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Gesundheitsämter zur Infektionslage
"Ende der Woche haben wir wieder aussagekräftige Zahlen"

  • Annika Leister
Von Annika Leister

Aktualisiert am 06.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Im Feiertagseinsatz: Soldaten sind an Weihnachten in vielen Berliner Gesundheitsämtern eingesprungen.Vergrößern des Bildes
Im Feiertagseinsatz: Soldaten sind an Weihnachten in vielen Berliner Gesundheitsämtern eingesprungen. (Quelle: Patrick Scheiber/imago-images-bilder)
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Manche Gesundheitsämter arbeiteten an Weihnachten durch, andere machten frei. Die Infektionszahlen seien deswegen zurzeit viel zu niedrig, warnen Berliner Gesundheitsstadträte.

Lockdown oder kein Lockdown, Ausgangssperren oder nicht – in der Corona-Pandemie wird Politik von Infektionszahlen bestimmt. Die Zahlen werden von den Gesundheitsämtern erhoben und zur bundesweiten Erfassung an das Robert Koch-Institut gemeldet. Die Feiertage um Weihnachten und Silvester aber haben dafür gesorgt, dass diese Zahlen wenig repräsentativ sind: Viele Ämter machten zeitweise zu und meldeten an diesen Tagen gar keine Zahlen. Die Lage ist deswegen unübersichtlich, die gemeldeten Zahlen zu niedrig. Die Frage ist nur: Wie sehr und für wie lange noch?

"Wir werden im Laufe dieser Woche nachmelden", sagte Torsten Kühne (CDU), Gesundheitsstadtrat im Berliner Bezirk Pankow, am Dienstag zu t-online. "Zum Ende der Woche hin werden wir wieder aussagekräftige Zahlen haben." Pankow mit seinen mehr als 400.000 Einwohnern ist Berlins Spitzenreiter im Nicht-Melden: Vom 23. Dezember bis zum 4. Januar meldete das Pankower Gesundheitsamt an acht Tagen gar keine Infektionszahlen, wie aus der Statistik der Senatsgesundheitsverwaltung hervorgeht.

So einige Infektionsfälle auf Papier stapeln sich jetzt in Kühnes Amt. Sie werden in Berlin nach wie vor digital und per Fax gemeldet. Zum Glück, sagen zumindest die Gesundheitsstadträte, mehrfach schon sei das digitale System komplett zusammengebrochen. Doch wütende Pankower sprechen Kühne jetzt auf die nicht-gemeldeten Fälle an: Ob das Amt in der Pandemie einfach mal zwei Wochen Urlaub gemacht habe?

Melden an den Bund: "Kein Job für Aushilfskräfte"

Am 25. Dezember und 1. Januar habe man tatsächlich ganz geschlossen gehabt, räumt Kühne ein. An allen anderen Tagen aber habe man gearbeitet – nur eben mit reduzierter Mannschaft, deswegen auch konzentriert auf das Wesentliche. Für Kühne ist das die Kontaktnachverfolgung: positive Fälle dokumentieren, anrufen, über die Quarantänepflicht informieren, in Altenheimen die besonders Vulnerablen testen.

Trupps von studentischen Hilfskräften und Bundeswehrsoldaten helfen dabei in den meisten Berliner Bezirken schon lange. Das Melden der dokumentierten Fälle an den Bund hingegen sei eine "hoheitliche Aufgabe", sagt Kühne, die festangestellte Mitarbeiter übernehmen müssten – die aber hätten über Weihnachten gefehlt. "Der Gesundheitsdienst muss besser personell ausgestattet werden", moniert Kühne. "Für Pandemiezeiten sollte man einen 7-Tages-Betrieb aufbauen, den man rasch aktivieren kann."

Den hat Kühnes Kollege Detlef Wagner (CDU), Gesundheitsstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf, nach eigener Aussage über die Feiertage schon umgesetzt. "Wir haben durchgearbeitet", sagte Wagner t-online – nicht zuletzt zu verdanken habe man das Soldaten, die sich freiwillig zum Weihnachtsdienst gemeldet haben. In der Statistik der Gesundheitsverwaltung hat aber auch Wagners Bezirk an zwei Tagen null Fälle gemeldet. Das liege unter anderem daran, dass die Test-Labore nicht gearbeitet hätten, sagt Wagner. "Wir haben keine Meldungen von denen bekommen."

"Das gibt einen richtigen Ruck in der Statistik"

Doch Wagner will nicht mit dem Finger auf Kollegen zeigen. "Wir arbeiten alle mit dem Rücken zur Wand", sagt er. Jedes Amt, jede Institution, müsse für sich entscheiden, wie sie mit der seit Monaten extremen Belastung umgehe. Die Inzidenzzahlen zurzeit seien wegen der Feiertags-Aussetzer allerdings problematisch, auch im Hinblick auf die Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Dienstag. "Man sollte vorsichtig sein, anhand der Zahlen Politik zu machen." Wie Kühne schätzt auch Wagner, dass die Zahlen vermutlich ab Freitag "wieder aussagekräftiger" werden – und steigen werden. "Das gibt dann einen richtig großen Ruck in der Statistik."

Eine Steigerung erwartet auch Ephraim Gothe, Gesundheitsstadtrat im Berliner Corona-Hotspot Mitte. "Das Geschehen über Weihnachten ist noch nicht sichtbar", sagte er t-online. Zwei Tage hat auch sein Amt frei gemacht – am 25. Dezember und 2. Januar. Jetzt arbeite man nach. Ende der Woche, hofft er, habe man wieder das "gewöhnliche Arbeitspensum" erreicht. "Dann werden wir sehen, ob es zu Phänomen kommt wie zu Thanksgiving in den USA." An dem Feiertag Ende November waren viele Amerikaner entgegen der Empfehlungen gereist, die Infektionszahlen stiegen danach stark an.

Gothe hat mit Blick auf kommende Feiertage wie Ostern einen Wunsch für sein Top-Personal in der Pandemie: Ihre Überstunden sollten mit Geld entlohnt werden. Zuletzt seien nur 80 Überstunden ausgezahlt worden, der Rest soll über Zeitausgleich geregelt werden. "Damit fangen die Leistungsträger aber nichts an – die haben nie Zeit, um freizumachen." Die Mehrarbeit auszuzahlen könnte einen "starken Effekt" haben, glaubt Gothe – auch, um an Feiertagen zu arbeiten.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Torsten Kühne
  • Telefonat mit Detlef Wagner
  • Telefonat mit Ephraim Gothe
  • Statistik der Berliner Senatsgesundheitsverwaltung zur Verteilung der Corona-Infektionen in den zwölf Bezirken
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