zündstoff für die Ampel

Selbstverständlich ist das Ganze in Wahrheit ein, zumindest in Teilen, vergiftetes Angebot. Das zufällig am Morgen vor dem Koalitionsausschuss der Ampel unterbreitet wird.

In der Union weiß man um die Streitigkeiten in der Regierungskoalition, um das schlechte Klima. Es hat sich bislang trotz mehrfacher Kraftanstrengungen des Bundeskanzlers nicht gebessert. Grüne und FDP treten einander immer wieder gegenseitig vors Schienbein, stechen vertrauliche Informationen durch und machen gefundene Kompromisse schlecht. So ist es kein Wunder, dass die Menschen sich nicht mehr für die Ampel begeistern können. Sie kann sich derzeit ja nicht einmal für sich selbst begeistern. Die Stimmung ist am Nullpunkt.

Dass der Bundeskanzler den Ländern und der Union nun einen Deutschland-Pakt vorschlug, verstand man in Teilen der Ampel als Disziplinarmaßnahme. Eine Warnung, dass sich Mehrheiten auch anders organisieren ließen. Bei CDU und CSU hatte man die Reaktionen in der Koalition genau beobachtet. Schnell entstand das Gerücht, es könnte zumindest indirekt zu einem Comeback der Großen Koalition kommen.

Bislang kam aus den Reihen von Grünen und FDP jedoch immer das Gegenargument, die Union werde sich nicht bereit erklären, als Juniorpartner in eine Regierung einzusteigen. Und Neuwahlen werde es nicht geben. Da habe niemand ein Interesse dran. Söder widerlegt eines der Kern-Gegenargumente mal eben – und will damit wohl auch vor dem Koalitionsausschuss noch mal Öl ins Feuer gießen. Zumal die Grünen am Freitag ohnehin aufgeladen in das Treffen gingen, weil sie unzufrieden mit dem strengen Migrationskurs des Kanzlers sind.

Was sagt die CDU?

In der Schwesterpartei zeigt man sich unterdessen schwer irritiert von dem Angebot des bayerischen Ministerpräsidenten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sagt t-online etwa: "Die Frage stellt sich zurzeit nicht. Die Bundesregierung hat einen klaren Auftrag. Sie bleibt aufgerufen, die schwere Migrationskrise mit ihrer Mehrheit zu lösen." Der CDU-Politiker gehört zum engen Umfeld von Parteichef Friedrich Merz. Merz selbst sei, wie man aus seiner Umgebung hört, nicht einmal eingeweiht gewesen.

Und auch in den Bundesländern will keiner etwas von dem Vorstoß gewusst haben. Wie t-online erfuhr, soll bei dem traditionellen Abendessen am Donnerstag vor der Bundesratssitzung kein Wort darüber verloren worden sein.

Wie realistisch ist eine Große Koalition zu diesem Zeitpunkt?

Dass Scholz tatsächlich bereit wäre, auf eine Große Koalition umzusteigen, ist unwahrscheinlich. Er gewinnt damit nichts. Zwar gibt es in der CDU auch die Erzählung, Merz würde durch Söders Vorschlag düpiert, indem er ihn trotz doppelt so starker Umfragewerte als Juniorpartner empfiehlt. Klar ist aber auch, dass Merz am Ende etwas Wertvolles gewinnt: Regierungserfahrung. Die hat er bislang nicht. Für die Bundestagswahl in zwei Jahren wäre das ein entscheidender Unterschied. Hinzu kommt, dass, sollte es nach einem Wechsel bergauf gehen, das nicht mit Scholz und der SPD nach Hause gehen dürfte, sondern mit der CDU.

Auf die Frage, was Olaf Scholz von dem Angebot halte, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitagvormittag zunächst: "Nichts." Wie t-online aus Teilnehmerkreisen des Koalitionsausschusses erfuhr, soll Scholz sogar recht amüsiert über den Vorstoß gewesen sein. Demnach soll der Kanzler gleich zu Beginn einen flapsigen Witz über Söders Angebot gemacht haben. Alle hätten gelacht, dann sei es um Israel gegangen.

Klingt nicht dramatisch. Erst mal.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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