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Größter Nachahmer von Hubert Aiwanger: Fabian Mehring – Der Stahlbursche


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Neuer Polit-Star in Bayern
Hauptsache, es kracht


Aktualisiert am 04.10.2023Lesedauer: 7 Min.
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Fabian Mehring beim Neujahrsempfang der Freien Wähler. (Quelle: IMAGO/Rolf Poss)
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Fabian Mehring gilt als größtes Nachwuchstalent der Freien Wähler. Er will besser werden als sein Vorbild Hubert Aiwanger, dafür perfektioniert er seinen Populismus. Unterwegs mit einem, der schon bald in der Bundesregierung sitzen will.

Es ist acht Uhr morgens, als Fabian Mehring die Wut entgegenschlägt wie ein nasser Waschlappen. "Da wirst du beschissen von vorne bis hinten", ruft einer der Metzger, die ihm gegenübersitzen. Größere Fleischereien würden bevorteilt, kleinere gingen unter. Der Metzger und seine Kollegen fragen Mehring an diesem Septembermorgen: Sollen sie Klage einreichen?

Fabian Mehring verzieht das Gesicht: "Dann gibt es ein Urteil, das in Stein gemeißelt für ganz Bayern gilt." Er hat eine bessere Idee. Mehring streckt die Wirbelsäule durch, lächelt breit und sagt dann: "Ich verspreche euch: Ich telefoniere heute noch mit dem Thorsten Glauber." Glauber ist bayerischer Umweltminister. Er soll sich bei der EU für eine Entlastung der kleinen Fleischer einsetzen.

Ein Anruf von ihm kann die Welt verändern – das ist das Versprechen des Fabian Mehring. Es soll ihn nach oben tragen, ihn berühmt machen. Mehring ist erst 34 Jahre alt, aber schon Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler im bayerischen Landtag. Seine Partei hat nach dem Skandal um das Auschwitz-Flugblatt zugelegt. Bei 15 Prozent stehen die Freien Wähler in Bayern, bei etwa 5 Prozent deutschlandweit. Es ist möglich, dass die Partei, die sich zwischen Union und AfD verorten lässt, in den nächsten Bundestag einzieht.

Davon möchte Fabian Mehring profitieren. Er will ein Menschenfänger werden wie sein Parteichef Hubert Aiwanger, nur ohne Skandale. Dafür gibt er sich als Bub vom Land, der die normalen Menschen versteht, aber eisern die Hebel der Macht bedient. Ein Stahlbursche. Manche halten ihn für klüger als Markus Söder, andere für einen politischen Hochstapler. Wer wissen will, wohin die Freien Wähler steuern, sollte ihn beobachten.

Nach dem Termin bei den Metzgern setzt sich Mehring ans Steuer seines BMW, schweres Rasierwasser wabert durch den Wagen. Es geht jetzt um das Auschwitz-Pamphlet, ein antisemitisches Flugblatt, das Hubert Aiwanger, Mehrings Parteichef, als 17-Jähriger in seinem Schulranzen herumtrug. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte darüber berichtet, kurz wirkte es, als würden Aiwanger und die Freien Wähler in sich zusammenfallen.

Das Flugblatt? Unangenehm, aber unbedeutend

Doch CSU-Chef Markus Söder stützte Aiwanger, er braucht ihn als Regierungspartner. "An der Gesinnung des Hubert Aiwanger von heute, den ich seit 15 Jahren persönlich kenne, gibt es keinen Funken Zweifel", sagt Mehring und wischt mit der Hand durch die Luft. Dass andere Medien über weitere Vorwürfe von Mitschülern berichteten, ist ihm egal. Er schaut auf die Straße und erzählt fröhlich, er stehe "uneingeschränkt" hinter Aiwanger. Mehring schildert den Skandal um das Pamphlet so, als ginge es um ein verlorenes Brettspiel. Unangenehm, aber unbedeutend.

Lieber redet Mehring über die Medien. Er findet, die Berichterstattung um das Flugblatt zeige, was schieflaufe in Deutschland: "Wenn nach 35 Jahren Ereignisse aus der Schulzeit zufällig sechs Wochen vor Wahlen in den Medien auftauchen, riecht das stark nach einer gezielten Kampagne. Das durchschauen die Menschen und haben diese Art von Wahlkampf satt." Mehring gibt sich siegessicher: "Wer sein Ohr am Bürger und die Menschen an seiner Seite hat, kommt dadurch nicht ins Straucheln."

Ist Populismus eine gute Sache? Mehring schaut, als hätte er auf diese Frage gewartet. Dann sagt er: "Das Wort 'Populismus' hat für manche einen negativen Beigeschmack. Dabei gehört es eigentlich zum Wesenskern einer repräsentativen Demokratie, sich als Politiker nach der Mehrheit, also dem, was populär ist, zu richten."

