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Rente | Politiker zu Vorschlägen von Wirtschaftsweiser: "Geradezu unanständig"


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Vorstoß von Wirtschaftsweiser
"Diese Rentenvorschläge sind geradezu unanständig"


Aktualisiert am 11.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Rentnerin (Symbolbild): Eine Ökonomin fordert, besonders hohe Renten künftig abzuschmelzen. (Quelle: dragana991/getty-images-bilder)

Die Chefin der Wirtschaftsweisen fordert eine umfassende Reform des Rentensystems. In der Politik sind ihre Ideen heftig umstritten.

Das Rentensystem steht unter Druck: Immer weniger junge Menschen müssen mit ihren Beiträgen die Zahlungen an immer mehr Rentnerinnen und Rentner finanzieren.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will deshalb bald ein neues Gesetzespaket vorlegen. Mit diesem soll das Rentenniveau gesichert werden, wie im Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP vereinbart. Gleichzeitig soll das Renteneintrittsalter aber nicht weiter ansteigen und der Beitragssatz kaum hochgehen.

Das aber wird nicht ausreichen, hat nun die Ökonomin Monika Schnitzer in einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" kritisiert. Die Politik müsse an allen vorhandenen Stellschrauben drehen, denkt die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen. Das heißt: Die Menschen sollten länger arbeiten und die Versicherungsbeiträge erhöht werden. Auch müssten die Renten ihrer Vorstellung nach langsamer steigen – und besonders hohe Renten künftig abgeschmolzen werden. Hier lesen Sie mehr dazu.

Das Rentenniveau

zeigt die Relation zwischen der Höhe einer Rente und dem durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers beziehungsweise einer Arbeitnehmerin. Bei der Höhe der Rente werden 45 Jahre Beitragszahlung auf Basis eines durchschnittlichen Einkommens zugrunde gelegt.

Renten kürzen, um das System zu stabilisieren? Schnitzers Forderungen sorgen auch im politischen Berlin für Diskussionen. Manche Parteivertreter können den Forderungen durchaus zustimmen, andere haben eigene Vorschläge.

"Kürzung der Renten kommt nicht infrage"

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, widerspricht Ökonomin Schnitzer deutlich: "Eine Kürzung der Renten kommt nicht infrage", sagt der Abgeordnete t-online. "Die Menschen haben ein Arbeitsleben lang dafür eingezahlt."

Zur Stabilisierung der Rentenversicherung setze die FDP-Fraktion auf eine Vergrößerung der Zahl der Einzahler, also die der Arbeitskräfte. Dies solle durch "ein ehrgeiziges Fachkräftezuwanderungsgesetz" erreicht werden.

Beim Rentenpaket von Arbeitsminister Heil komme es darauf an, "dass die Aktienrente erfolgreich umgesetzt wird", so Kober, "damit sie die gesetzliche Rentenversicherung auch wirklich entlastet und so die langfristige Finanzierung sichergestellt ist."

"Astronomische Rentenansprüche" verhindern

Anders sieht das der rentenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald: "Der Idee, hohe Renten abzuflachen, kann ich durchaus etwas abgewinnen", sagt der Oppositionspolitiker t-online.

Zudem findet er, dass auch auf "hohe Einkommen über 7.300 Euro brutto im Monat" Rentenbeiträge erhoben werden sollten. Mehr zu dieser sogenannten Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung lesen Sie hier.

Um dann zu verhindern, dass für Spitzenverdienerinnen und -verdiener "astronomische Rentenansprüche" entstünden, müssten diese gekappt werden, so Birkwald: "Rentenanwartschaften, die das Doppelte der Standardrente überschreiten, sollten im höchsten verfassungsmäßig zulässigen Maße abgeflacht werden".

Außerdem sollten seiner Meinung nach auch Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in die Rentenversicherung einzahlen müssen.

Eine Anhebung der Altersgrenze, wie von Schnitzer vorgeschlagen, lehnt er hingegen strikt ab: Das bedeute "für viele Menschen Maloche bis zum Tode". Im Gegenteil sollten Menschen, die in körperlich anstrengenden Berufen arbeiten, früher als momentan in Rente gehen: "Krankenschwestern zum Beispiel, die 40 Jahre lang Patientinnen und Patienten gehoben haben oder Fliesenleger, die 40 Jahre auf den Knien gearbeitet haben, müssen ab 60 abschlagsfrei in Rente gehen können", fordert der Linkenpolitiker.

Vorschläge sind "unsäglich und geradezu unanständig"

Das sieht Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband ähnlich: Eine längere Lebensarbeitszeit bedeute für viele Menschen in solchen Berufen faktisch eine Rentenkürzung, weil sie nicht bis zum regulären Alter durchhielten und damit Abschläge in Kauf nehmen müssten. Die Vorschläge der Wirtschaftsweisen bezeichnet er im Gespräch mit t-online deshalb als "unsäglich und geradezu unanständig".

Der Soziallobbyist fordert eine umfassende Reform. "Es braucht eine Bürgerrente, in die alle einzahlen", so das ehemalige Mitglied der Linkspartei, "und eine Mindestrente in auskömmlicher Höhe."

"Steigender Anteil für die Rente kleinerer Einkommen"

Der CDU-Rentenexperte Kai Whittaker hingegen gibt der Ökonomin Schnitzer dahingehend recht, dass an allen Stellschrauben gedreht werden müsse. "Allein später in Rente gehen und mehr einzahlen wird nicht reichen", sagt der Oppositionspolitiker.

Mit seinem Fraktionskollegen Markus Reichel hat er deshalb ein eigenes Modell erarbeitet: Ohne Deckelung sollten künftig auf alle Einkommen Beiträge gezahlt werden, schlagen sie vor. "Mit steigendem Einkommen würde dann ein steigender Anteil in die Umverteilung für die Rente kleinerer Einkommen fließen", sagt Whittaker t-online.

"Gleichzeitig müssen wir aber auch den Leuten Sicherheit geben, denn sie wollen wissen, was sie am Ende an Rente rausbekommen", so der CDU-Politiker.

Ampel will Niveau auf 48 Prozent sichern

Arbeitsminister Heil von der SPD hatte im vergangenen Frühjahr angekündigt, die Vorhaben zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Kapitalstocks umzusetzen. Dies war eigentlich schon bis zum Jahresende 2022 geplant gewesen.

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, das Mindestrentenniveau dauerhaft auf dem derzeitigen Stand von 48 Prozent zu sichern. Bei der von der FDP forcierten Aktienrente geht es um den Aufbau eines Kapitalstocks, der mit seinen Erträgen in Zukunft die Finanzierung der Rente erleichtern soll.

Dazu haben die Ampel-Parteien vereinbart, in einem ersten Schritt zehn Milliarden an die gesetzliche Rentenversicherung als Kapitalstock für den Fonds zu zahlen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Matthias W. Birkwald (Linke) am 10. Januar 2023
  • Anfrage an Pascal Kober (FDP) am 10. Januar 2023
  • Anfrage an Ulrich Schneider (Paritätischer Gesamtverband) am 10. Januar 2023
  • faz.net: "Lasst alle für die Rente zahlen" (kostenpflichtig)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
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