Demokratischer Dammbruch CDU setzt Gesetz mit Hilfe von AfD und FDP durch
Die CDU hat im Thüringer Landtag einen Gesetzesentwurf mit Stimmen der AfD durchgesetzt. In der Landesregierung stößt das auf Entsetzen.
Die Opposition hat in Thüringen erstmals gegen den Willen der rot-rot-grünen Regierung eine Steuersenkung durchgesetzt – mit Stimme der AfD. Diese stimmte am Donnerstag neben der FDP für einen Gesetzentwurf der CDU für eine niedrigere Grunderwerbsteuer und sicherte diesem so eine Mehrheit.
Bei den Regierungsparteien stieß der Vorgang auf Kritik und warf die Frage auf, wie es die Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag mit der Brandmauer zur AfD hält. Die AfD ist in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft worden.
Vertreter der Regierungskoalition von Linken, SPD und Grünen kritisierten die Steuersenkung als "einzigartigen Vorgang" und "Pakt mit dem Teufel". Die CDU gebe der AfD einen Gestaltungsspielraum und Einfluss auf den Landeshaushalt, sagte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes. Die CDU fange an, "eine kleine Regierungskoalition in der Opposition unter Einschluss der AfD tatsächlich in Gang zu setzen".
Regierung spricht von "Pakt mit dem Teufel"
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte CDU-Fraktionschef Mario Voigt kurz vor der Abstimmung eingeladen, über Alternativen zur Familienförderung zu reden. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zu Passagen des CDU-Gesetzes wurde die Landtagssitzung zeitweise unterbrochen.
Die Regierung habe seit März Zeit für Vorschläge gehabt, erwiderte Voigt. Die Opposition stimmte gegen die Rücküberweisung des Gesetzes in den Haushaltsausschuss. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sagte, die Regierung behalte sich eine Klage vor dem Verfassungsgericht vor.
Voigt begründete die Steuersenkung mit Familienförderung beim eigenen Heim und Impulsen für die kriselnde Bauwirtschaft und das Handwerk. "Wir können die Lösung von Problemen nicht davon abhängig machen, dass die falsche Seite mit Zustimmung droht", hatte er immer wieder gesagt. Auch die eher dem liberalen CDU-Flügel zugerechnete Bundesvize Karin Prien hatte sich in der "Bild"-Zeitung ähnlich geäußert.
Merz wies Vorwürfe zuvor zurück
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte zuvor Vorwürfe zurückgewiesen, eine mögliche Steuersenkung in Thüringen mit Hilfe der AfD durchzusetzen. "Wir machen das, was wir in den Landtagen wie auch im Deutschen Bundestag diskutieren, nicht von anderen Fraktionen abhängig", sagte Merz am Donnerstag im "Frühstart" von RTL und ntv.
Die CDU im Thüringer Landtag bringe, wie in anderen Landtagen auch, einen entsprechenden Antrag ein, die Grunderwerbsteuer für junge Familien zu senken. "Und wenn die SPD und die Grünen, so wie sie es hier in Berlin ja auch beschlossen haben, der Sache zustimmen, gibt es eine Mehrheit auch ohne die AfD", so Merz.
Die Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag sind schwierig: Die rot-rot-grüne Koalition von Ramelow hat seit Amtsantritt 2020 keine eigene Mehrheit – ihr fehlen vier Stimmen im Parlament. Sie ist bei Entscheidungen stets auf Kompromisse angewiesen – bisher vor allem mit der CDU. 2024 wird ein neuer Landtag in Thüringen gewählt.
Beschlossen wurde der Gesetzesentwurf für eine niedrigere Grunderwerbssteuer, mit 46 zu 42 Stimmen. Häuslebauer und Immobilienkäufer müssen danach nur 5,0 statt 6,5 Prozent Steuer zahlen. Der Einnahmeverlust liegt nach Prognosen bei 48 Millionen Euro jährlich.
- Nachrichtenagentur dpa