Vor einer Kindertagesstätte in einem Vorort von Augsburg bremst Mehring scharf. Der Bürgermeister wartet bereits. Mehring spult seine Erkennungsmelodie ab, mit der er jedes Gespräch beginnt: "Hallo! Hallo! Servus!" Der Bürgermeister erzählt, dass er heute noch in den Griechenland-Urlaub fliege. "Griechenland", ruft Mehring begeistert und reißt die Augen auf, "da war ich auf Abifahrt!" Der Bürgermeister freut sich, weil Mehring sogar etwas zu seinem Urlaub einfällt. Aber Mehring fällt immer etwas ein, das ist sein Trick. Egal ob Jugendturner oder Jäger, er hat für jeden eine Anekdote parat.

Und immer heißt es: "Fabi vor Ort"

Dann schaut er präsidial und sagt: "550.000 Euro für die Renovierung der Kindertagesstätte sind nun auf das Konto der Gemeinde überwiesen." Und schiebt nach: "Das konnte ich bei der Regierung bewegen!" Das Geld war in Wahrheit längst bewilligt, Mehring hatte sich nur für eine frühere Auszahlung eingesetzt. Trotzdem inszeniert er sich als Retter. Nach solchen Terminen postet Mehring oft ein Foto als Arbeitsnachweis, Untertitel: "Fabi vor Ort."

Auf Bühnen sagt er Sätze wie: "Für mich ist es ein Privileg und eine Ehre: Einerseits der Kümmerer für die Menschen sein zu dürfen. Und andererseits ein bisschen der Kämpfer sein zu dürfen für die Interessen unserer Region." Es sind nichtssagende Worte, doch sein gerolltes "R" lässt alles runder klingen. Mit seinen weichen Sätzen filzt Mehring seit Jahren über die Landstraßen Bayerns, 60.000 Kilometer im Jahr. Es ist eine endlose Parade von Bierzelten, Sportplätzen und Dorfläden, die keinen Anfang, kein Ende und auch keine Mitte kennen. Und immer dieselbe Botschaft: Fabi vor Ort, ich mache das schon.

Um kurz nach 11 Uhr hat Mehring den dritten Termin des Tages. Er besucht ein Jugendheim: "Hallo! Hallo! Servus!" Dann lädt er die Gruppe zum Mittagessen beim Griechen ein. Es gibt keine Vorspeise, Mehring greift direkt nach dem Ouzo und stößt an. Er erzählt, dass er sich immer Fotos seiner Gesprächspartner von seinen Mitarbeitern schicken lasse, damit er jeden erkenne. "Wenn man dann aus dem Auto steigt und sagt 'Grüß Gott, Herr Maier', ist das schon etwas anderes." Mehring will nichts dem Zufall überlassen auf seinem Weg nach oben.

Als er wieder allein ist, spricht er über Hubert Aiwanger. Er ist der Fixstern, an dem Mehring seinen politischen Kurs ausrichtet. Er beobachtet ihn schon lange, fährt ihm zu Terminen hinterher und analysiert, wie Aiwanger die Massen zum Brodeln bringt: "Hubert identifiziert die Themen, die viele Menschen umtreiben." Er lobt ihn, wo er kann. Der größte Fan von Hubert Aiwanger heißt nicht Hubert Aiwanger, sondern Fabian Mehring. Zumindest offiziell.

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In Wahrheit belauert Mehring ihn wie ein Panther, der ein Revier übernehmen will. Doch Mehring weiß, dass Aiwanger der Star der Freien Wähler ist. Aiwanger wiederum ahnt, dass Mehring eines der größten Talente der Partei ist. Einen wie ihn bindet man lieber an sich, als ihn zum Feind zu haben. Mehring hat Aiwanger in der Flugblatt-Affäre vehement verteidigt. So dicht vor der Landtagswahl kommt er nicht an Aiwanger vorbei, er kann nicht ohne ihn. Noch nicht.

Würde Mehring eigentlich in Bayern in die Regierung wollen? Er sagt: "Jetzt erlegen wir erst mal den Bären, danach verteilen wir das Fell." Und was ist mit einem Ministerposten auf Bundesebene? Er rechne sicher mit einem Einzug in den Bundestag, sagt Mehring: "Ob Hubert dann zugunsten einer bürgerlichen Regierung nach Berlin wechselt, wird man sehen. Ich selbst fühle mich derzeit auf Landesebene pudelwohl, schließe den Schritt in die Bundespolitik aber natürlich nicht für alle Zeiten aus." Er lächelt bescheiden. Doch es klingt wie: Wenn es irgendwie geht, dann mache ich das.

