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Deutschlands Sicherheitsstrategie: Die Revolution ist gescheitert


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Sicherheitsstrategie
Die Revolution ist gescheitert

MeinungVon Patrick Diekmann

Aktualisiert am 15.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Berlin: Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und drei weitere Minister stellten am Mittwoch die neue Nationale Sicherheitsstrategie vor. (Quelle: Emmanuele Contini/imago-images-bilder)
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Für Deutschland ist es ein wichtiger Schritt, erstmals gibt es eine Sicherheitsstrategie. Das Papier soll das Land widerstandsfähiger gegenüber innen und äußeren Krisen machen. Sind das nur schöne Worte?

Endlich hat Deutschland das bekommen, was viele andere westliche Länder längst haben: eine Nationale Sicherheitsstrategie. Die deutsche Politik hat in Sicherheitsfragen lange geschlafen, sie sah über Jahrzehnte keine Verwendung für eine Positionsbestimmung in der Sicherheitspolitik. Altkanzler wie Helmut Kohl, Gerhard Schröder, aber auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigten nicht wirklich Interesse an einem Grundsatzpapier.

Doch das musste Deutschland ändern. Das Bürgerinnen und Bürger brauchten in Krisenzeit Orientierung und die internationalen Partner brauchten sie mit Blick auf Deutschland teilweise auch.

Krisen wie die Corona-Pandemie, die Flut im Ahrtal oder der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die damit verbundene Rohstoffkrise haben gezeigt, wie existenziell verwundbar das deutsche Wirtschaftsmodell mit seinen Lieferketten in einigen Bereichen ist. Eines wurde in den vergangenen Jahren klar: Ein starkes Militär allein bringt keine Sicherheit, nicht vor Naturkatastrophen, auch nicht vor Lieferengpässen bei Medikamenten oder Impfstoffen.

Die Idee ist gut. Was die Bundesregierung in ihrem Papier "integrierte Sicherheit" nennt, ist ein Ansatz, der alle systemisch-relevanten Bereiche von Sicherheit im Blick hat. Das ist richtig und war lange überfällig. Zu viel Bürokratie, unklare Zuständigkeitsverteilungen zwischen Bund und Ländern und teilweise schlechte Krisenprävention führten dazu, dass Deutschland manchmal von Krisen überrascht wurde. Das soll sich perspektivisch ändern.

Im Ton gut, aber in der Sache unkonkret

Deshalb ist die Nationale Sicherheitsstrategie nun ein wichtiger Meilenstein für die deutsche Politik. Und zumindest ist sich die Ampel einig darüber, wer aktuell die größte Bedrohung für die deutsche Sicherheit ist: Wladimir Putin. Deutschland könne nur in Zusammenarbeit mit seinen internationalen Bündnissen sicher sein – mit der EU, der Nato und den G7-Staaten. Das sind klare Bekenntnisse.

Und doch ist die Sicherheitsstrategie nur ein erster großer Aufschlag, nicht mehr, nicht weniger. Denn an zentralen Stellen bleibt das Papier vage, es bleibt bei groben Konzepten, bei schönen Worten und Absichten. Die Revolution bleibt aus und die Ampel hat eine Chance verpasst, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung mit konkreten Schritten zu verbessern. Gewichtige Worthülsen müssen nun noch mit Inhalten gefüllt werden. Ob das gelingt, bleibt offen. Leicht ist es allerdings auch nicht.

Deutschland hat sich an Frieden und Sicherheit gewöhnt

Die praktische Umsetzung wird die größte Herausforderung. Zunächst einmal müssen die Länder in die Strategievorhaben der Bundesregierung eingebunden werden. Bislang wurde das Papier als geheim eingestuft, die Bundesministerium und das Kanzleramt haben daran gearbeitet. Es ist kein Papier der Bundesländer und kann im deutschen Föderalismus zu Problemen führen.

Die Sicherheitsstrategie setzt darauf, dass die Bundesländer zur Krisenprävention oder im Katastrophenfall Kompetenzen an den Bund abtritt. Sind die Länder bereit dafür?

Allgemein geht es in der Strategie darum, Grenzen zu überwinden. Die klassischen Ressortgrenzen unter den Ministerien oder auch die Grenzen zwischen den Bundesländern. Die Umsetzung ist zweifelhaft, weil kaum eine Institution freiwillig ihre Kompetenzen abgibt, das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt.

Letztlich sticht vor allem ein Punkt hervor, den die Bundesregierung auch schon länger vor sich herschiebt: China. Zwar steht in der Sicherheitsstrategie, dass "China Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale" sei, aber die Ampel verweist auf Nachfragen in der Pressekonferenz auf die China-Strategie, die nun zeitnah folgen soll. Das ist zu wenig.

Besonders, wenn man bedenkt, dass es für Putin ohne Pekings Unterstützung nicht möglich wäre, seinen Krieg in der Ukraine zu führen. Auch dass China mit einer Invasion in Taiwan droht und damit eine militärische Eskalation im Indopazifik in Gang kommen könnte, kommt zu kurz. Der Verweis der Ampel auf ein weiteres Strategiepapier – die China-Strategie –, das momentan in der Bearbeitung ist, hilft da wenig.

In sicherheitspolitischen Fragen muss Deutschland noch immer aufwachen. Die Bevölkerung hat sich viele Jahre an Frieden gewöhnt. Der erste Aufschlag der Sicherheitsstrategie ist eine vertane Chance, den Menschen begreifbar zu machen, dass Sicherheit einen Preis hat, den wir für unsere Freiheit zahlen müssen.

Bislang ist die Nationale Sicherheitsstrategie also ein Papiertiger, der in die Praxis überführt werden muss. Konkrete Maßnahmen gibt es kaum oder sie müssen sich erst noch beweisen. Die Ampel muss nachsitzen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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