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Migration: Grünen-Realos fordern neuen Kurs in der Politik


"Falsche Hoffnungen"
Migration: Palmer und die Realos machen Ernst

Von dpa
Aktualisiert am 20.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Boris Palmer: Der Tübinger Oberbürgermeister gehört zu den Unterzeichnern des Manifests der Gruppe «Vert Realos», die einen neuen Kurs in der Flüchtlingspolitik fordert.Vergrößern des Bildes
Boris Palmer: Der Tübinger Oberbürgermeister gehört zu den Unterzeichnern des Manifests der Gruppe "Vert Realos", die einen neuen Kurs in der Flüchtlingspolitik fordert. (Quelle: ULMER Pressebildagentur/imago-images-bilder)
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Nach der Berliner Wiederholungswahl kritisiert eine Gruppe von Grünen-Realpolitikern die Flüchtlingspolitik in Deutschland. Sie fordern einen neuen Kurs.

Eine Gruppe von sogenannten Realpolitikern bei den Grünen fordert einen neuen Kurs in der Migrationspolitik. Es sei auch in Deutschland ein Rechtsruck zu befürchten, falls Bürgerinnen und Bürger weiter ihr Sicherheitsgefühl einbüßten, heißt es in einem Manifest der Gruppe "Vert Realos". Zu den Unterzeichnern gehören Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der frühere Grünen-Bundestagsfraktionschef Rezzo Schlauch und die Ex-Europaparlamentarierin Rebecca Harms. "Vert" heißt im Französischen "Grün".

Die Forderung nach einer Neuorientierung kommt kurz nach der Wiederholungswahl in Berlin, bei der die Grünen hauchdünn hinter der SPD auf dem dritten Platz landeten – aber weit hinter dem Wahlsieger CDU. Ein großes Thema der Abstimmung waren die Randale in der Silvesternacht in der Hauptstadt. Die Grünen hatten sich anschließend über Äußerungen von CDU-Politikern in der Integrationspolitik empört.

Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten

Es gebe immer noch "kein Konzept für eine gelungene Integration oder die konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat, sobald sich dies verantworten lässt oder sie selbst es wollen", heißt in dem Memorandum der Grünen-Realos. "Die Migrantinnen und Migranten wissen nicht, was von ihnen erwartet wird und machen sich mit falschen Hoffnungen auf den weiten Weg." Es werde kaum zwischen Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten unterschieden.

Asylempfängerinnen und -empfänger müssten sich einordnen in die "geschichtlich gewachsene gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland", lautete eine Forderung aus dem Manifest. Die Gewährung von Asyl setze auch voraus, dass Asylbewerber beim Aufnahmeverfahren mitwirken und nicht straffällig werden. "Ansonsten verfällt das Asylrecht und damit das Aufenthaltsrecht, was auch eine (möglichst zügige) Abschiebung nach sich ziehen muss."

Zustimmung für das Manifest kam von der FDP. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai schlug vor, über einen neuen Kurs in der Migrations- und Integrationspolitik zu sprechen. "Wir brauchen dringend in Deutschland eine Migrations- und Integrationspolitik, die im Einklang mit der Realität ist, im Interesse unseres Landes ist und die Sorgen der Bürger nicht ignoriert", sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur. Und: "Die katastrophalen Fehler der Merkel-Jahre dürfen sich nicht wiederholen."

Irreguläre Migration unterbinden

Nach der Berlin-Wahl hatte FDP-Chef Christian Lindner gefordert, Lehren für die Politik der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene zu ziehen – ein Punkt: die Integrationspolitik. Lindner sagte, die Menschen ließen sich die "Beobachtungen von nicht gelingender Integration im Alltag" nicht von politisch korrekten Argumenten ausreden. Es gebe eine ganz klare Erwartung, irreguläre Migration nach Deutschland zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund kommt nun das Memorandum der Grünen-Realos. Für die Parteispitze droht die Debatte, die darauf folgen dürfte, ungemütlich zu werden.

Verhaltener als bei der FDP fiel die Reaktion bei der SPD aus. "Arbeitsgruppen und Gesprächskreise aus einzelnen Parteimitgliedern mögen medial von Interesse sein, spielen für die praktische Arbeit der Koalition aber keine Rolle", sagte Generalsekretär Kevin Kühnert den Partnerzeitungen der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft".

Die Angelegenheiten der Koalition würden zwischen den gewählten Verantwortlichen der drei Parteien und Fraktionen geregelt. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese sagte demnach: "Der innerparteiliche Vorstoß innerhalb der Grünen muss zuallererst dort diskutiert werden. Wenn das dann auf der Bundesebene zu mehr Pragmatismus in diesen Zeiten führt, dann schauen wir uns das natürlich an."

Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen

Am Donnerstag hatten Bund, Länder und Kommunen bei einem Treffen in Berlin eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vereinbart. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, zeigte sich allerdings mit den Ergebnissen des sogenannten Flüchtlingsgipfels in der Summe unzufrieden.

Palmer hat im Januar seine dritte Amtszeit als Oberbürgermeister Tübingens angetreten. Seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruht bis Ende 2023 wegen eines Streits um Tabubrüche und Rassismusvorwürfe. Nach Palmers jüngstem Wahlsieg hatten sich mehrere Politiker des Realo-Flügels für eine Wiederannäherung zwischen ihm und der Partei ausgesprochen.

Verwendete Quellen
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