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Russland-Sanktionen: So läuft Christian Lindners Jagd auf die Oligarchen


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Oligarchen-Milliarden
Lindners Russland-Fiasko

  • Jonas Mueller-Töwe
  • Carsten Janz
Von Jonas Mueller-Töwe und Carsten Janz

Aktualisiert am 26.07.2023Lesedauer: 4 Min.
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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung sucht unter seiner Ägide nach den Geldern der Oligarchen. (Quelle: imago images/Sachelle Babbar)
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Die Milliarden der Oligarchen einfrieren und sie so gegen Wladimir Putin aufbringen: Das war die Idee des Westens. Doch sie droht zu scheitern – vor allem in Deutschland.

Russische Oligarchen haben in Deutschland viele Milliarden investiert. Ihnen gehören Villen, Häuser und Unternehmen, ihre Superjachten wurden in deutschen Werften gebaut. Eigentlich, so der Plan, wollte die Europäische Union all die Konten, Immobilien und Luxusgüter dem Zugriff ihrer Eigentümer entziehen. So sollten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor allem diejenigen getroffen werden, die Machthaber Wladimir Putin besonders nahestehen.

Doch Deutschland hat ein Problem: Bei der Durchsetzung dieser Sanktionen kommt die Bundesregierung seit Monaten kaum voran.

Prestigeprojekt mit Startschwierigkeiten

In Deutschland sind bislang gerade einmal rund 5,22 Milliarden Euro Vermögen eingefroren. Das ist sehr wenig, wenn man bedenkt, dass es europaweit bereits mehr als 200 Milliarden Euro sind. Hinzu kommt: Zuletzt ging die sowieso schon bescheidene Summe in Deutschland sogar um 30 Millionen Euro zurück, wie t-online berichtete. Unter anderem mussten nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln auch eingefrorene Gelder wieder freigegeben werden.

Die mangelnden Erfolge der Behörden sind auch das Problem von Christian Lindner: Der Bundesfinanzminister kündigte – um den Sanktionen endlich zu mehr Durchschlagskraft zu verhelfen – umfangreiche Maßnahmen an. Eine Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung soll seit Jahresbeginn die Jagd auf die Milliarden bündeln. Spezialisierte Ermittler sollen Hinweisen nachgehen, in den kommenden Jahren sogar mit der auf Geldwäsche spezialisierten Financial Intelligence Unit (FIU) in einem neu geschaffenen Bundesfinanzkriminalamt aufgehen.

Ermittler dringend gesucht

Es ist ein Prestigeprojekt des Finanzministers – doch bislang kommt es eher schwerfällig aus den Startlöchern. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die t-online vorliegt.

Nur etwas mehr als die Hälfte der für dieses Jahr eingeplanten Stellen ist bislang besetzt. Nur ein Drittel der Beschäftigten verfügt über eine kriminalistische Ausbildung. Für die Annahme von Hinweisen sind bislang lediglich vier Beschäftigte eingesetzt. Geplante "Sonderbeauftragte für die Überwachung sanktionsnaher Unternehmen" gibt es noch immer nicht. Und aus Sicht des BDZ Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft geben selbst diese Zahlen nur einen Teil der Wahrheit wieder.

"Leider geht es nicht nur darum, wie viele Stellen derzeit besetzt sind, sondern wie hoch die Fluktuation im Personal ist", sagte der Bundesvorsitzende Thomas Liebel t-online. "Viele Kollegen sind dort nur zur Geschäftshilfe eingesetzt – nach wenigen Monaten kehren sie zu ihren eigentlichen Tätigkeiten beispielsweise beim Zoll zurück." Der Personalaufbau der neuen Zentralstelle sei ohnehin nicht einfach, da besondere Qualifikationen erforderlich seien. Die Arbeitsbedingungen erschwerten ihn zusätzlich.

