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Prominente kritisieren Asylpolitik in offenem Brief – diese haben unterzeichnet


Offener Brief zur Asylpolitik
Prominenten-Protest gegen Bundesregierung

Von t-online, lec, wan

Aktualisiert am 04.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Herbert Grönemeyer gehört zu den Unterzeichnern des offenen Briefes zur Asylpolitik.Vergrößern des Bildes
Herbert Grönemeyer gehört zu den Unterzeichnern des offenen Briefes zur Asylpolitik. (Quelle: dpa)

In einem offenen Brief fordern zahlreiche deutsche Prominente bessere Bedingungen für Asylbewerber in Deutschland. Sie werfen der Regierung Wortbruch vor.

In einem offenen Brief sprechen sich zahlreiche deutsche Prominente für eine humanere Asylpolitik der Bundesregierung aus. Zu den mehr als 50 Unterzeichnern gehören unter anderem Stars wie Herbert Grönemeyer, die Schauspielerin Nina Hoss und Benno Fürmann, die Band Deichkind oder der Moderator Klaas Heufer-Umlauf. Ausgangspunkt des offenen Briefes war eine Initiative der Nichtregierungsorganisation (NGO) "#LeaveNoOneBehind". Diese veröffentlichte den Brief auch auf Instagram.

In dem Brief werden vor allem die angeblich prekären Bedingungen von Asylsuchenden kritisiert. So würden Menschen an den Außengrenzen der EU eingesperrt und erhielten in Asyl-Schnellverfahren "schlechtere Standards". Die Prominenten werfen der Bundesregierung zudem vor, ihrer Politik nicht treu geblieben zu sein: So hätten sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag noch für bessere Standards von Asylverfahren ausgesprochen. "Statt die versprochenen Verbesserungen voranzutreiben, wollen Sie nun den massivsten Asylrechtsverschärfungen jemals zustimmen", heißt im Protestbrief.

"Schreibt euren Abgeordneten! Verhindert Asylrechtverschärfungen", forderte Herbert Grönemeyer in den Kommentaren zum Aufruf.

Ausweitung sicherer Drittstaaten

Zudem plane die Bundesregierung eine Ausweitung sicherer Drittstaaten, dadurch könnten auch Asylanträge von Menschen aus Herkunftsländern wie Syrien oder Afghanistan in Zukunft häufiger abgelehnt werden. Im Brief heißt es dazu: Die Bundesregierung solle "Verbesserungen des Asylrechts vorantreiben, statt weiteren Verschlechterungen zuzustimmen".

Der Vorwurf, die Bundesregierung sei von ihrer im Koalitionsvertrag geplanten Politik abgekommen und drifte mehr und mehr in Richtung Populismus ab, wird im Brief als "Wettstreit der Unwürdigkeit" bezeichnet. So sehe man aus Sicht der Unterzeichner, dass der "Populismus auch in Deutschland die Oberhand" gewinne und Lösungen "im Sinne und Dienste einer universell gültigen Menschlichkeit auf der Strecke bleiben".

Hintergrund für den Brief ist eine Beratung der EU-Innenminister über eine seit Jahren strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) am kommenden Donnerstag. Gerade Staaten an den Außengrenzen haben ein Interesse daran, hier eine Einigung zu erzielen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob ein Teil der Asylverfahren an die Außengrenzen verlagert werden kann, wie es ein Vorschlag der EU-Kommission von 2020 vorsieht.

Jüngst hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sich dafür ausgesprochen. Damit schlägt die Bundesregierung einen deutlich schärferen asylpolitischen Kurs ein als im Koalitionsvertrag vorgesehen.

Baerbock will Ausnahmen für Minderjährige – Kritik der Union

In den laufenden EU-Verhandlungen über neue gemeinsame Asylregeln will sich die Bundesregierung nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock und Bundesfamilienministerin Lisa Paus für Ausnahmen für Minderjährige und Familien einsetzen. Die Ampelregierung habe sich darauf verständigt, "Familien mit Kindern unter 18 Jahren sowie alle unbegleiteten Minderjährigen generell aus den vorgesehenen Asylverfahren an den EU-Grenzen auszunehmen", sagte Paus (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur.

Die Union kritisiert die Ankündigung der Bundesregierung, bei der EU-Asylreform darauf zu dringen, dass mehr Minderjährige und ihre Familien von den angestrebten Verfahren an den EU-Außengrenzen ausgenommen werden. Die Regierung versuche, den Ursprungsvorschlag der EU-Kommission "an verschiedenen Stellen weiter aufzuweichen", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag). "Wenn man Familien von den Verfahren an den Außengrenzen ausnimmt, schwächt das den Ansatz." Auf deren Bedürfnisse müsse und könne in den Verfahren selbst Rücksicht genommen werden.

Hintergrund der EU-Beratungen sind gestiegene Flüchtlingszahlen. Seit Monaten versuchen sehr viele Menschen, von Nordafrika aus über die gefährliche Mittelmeerroute Süditalien zu erreichen. Nach Angaben aus Rom kamen seit Januar mehr als 50.000 Migranten auf Booten nach Italien. Dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge starben seit Jahresbeginn bei den Überfahrten mehr als 980 Menschen oder werden seither vermisst. In Deutschland wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres gut 100.000 Asylerstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entgegengenommen, eine Zunahme um rund 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Haßelmann warnt vor Aushöhlung des Asylrechts

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann hat vor einer Aushöhlung des Asylrechts gewarnt. "Wir brauchen endlich eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems", sagte sie der Funke-Mediengruppe (Sonntag). Noch sei in den "extrem schwierigen" Verhandlungen in Brüssel nichts entschieden. "Viele EU-Mitgliedsländer vertreten eine restriktive Linie und wollen den Vorschlag der Kommission noch restriktiver machen. Da halten wir dagegen."

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hält eine jährliche Obergrenze für den Zuzug von Migranten für notwendig. "Wir haben in den Jahren ab 2015 miteinander einen Konsens erzielt, [...] dass die Grenze irgendwo bei 200.000 Personen ist, die wir hier gut integrieren können", sagte der CDU-Politiker am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin".

Verwendete Quellen
  • instagram.com: Aufruf bei Leavenoonebehind
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