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Gaspreisbremse, Steuern: Bundestag beschließt viele Entlastungen


Bürgergeld, Steuern, Wohngeld
Bundestag beschließt umfangreiche Entlastungen

Von dpa
Aktualisiert am 11.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Der Bundestag hatte eine Mammut-Sitzung am Donnerstag.Vergrößern des Bildes
Der Bundestag hatte eine Mammut-Sitzung am Donnerstag. (Quelle: IMAGO/Christian Spicker)
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Nach teils hitzigen Debatten hat der Bundestag über mehrere Gesetzesvorhaben der Ampelkoalition abgestimmt. Viele der Beschlüsse sollen die Bürger entlasten.

Der Bundestag hat in einer bis in den Morgen dauernden Sitzung zahlreiche Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, mit denen Bürger entlastet werden sollen. Einige müssen aber noch vom Bundesrat bestätigt werden.

Beim Bürgergeld stehen die Chancen zum Beispiel schlecht: Nach der Bundestagsentscheidung für ein neues Bürgergeld hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit einer Blockade des Gesetzes im Bundesrat gedroht. "Das Bürgergeld ist im Bundesrat so nicht zustimmungsfähig", sagte der CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hat sich gegen das Koalitions-Modell ausgesprochen. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Entscheidungen.

Entlastungen

  • Bürgergeld: Der Bundestag hat das von der Ampel-Koalition geplante Bürgergeld auf den Weg gebracht. SPD, Grüne und FDP stimmten mit ihrer Mehrheit für das Gesetz. Das Bürgergeld soll mit dem Jahreswechsel schrittweise das heutige Hartz-IV-System ablösen. Allerdings ist dafür noch eine Zustimmung im Bundesrat nötig, der voraussichtlich am Montag darüber entscheidet. Die Union hat damit gedroht, das Bürgergeld dort zu blockieren, weil es aus ihrer Sicht die Motivation senkt, eine Arbeit anzunehmen.
  • Steuerentlastung: Von dem im Bundestag beschlossenen Gesetz sollen 48 Millionen Steuerzahler profitieren. Die Auswirkungen der hohen Inflation auf die Einkommensteuer - die sogenannte kalte Progression – sollen damit komplett ausgeglichen werden. So steigt der Grundfreibetrag, auch soll der Spitzensteuersatz erst bei einem höheren Einkommen greifen. Zudem wird das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind angehoben. Das bedeutet für das erste und zweite Kind ein Plus von 31 Euro und für das dritte Kind ein Plus von 25 Euro im Monat.
  • Wohngeld-Reform: Mehr Haushalte in Deutschland sollen ab Januar mit einem staatlichen Mietzuschuss entlastet werden: Zu den bisher 600.000 Wohngeld-Haushalten sollen bis zu 1,4 Millionen weitere dazukommen. Das Wohngeld soll außerdem um durchschnittlich 190 Euro im Monat aufgestockt werden. Damit erhalten die berechtigten Haushalte künftig im Schnitt rund 370 Euro monatlich.
  • Unterbringung von Kindern: Die rund 250.000 Kinder und Jugendlichen, die in einer Pflegefamilie oder im betreuten Wohnen aufwachsen, sollen sich nicht mehr an den Kosten ihrer Unterbringung beteiligen müssen. Der Bundestag beschloss am frühen Freitagmorgen einstimmig die Abschaffung der sogenannten Kostenheranziehung. Diese Reform bedarf allerdings noch der Zustimmung des Bundesrats.

Wirtschaftspolitik

  • CO2-Abgabe: Vermieter müssen sich künftig in vielen Fällen an der Klimaabgabe ihrer Mieter fürs Heizen beteiligen. Der sogenannte CO2-Preis wird nach einem Stufenmodell zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt. Je weniger klimafreundlich das Haus ist, desto mehr muss der Vermieter übernehmen. Bislang müssen Mieter die seit 2021 bestehende Abgabe zahlen, die helfen soll, den klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß zu senken.
  • Gaspreisbremse: Der Bundestag hat die erste Stufe der Gaspreisbremse mit Entlastungen in diesem Winter beschlossen. Geregelt wird mit dem am Donnerstagabend gebilligten Gesetz die Übernahme der Abschlagszahlung von einem Zwölftel des Jahresverbrauchs im Dezember. Angesichts der rasant gestiegenen Preise soll damit den gut 20 Millionen Gas- und Fernwärmekunden schnell geholfen werden. Sie können die Zahlung für Dezember auf Null setzen oder diese mit der nächsten Gas-Abrechnung erstatten lassen, was vor allem Mieter betreffen wird. Der Bund überweist den Versorgern für die Hilfen rund 8,9 Milliarden Euro aus dem Krisenfonds von insgesamt bis zu 200 Milliarden Euro. Davon profitieren jetzt Haushalts- und auch solche Gewerbekunden, die nicht mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden Gas im Jahr verbrauchen. Der Bundesrat soll am Montag in einer Sondersitzung das Vorhaben endgültig billigen.

Weitere Entscheidungen

  • Triage-Regelung: Menschen mit Behinderung und alte Menschen werden künftig bei knappen Behandlungskapazitäten auf Intensivstationen im Falle von Pandemien nicht benachteiligt. Triage bedeutet, dass Ärzte etwa bei zu wenigen Betten oder Beatmungsgeräten eine Reihenfolge festlegen, wer zuerst behandelt wird. Entschieden werden soll dem Gesetz zufolge in einem solchen Fall maßgeblich nach der "aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit" eines Patienten. Die nun beschlossene Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes muss noch durch den Bundesrat. Es ist aber nicht zustimmungspflichtig.
  • Wahlalter bei Europa-Wahlen: Bei der Wahl des Europaparlaments dürfen in Deutschland künftig auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Der Bundestag senkte am Donnerstagabend das Mindestalter für die Teilnahme an der Europawahl von 18 auf 16 Jahre ab. Die stellvertretende rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carmen Wegge, sprach von einer notwendigen Ausweitung der politischen Teilhabe: Alle gesellschaftlichen Protestbewegungen der vergangenen Jahre seien maßgeblich von jungen Leuten initiiert worden.
  • Vizepräsidenten-Posten: Die AfD ist erneut mit dem Versuch gescheitert, einen Vizepräsidenten-Posten im Bundestag zu bekommen. Ihr Kandidat Stephan Protschka konnte bei der Wahl am Donnerstag lediglich 83 Ja-Stimmen auf sich vereinen. 579 Abgeordnete stimmten gegen den agrarpolitischen Sprecher der AfD-Fraktion, 14 Parlamentarier enthielten sich. Seit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2017 war die AfD als einzige Fraktion noch nie im Parlamentspräsidium vertreten.
  • Wahlwiederholung in Berlin: Der Bundestag hat sich für die Wiederholung der Bundestagswahl in insgesamt 431 Berliner Abstimmungsbezirken ausgesprochen. Das Plenum folgte am späten Donnerstagabend mit den Stimmen der Koalition einer entsprechenden Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses, der mit der Teilwiederholung die Konsequenz aus den zahlreichen Pannen bei der Bundestagswahl im September 2021 ziehen will. Der Union ging die Teilwiederholung nicht weit genug, sie wollte in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise komplett neu wählen lassen. Der Beschluss sieht nun aber lediglich einen neuerlichen Urnengang in 431 von rund 2300 Abstimmungsbezirken vor, und zwar mit Erst- und Zweitstimmen.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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