Neuer Koalitionsstreit? Grüne wollen deutlich höhere Förderung für Heizungstausch
Der Streit um den Heizungstausch geht weiter. Die Grünen wollen besonders Geringverdiener stärker unterstützen, doch dazu fehlt die Unterstützung der Ampel-Partner.
Die Grünen im Bundestag haben für den Heizungstausch ein Konzept über eine stärkere soziale Staffelung mit einer höheren staatlichen Förderung vorgelegt. Die finanzielle Förderung solle vor allem für Geringverdiener deutlich ausgeweitet werden und könnte bis zu 80 Prozent der Kosten umfassen, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge in Berlin auf einer Fachtagung der Grünen. "Menschen mit wenig Einkommen erhalten mehr Förderung als diejenigen mit hohen Einkommen." Der Vorschlag geht deutlich über den der Bundesregierung hinaus – und sorgt damit für Unmut in den Ampel-Reihen.
Die FDP lehnte den Vorstoß umgehend ab. "Natürlich werden wir einkommensschwache Haushalte unterstützen. Aber was die Grünen-Fraktion hier vorschlägt, lässt sich aus meiner Sicht nicht umsetzen", sagte der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, dem "Tagesspiegel".
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FDP: Unklare Finanzierung und "enorm bürokratisch"
Es sei zum einen "völlig unklar", wie die Unterstützung finanziert werden solle und darüber hinaus sei eine Staffelung nach Einkommen "enorm bürokratisch", so Dürr. Er befürchte, dass für eine individuelle Prüfung erst eine Behörde gegründet werden müsse.
"Besser wäre, wenn solch gigantische Fördermaßnahmen gar nicht erst notwendig wären, weil es günstigere Lösungen gibt und die Menschen ihre Gasheizungen mit klimaneutralen Kraftstoffen betreiben können", forderte Dürr. Dafür werde man sich nun im Gesetzgebungsverfahren bemühen. Dazu, wie hoch die Mehrkosten für ihren Vorschlag ausfallen würden und wie sie finanziert werden könnten, steht nicht im Papier der Grünen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte die umstrittenen Pläne zum Heizungstausch. Die Politik müsse Probleme lösen und sie beherzt angehen – "auch wenn es schwierig ist und wehtut", sagte er. Er hatte sich zuvor bereits für eine stärkere Staffelung bei der Förderung ausgesprochen, konnte sich innerhalb der Regierung damit aber nicht durchsetzen.
Stufenweise Förderung je nach Einkommen
Der Vorschlag der Grünen-Fraktion sieht nun konkret vor, bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten einer neuen, klimafreundlichen Heizung zu übernehmen. Von dieser Maximalförderung sollten Menschen mit einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu 20.000 Euro im Jahr profitieren. Der Fördersatz soll stufenweise sinken, je mehr das Einkommen steigt. Menschen mit einem zu versteuerndem Haushaltseinkommen von bis zu 60.000 Euro sollen eine Förderung von 40 Prozent der Gesamtkosten erhalten.
Auch die geplante ergänzende Kreditförderung für den Heizungsumstieg über die staatliche Förderbank KfW wollen die Grünen an sozialen Kriterien ausrichten. "Zinskonditionen und Tilgungszuschüsse sind entsprechend günstiger, je niedriger das Einkommen und je höher die Zuschussförderung ausfällt." Gerade Menschen mit wenig Einkommen, darunter viele Rentner, müssten die Kreditlinien in Anspruch nehmen können.
Zum Vergleich: Das aktuelle Förderkonzept sieht für alle Bürger im selbst genutzten Wohneigentum eine Grundförderung für den Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung von 30 Prozent der Investitionskosten vor. Zusätzlich soll es unter bestimmten Voraussetzungen Zuschläge in Form von "Klimaboni" von zusätzlich 10 bis 20 Prozent geben. Mehr zu den aktuell geplanten Förderungen lesen Sie hier.
Bei SPD herrscht Uneinigkeit
Beim dritten Ampel-Partner, der SPD, ist man unterdessen uneins, wie der Heizungstausch gefördert werden soll. "Klimaneutrales Heizen müssen sich auch Haushalte mit weniger Einkommen leisten können", sagte etwa Katja Mast, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, dem "Tagesspiegel".
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zeigte sich ebenfalls offen für gestaffelte Unterstützung, warnte aber auch vor möglichen Problemen. "Aber wir dürfen es nicht so kompliziert machen, dass jemand im Havariefall über Monate nicht weiß, wie viel Geld er vom Staat bekommt", sagte Geywitz am Donnerstag in Weimar. Eine umfängliche Prüfung der Eigentums- und Vermögensverhältnisse könne dauern. Betroffene Hausbesitzer müssten aber "ganz schnell wissen, krieg ich 30, 40 oder 50 Prozent Zuschuss". Deshalb sei sie "offen für noch weitere soziale Differenzierung."
Dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, geht der Vorstoß der Grünen hingegen noch nicht weit genug, wie er am Freitag nach einem Treffen der SPD-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern in Mainz sagte. Er störe sich an der vorgesehenen Grenze von 20.000 Euro zu versteuernden Haushaltseinkommen. Es gebe Menschen, die über ein höheres zu versteuerndes Einkommen verfügten und trotzdem große finanzielle Herausforderungen hätten.
"Mir geht es eher darum, genau die Mitte der Gesellschaft zu erreichen", sagte Mützenich weiter. Im Blick habe er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Familien, die sich für Wohneigentum entschieden hätten und über ein Jahreseinkommen von vielleicht 50.000 bis 60.000 Euro verfügten.
Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit soll der Abschied von Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden. Eine sofortige Austauschpflicht für Heizungen in Bestandsgebäuden gibt es nicht. Falls ein Gerät kaputtgeht und nicht mehr repariert werden kann, gibt es Übergangsfristen. Heizkessel sollen nur noch bis Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können.
- Vorabmeldung Tagesspiegel
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa