"Bestehen keine Zweifel mehr" AfD-Jugend als rechtsextremistisch eingestuft
Jahrelang hat der Verfassungsschutz die Junge Alternative als Verdachtsfall beobachtet. Nun steht fest: Die Vereinigung verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.
Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz inzwischen als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet. Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mitteilte, werden neben der Jungen Alternative (JA) nunmehr auch zwei weitere Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten – das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein "Ein Prozent" – von der Behörde entsprechend eingestuft. Alle drei Vereinigungen waren bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle vom Inlandsnachrichtendienst bearbeitet worden.
"Es bestehen keine Zweifel mehr, dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen", sagte BfV-Präsident Thomas Haldenwang. "Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet."
"Generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems"
In der Mitteilung seiner Behörde heißt es: "Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht". Migranten außereuropäischer Herkunft würden von der Jungen Alternative als "grundsätzlich nicht integrierbar" ausgegrenzt.
Insbesondere Zuwanderern mit – vermeintlich – muslimischem Hintergrund würden in pauschaler Weise negative Eigenschaften zugesprochen, wie kulturelle Rückständigkeit und ein stark ausgeprägter Hang zu Kriminalität und Gewalt. Der JA gehe es bei der Diffamierung und Verunglimpfung politischer Gegner offensichtlich nicht um eine politische Auseinandersetzung, "sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland".
"Verstöße gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip"
Im vergangenen Oktober hatte die JA den AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck zu ihrem Bundesvorsitzenden gewählt. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt, dessen bekanntester Vertreter der Verleger Götz Kubitschek ist.
Die vom IfS propagierte Vorstellung, "dass es ein deutsches Volk jenseits des im Grundgesetz als der Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen definierten Staatsvolkes gebe, impliziert eine Herabsetzung von eingebürgerten Staatsangehörigen zu Deutschen zweiter Klasse", heißt es in der Mitteilung des Verfassungsschutzes. Zudem lassen sich nach Einschätzung des Geheimdienstes bei dieser Vereinigung "Verstöße gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip feststellen". Im Netzwerk der Neuen Rechten besetzt das IfS aus Sicht des Verfassungsschutzes eine strategisch wichtige Rolle.
Zunahme verfassungsfeindlicher Äußerungen
Der Verein "Ein Prozent" propagiert nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Positionen, die rassistisch, migranten-, fremden- und muslimfeindlich sind. In den vergangenen Jahren sei eine Zunahme verfassungsfeindlicher Äußerungen festgestellt worden.
Die AfD hatte versucht, die Beobachtung der JA und der Gesamtpartei als Verdachtsfall jeweils mit juristischen Mitteln zu verhindern. Beide Klagen scheiterten jedoch vor dem Verwaltungsgericht Köln. Die Partei legte später Berufung gegen die Urteile ein. Das Verfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.
Bei einem Verdachtsfall liegen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann dann personenbezogene Daten auswerten und speichern. Das Bundesamt kann auch bei Verdachtsfällen bereits unter strengen Voraussetzungen schon nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also heimlich Informationen beschaffen – etwa durch Observation oder das Anwerben von Informanten. Nach einer gewissen Zeit, deren Dauer auf Bundesebene nicht gesetzlich geregelt ist, entscheidet der Verfassungsschutz, ob sich der Verdacht erhärtet oder nicht.
"Unfriedliche Verhaltensweisen"
Die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung hat konkrete Folgen: Die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird anders bewertet. Wird zu jemandem, der einer extremistischen Bestrebung zugerechnet wird, eine Sicherheitsüberprüfung vorgenommen – etwa weil er eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen beantragt – fällt das, was der Verfassungsschutz dafür zuliefert, anders aus. Der Verfassungsschutz berichtet zudem ausführlicher über die ihm vorliegenden Erkenntnisse.
"Es ist Aufgabe und Pflicht des BfV, zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Öffentlichkeit über solche Bestrebungen aufzuklären", sagte Haldenwang. Das Propagieren von Feindbildern und das Schüren von Ressentiments in der Bevölkerung seien generell geeignet, "den Boden für unfriedliche Verhaltensweisen gegenüber den Betroffenen zu bereiten".
- Nachrichtenagentur dpa