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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Astrazeneca-Beschränkung Wackelt Merkels Impfversprechen jetzt? Das denken die Deutschen
Astrazeneca soll an weite Teile der Bevölkerung nicht mehr verimpft werden. Kippt jetzt das Impfversprechen der Regierung, bis Sommer jedem ein Impfangebot zu machen? Die Deutschen haben eine klare Meinung.
Der Erfolg der deutschen Impfkampagne wird zum Schluss an einem einzigen Satz gemessen: "Wir werden allen Deutschen bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot machen", erklärten Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn im Frühjahr unisono. Doch nach dem aktuellen Chaos um den Impfstoff von Astrazeneca und den damit verbundenen Beschränkungen auf Personen über 60 Jahre könnte das Versprechen der Regierung wackeln. So glaubt eine große Mehrheit der Deutschen nicht mehr daran, dass allen impfwilligen Bürger bis zum Sommer ein Impfangebot gemacht werden kann. Zu diesem Ergebnis kommt eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für t-online.
Demnach antworten fast 56 Prozent der Befragten auf die Frage "Denken Sie, dass bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot gemacht werden kann, nachdem AstraZeneca nur noch für Personen über 60 empfohlen wird?" mit "Nein, auf gar keinen Fall" oder "eher Nein". Lediglich 33,5 Prozent sind noch davon überzeugt, dass das Impfversprechen der Regierung eingehalten wird. Rund 10 Prozent sind unentschieden.
- Astrazeneca-Beschränkungen: Die wichtigsten Fragen zum Impfstoff-Chaos
Bund und Länder hatten am Dienstagabend nach einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) beschlossen, Astrazeneca in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahre einzusetzen. Jüngere sollen sich "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung" weiterhin damit impfen lassen können.
Auch in Union wenig Vertrauen
Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen. Erst Mitte März waren Astrazeneca-Impfungen nach einer einige Tage langen Impfpause und neuen Überprüfungen wieder angelaufen.
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Werden die Befragten nach ihrer Wahlabsicht sortiert, ergeben sich große Unterschiede: So glauben bei den Unionsanhängern immerhin noch 44,1 Prozent an das Versprechen ihrer Kanzlerin – gegenüber 44,7 Prozent, die nicht daran glauben.
Junge sind besonders skeptisch
Bei den Anhängern der übrigen Parteien überwiegen die Pessimisten deutlich: Bei den SPD-Sympathisanten glauben rund 48,3 Prozent nicht mehr an das Impfversprechen, bei den Grünen sind es 56,3 Prozent. Bei Anhänger der FDP (70,1 Prozent), Die Linke (67,1 Prozent) und schließlich der AfD (81,2 Prozent) hält ein Großteil der Befragten das Impfangebot für nicht mehr haltbar.
Ähnlich differenziert ist die Sichtweise, wenn nach Altersgruppen sortiert wird: Sagen noch 44,7 Prozent der über 65-Jährigen, dass bis zum Ende des Sommers jeder ein Impfangebot bekommen wird (gegenüber rund 44 Prozent, die nicht daran glauben), sind es bei den 50- bis 64-Jährigen schon nur noch 32,7 Prozent. In den Altersgruppen von 18 bis 49 Jahren ist gerade einmal noch jeder Vierte davon überzeugt, dass bis zum Sommer jeder eine Impfung erhalten haben wird.
Kanzlerin Merkel bekräftigte zu Beginn der Woche das Ziel, bis zum Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen. Auch Gesundheitsminister Spahn sprach von einem "Rückschlag", rief aber zugleich alle ab 60 auf, "dieses Impfangebot auch wahrzunehmen". Der Impfstoff sei sehr wirksam, gerade bei Älteren.
Zur Methodik: In die Umfrage flossen die Antworten von 5.055 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Menschen ein, die zwischen dem 31. März und dem 1. April 2021 online gefragt wurden: "Denken Sie, dass bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot gemacht werden kann, nachdem AstraZeneca nur noch für Personen über 60 empfohlen wird?" Der statistische Fehler für die Gesamtergebnisse beträgt 2,5 Prozent, für Teilgruppen kann er davon abweichen.
- Civey-Umfrage für t-online
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa