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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Corona-Talk bei Lanz Ramelow zeigt Reue: "Die Kanzlerin hatte recht"
Es war eine außergewöhnliche Ausgabe von "Markus Lanz". Das lag vor allem an Thüringens Ministerpräsidenten, der mit einem ehrlichen Schuldeingeständnis zur Corona-Krise beeindruckte.
Die erste halbe Stunde gehört komplett dem Thema Trump und dem Sturm des Kapitols am Vortag. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen ist aus Washington zugeschaltet und informiert über die Geschehnisse. Er hat dramatische Bilder dabei. Ebenfalls zugeschaltet sind der ehemalige US-Diplomat John Kornblum, Philosophin Susan Neiman und John Bolton, ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump.
Gewohnt souverän arbeitet Lanz die dramatischen Ereignisse auf – in diesen besonderen Situationen ist die Sendung einfach immer wieder sehenswert. Danach gibt es einen harten Break mit dem Wechsel zu den Studiogästen und der Fokussierung aufs Thema Pandemie. Es soll die One-Man-Show des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow werden.
Der Politiker der Linken wird gewusst haben, dass es ihm Lanz nicht einfach machen würde. Schließlich war er es, der in Thüringen glänzend durch den Sommer gekommen war und daher einen deutlich entspannteren Corona-Kurs einforderte als die Kanzlerin und viele seiner Kollegen. Noch kurz vor dem Lockdown im November kündigte er ein Veto an, entschied sich dann aber doch anders. Wenig verwunderlich, dass Lanz über Ramelow sagte: "Ein Mann, der in dieser Pandemie eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht hat."
"Ich habe mich von Hoffnungen leiten lassen"
Ramelow selbst sagt zu diesem persönlichen Wendepunkt:: "Der 28.10. war für mich einer der schärfsten Einschnitte in meinem Leben." Mit dem geplanten Veto ging er damals in die Konferenz mit der Kanzlerin und den anderen Ministerpräsidenten und wurde während der Konferenz darüber informiert, dass in seinem Bundesland die Zahlen gerade explodieren.
Der Ministerpräsident wirkt aufrichtig, als er eingesteht: "Ich habe mich von Hoffnungen leiten lassen, die sich als bitterer Fehler zeigen". Und er wird noch deutlicher mit seinem Schuldeingeständnis, als er über die Kanzlerin Angela Merkel sagt: "Sie hat recht gehabt und ich habe unrecht gehabt".
Seine Hoffnung, dass sich alle an die Regeln halten, wurde ihm zum Verhängnis und er wird noch deutlicher, als er sagt: "Diesem Virus ist das alles scheißegal" und weiter: "Mir wäre es am liebsten, wir würden vier Wochen eine Pause machen."
Ramelow macht ein klares Eingeständnis
Mehrfach stellt Ramelow heraus, dass weder die Kanzlerin noch seine Berater falschgelegen haben und er ganz allein für seine Einschätzung der Lage verantwortlich ist. Man muss schon lange überlegen, wann das letzte Mal ein deutscher Spitzenpolitiker öffentlich so klar seine Schuld eingestanden hat.
Das sieht auch die ebenfalls anwesende Prof. Alena Buyx so. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats stellt fest, dass sie sehr beeindruckt ist, "dass Herr Ramelow so deutlich zugibt, dass er da falschgelegen hat". Ein spannender Moment in der Sendung: Ein Politiker gesteht Fehler ein und statt Häme oder spitzer Bemerkungen gibt es Respekt für sein Eingeständnis. Etwas, das man viel häufiger im Fernsehen sehen möchte.
Ebenfalls in der Runde sitzen Prof. Dirk Brockmann, Digital-Epidemiologe vom RKI, der mit einigen interessanten Zahlen aufwarten kann, und der Leipziger Zeit-Redakteur Martin Machowecz. Beide sind am heutigen Abend aber allenfalls bessere Staffage. Letzterer fällt eigentlich nur dann weiter auf, wenn er mit Ramelow aneinandergerät und Ramelow lauter wird, beispielsweise bei der Debatte um die Konditionen, zu denen die Impfstoffe von der EU erworben wurden.
Ramelow: Impfen ist wichtiger als mein Ansehen
Die Medizinethikerin Buyx macht noch mal einen wichtigen Punkt beim Thema Arbeit: Sie möchte eine Umkehrung beim Homeoffice: Statt einem Appell, doch bitte ins Homeoffice zu gehen, sollte es besser begründungspflichtig werden, wieso man nicht geht. Spannender Ansatz!
Der letzte bemerkenswerte Satz der Sendung gehört dann aber wieder Ramelow, der weniger ein Problem mit dem Impfstoff an sich hat als damit, die Impfungen gemeldet zu bekommen. Er sagt: "Ich verliere lieber öffentlich Ansehen, weil wir die Statistik verlieren, aber tatsächlich weiß ich, die Menschen werden geimpft."
- Markus Lanz vom 7. Januar 2021