"Homeoffice-Regelungen und Regionalbüros müssen dringend stärker forciert werden und wären vielleicht ein Anreiz, länger in der neuen Zentralstelle zu arbeiten", sagte Liebel. Denn erst vergangene Woche habe Lindner angekündigt, das künftige Bundesamt in Köln anzusiedeln, mit einer Zweigstelle in Dresden. Bis dahin war die Standortfrage offen. Erst jetzt bestehe durch die Entscheidung Planungssicherheit für die Beamten – und erst jetzt seien dadurch auch externe Ausschreibungen möglich, so Liebel. Schließlich wird auch die Expertise von Ermittlern benötigt, die bislang bei der Bundesbank oder den Landeskriminalämtern arbeiten.

Viele Hinweise, wenige Ermittlungen

Die Personalnot hat – was nicht völlig überraschend ist – offenbar Folgen. Im ersten Halbjahr gingen den Angaben der Bundesregierung zufolge zwar 65 Hinweise auf potenzielle Sanktionsverstöße ein. Nur acht davon führten aber tatsächlich zu Ermittlungen. In allen acht Fällen dauern die Ermittlungen noch an. Insgesamt führte die Zentralstelle 58 weitere Vermögensermittlungsverfahren. Über ihren Ausgang ist allerdings nichts bekannt.

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Die Gewerkschaft überrascht die magere Ausbeute nicht. Auch wenn sie aufgrund der geringen Anzahl der Hinweise noch keinen Bearbeitungsstau wie bei der für Geldwäsche zuständigen FIU erkennen kann, sieht sie weiteren Gesetzgebungsbedarf. "Die Qualität der Hinweise an die Zentralstelle lässt zum Teil zu wünschen übrig. Hinzu kommt, dass es sehr komplex ist, diesen Hinweisen nachzugehen", so Liebel. "Bei Auslandsbezügen sind zum Beispiel Rechtshilfeersuchen notwendig."

Nicht nur um die internationale Zusammenarbeit zu verbessern, müsse die Gesetzesgrundlage angepasst werden. Auch verfügten die Beamten nicht über den rechtlichen Status von Ermittlungspersonen. "Bei Durchsuchungen müssen die Kollegen bislang noch nicht mal hineingelassen werden. Auch da hoffen wir auf den Gesetzgeber." Die Beamten dürften ihre Ermittlungsbefugnisse in einem solchen Fall nicht mit unmittelbarem Zwang durchsetzen, sondern um Amtshilfe beim Zoll oder Polizei ersuchen.

"Tektonische Neuordnung"

Einen ersten Schritt will Lindner offenbar schon bald gehen: Anfang der Woche berichtete das "Handelsblatt", ein Entwurf für das "Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz" sei im Ministerium fertiggestellt und solle nun mit den anderen Ressorts abgestimmt werden. Das Gesetz soll die Grundlage für das neue Bundesfinanzkriminalamt schaffen. Mehr als 700 Millionen Euro sollen in den kommenden vier Jahren für diese "tektonische Neuordnung der Bekämpfung von Finanzkriminalität in Deutschland" zur Verfügung stehen, wie der Entwurf in Regierungskreisen laut "Handelsblatt" betitelt wird.

Die Frage ist nur: Geht das alles schnell genug, um die Russlandsanktionen wirksam durchsetzen zu können? Die Opposition ist skeptisch. "Mit großem Brimborium angekündigt, sind nur rund die Hälfte der Planstellen bisher besetzt, davon nicht eine einzige mit externer Ausschreibung", sagte Christian Görke, der finanzpolitische Sprecher Linksfraktion, der seit Monaten die Durchsetzung der Sanktionen beobachtet, t-online. "Es braucht dringend mehr Tempo, denn schmutzige Oligarchenvermögen warten nicht auf langsame Behördenbürokratie in Deutschland."

Auch der BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft sieht weiteren Handlungsbedarf. Die bislang unter Vorbehalt stehenden Stellen müssten so schnell wie möglich in den Haushalt aufgenommen und besetzt werden – am besten mit einer Stellenzulage für die Beamten der Zentralstelle. Damit die deutsche Jagd auf die russischen Milliarden endlich Fahrt aufnehmen kann.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Handelsblatt.de: "Wie Christian Lindner härter gegen Geldwäscher vorgehen will"
  • vg-koeln.nrw.de: "Verwaltungsgericht Köln: Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung muss einzelne Zahlungen von vorläufig sichergestellten Geschäftskonten freigeben"
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