Fabian Mehring ist in Wertingen aufgewachsen, einem Ort vor Augsburg. Er ging dort zur Grundschule, besuchte das Gymnasium und lernte, dass es Biss im politischen Geschäft braucht: Er kandidierte als Schülersprecher und setzte sich durch. Daheim lag die "Augsburger Allgemeine" auf dem Tisch, abends schaute er die Nachrichten im Bayerischen Rundfunk, so erzählt er es heute.

Er beobachtete die Abläufe genau, studierte Politikwissenschaft, promovierte über deutsche Außenpolitik und trat den "Freien Wählern" bei, weil er einen Landrat der Partei rhetorisch gut fand. Und er wollte schnell Karriere machen. "Früher sagte man mir oft: Komm doch zu uns in die CSU, dann wird was aus dir. Heute kann ich sagen: Die Führungsrolle, die mir meine Freien Wähler in unserer aktuellen Bayernkoalition zugetraut haben, hätte ich in der CSU vermutlich erst nach 20 Jahren im Parlament spielen können." Mehring sieht zufrieden aus. Sein Plan geht auf.

Eine sich selbst korrigierende Politikmaschine

Doch wo für einen guten Populisten die Grenze verläuft, die nützliche von überdrehten Aktionen trennt, musste er erst lernen. Damals, als er vor wenigen Jahren Hubert Aiwanger aufforderte, eine Kandidatur für den Bundestag zu unterlassen: "Meine Mitstreiter aus der Spitze unserer Nachwuchsorganisation und ich waren der Auffassung, wir sollten das schrittweise aufbauen: Zunächst in mehrere Landtage einziehen und erst dann für den Bundestag kandidieren", sagt Mehring heute. Aiwanger zu kritisieren, das würde er nicht mehr machen. Er kann neben sich treten, sich beim Wachsen beobachten. Wie eine sich selbst korrigierende menschliche Politikmaschine.

Es ist Abend geworden. Fabian Mehring pflügt mit seinem BMW durch Augsburg, draußen fliegen die Wahlplakate vorbei. Bei der FDP steht: "Christian Lindner kommt". Auf seinen steht: "Fabian Mehring", manchmal größer als das eigene Parteilogo. Mehring will abschalten und betritt ein Steakhaus. Hier muss er niemanden beeindrucken, also trinkt Mehring keinen Schnaps. Er bestellt alkoholfreies Bier und ein Steak.

Dann lächelt er zum ersten Mal an diesem Tag nicht mehr: "Kommunikationswissenschaftler sagen: Man muss die Menschen dreimal mit der gleichen Botschaft erreichen, dreimal mit demselben Thema in der Zeitung stehen, bis man in den Köpfen der Leute damit assoziiert wird." Er hofft, dass alles klappt. Dass es weiter nach oben geht.

Sein Handy leuchtet, das Hintergrundbild ist ein Foto seiner Frau. Wenn sie früh ins Bett geht, sitzt Mehring bis tief in die Nacht über seinen E-Mails. Von 350 ungelesenen Nachrichten hat er sich in diesen Tagen auf 50 heruntergearbeitet. Politik ist ein zähes Geschäft. Mehring zündet sich eine Zigarette an. Seit dem Skandal um das Auschwitz-Flugblatt hat er wieder mit dem Rauchen angefangen. Eigentlich hatte er es sich abgewöhnen wollen.

Und dann erzählt Mehring plötzlich von seiner Jugend. Wie schön das Skifahren damals war, wie selten das heute noch klappt. Und wie wenig er seine Freunde sieht. "Es ist einfach – auch in Relation zu vergleichbaren Führungsaufgaben in der Wirtschaft – ein absurd hohes Pensum", sagt er. Für ein paar Sekunden schweift sein Blick ab und bleibt irgendwo in der Augsburger Nacht hängen. Als er so dasitzt, sieht Fabian Mehring aus wie ein einsamer Mann. Allein mit sich und seiner Karriere.

Bei einer Autofahrt zwei Tage später erzählt Mehring von den Metzgern, für die er sich einsetzen wollte. "Ich habe am gleichen Tag mit Umweltminister Glauber telefoniert." Aber: "In Brüssel springt man nicht sofort im Dreieck, weil ein Minister aus Bayern etwas will." Er klingt ernüchtert. Nur 20 Minuten später steigt Mehring auf eine Bühne in Augsburg und ruft: "Dafür wollen wir Freien Wähler uns starkmachen: Dass die Uhren in Bayern weiterhin anders ticken!" Dabei lächelt er unschuldig und überzeugend. So, als würde er glauben, was er sagt.

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