"Tempo machen" Scholz schlägt "Deutschland-Pakt" vor
Im Bundestag steht die Generaldebatte auf dem Programm – Anlass für die Opposition, die Regierung anzugreifen. Zunächst hatte Unionsfraktionschef Merz das Wort, dann antwortete Bundeskanzler Scholz.
In der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause haben die Abgeordneten im Bundestag über den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das kommende Jahr debattiert. In der Generaldebatte hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Ländern, Kommunen und der demokratischen Opposition einen "Deutschland-Pakt" zur Modernisierung des Landes vorgeschlagen.
Alle staatlichen Stellen sollten mehr Tempo und Mut zeigen, um das Land von Grund auf schneller, moderner und sicherer zu gestalten, heißt es in einem Positionspapier zur Generaldebatte im Bundestag.
Es sei nun wichtig, "dass wir Tempo machen", sagte der Bundeskanzler. "In der Zeit, in der wir über die Verlängerung einer einzigen U-Bahn-Linie sprechen und es planen, werden in anderen Ländern ganze Strecken gebaut", so Scholz. "Die Bürgerinnen und Bürger sind diesen Stillstand leid – und ich bin es auch." Mehr zum "Deutschland-Pakt" des Bundeskanzlers lesen Sie hier.
"Deutschland-Pakt": Scholz will "Tempo statt Stillstand"
Mit dem "Deutschland-Pakt" wolle der Bundeskanzler eine "nationale Kraftanstrengung" anstoßen und "Kräfte bündeln". Er solle zeigen, "wozu unser Land, unser Föderalismus im Stande sind" und Deutschland "schneller, sicherer und moderner" machen. "Tempo statt Stillstand, handeln statt aussitzen, Kooperation statt Streitereien. Das ist das Gebot der Stunde", forderte Scholz. Nur gemeinsam lasse sich der Mehltau aus Bürokratismus, Risikoscheu und Verzagtheit abschütteln, der sich über Jahre hinweg auf das Land gelegt habe. Die Menschen wollten, dass Deutschland wieder ordentlich funktioniere.
Sein Angebot richte sich an die 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, an die Landräte und Landrätinnen, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in der ganzen Republik. Er richte sich aber auch an Friedrich Merz, den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, wie Scholz betonte.
Merz kritisiert Bundeswehr-Sparprogramme – Scholz kontert
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte der Ampel-Regierung zuvor vorgehalten, mit dem Haushaltsentwurf 2024 nicht dem Anspruch der laut verkündeten "Zeitenwende" gerecht zu werden. Er habe erhebliche Zweifel, ob man die Dimension des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und deren weitreichenden Auswirkungen übereinstimmend richtig einschätze, sagte Merz. Der CDU-Vorsitzende kritisierte vor allem eine mangelhafte langfristige Finanzierung der Bundeswehr.
Besonders bei SPD und Grünen bleibe "das ungeliebte Kind Bundeswehr" weitreichend unterfinanziert, monierte Merz. "Sehr viel weitreichender übrigens als zu dem Zeitpunkt, als sie vor zwei Jahren die Bundeswehr übernommen haben." Die großen Verlierer dessen seien sowohl Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) als auch die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und die Verbündeten.
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine bleibe die "Sicherung des Friedens und vor allem unserer Freiheit" die auf lange Zeit wichtigste staatliche Aufgabe. Dieser "fundamentalen Herausforderung" werde der Haushalt nicht gerecht, betonte Merz.
Scholz ließ diese Kritik an seiner Regierung nicht auf sich sitzen: Es sei eine Koalition unter CDU-Führung gewesen, die große Sparprogramme bei der Bundeswehr gemacht habe. "Don't forget, never forget", rief der Bundeskanzler ins Plenum. "2010 – vergessen Sie es nicht, Sie waren das!", rief er Merz entgegen. Ab 2010 wurde die sogenannte Neuausrichtung der Bundeswehr umgesetzt. Damit setzte die Bundesregierung unter anderem die Pflicht zum Grundwehrdienst aus, reduzierte den Umfang der Streitkräfte auf 185.000 Soldaten und organisierte die Verwaltung der Streitkräfte grundlegend neu. Federführend war der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), nach dessen Rücktritt dann Nachfolger Thomas de Maizière (CDU).
"Zwei Oppositionsführer in Deutschland"?
Zudem hätten mit Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Agrarminister Cem Özdemir gleich drei Grünen-Bundesminister im weiteren Verlauf von Lindners Rede "demonstrativ" die Regierungsbank verlassen, beobachtete Merz. "Seit gestern haben wir also zwei Oppositionsführer in Deutschland: Einen im Parlament und einen in der Regierung", resümierte Merz. "Auf gute Zusammenarbeit, Christian Lindner, kann ich da nur sagen."
Obwohl das Hauptthema der Sitzung der Einzelhaushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts ist, nutzen insbesondere die Oppositionsparteien die Generaldebatte regelmäßig als Anlass, um die Politik der Bundesregierung als Ganzes in die Mangel zu nehmen.
Am Dienstag hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits den Haushaltsentwurf 2024 vorgestellt. Alle Ressorts außer Verteidigung müssten 2024 und 2025 eine Summe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro einsparen. Lindner hat dabei die Notwendigkeit eines haushaltspolitischen Kurswechsels betont. Der FDP-Chef sagte im Bundestag: "Es geht jetzt um die Anerkennung finanzieller Realitäten nach Jahren, in denen Geld scheinbar keine Rolle spielte." Lindner machte deutlich, der Haushalt 2024 sei erst der Beginn einer Konsolidierung der Staatsfinanzen. Die Opposition kritisierte den Haushaltsentwurf.
- Eigene Beobachtungen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa