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Markus Söder: Maskenpflicht abschaffen wäre "falsches Signal"


"Das falsche Signal"
Söder wirft Landespolitikern Verantwortungslosigkeit vor

Von afp, dpa, reuters, dru

Aktualisiert am 06.07.2020Lesedauer: 4 Min.
Hält die Maske für notwendig: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).Vergrößern des BildesHält die Maske für notwendig: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). (Quelle: Sven Hoppe/dpa)

In der Corona-Krise waren sich die Bundesländer zuletzt nur selten einig. Nun streiten sie darüber, ob der Mund-Nase-Schutz noch Sinn hat oder nicht. Bayerns Ministerpräsident Söder ist strikt gegen eine Abschaffung und rüffelt seine Kollegen.

Die Bundesländer streiten erneut über den richtigen Umgang mit der Corona-Krise. Knackpunkt diesmal ist das Tragen des Mund-Nase-Schutzes im Einzelhandel. Einige Länder wollen die Bedeckungspflicht gern zeitnah abschaffen oder denken zumindest darüber nach. München und Berlin lehnen das jedoch strikt ab. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verteidigte die Maskenpflicht und warnte, die Politik dürfe jetzt nicht "ein falsches Signal" senden. Seine Aussage sehen Sie auch oben im Video oder hier.

Die Debatte hatte am Wochenende der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Harry Glawe, ins Rollen gebracht. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagte der CDU-Politiker: "Wenn das Infektionsgeschehen so gering bleibt, sehe ich keinen Grund, länger an der Maskenpflicht im Handel festzuhalten." Aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bremen und Niedersachsen hieß es danach, auch sie wollten die Tragepflicht prüfen.

Bayerns Ministerpräsident Söder verwahrte sich am Montag gegen solche Überlegungen und kritisierte die Länderkollegen scharf. Im Freistaat werde man die Maskenpflicht auf keinen Fall lockern oder abschaffen, sagte der CSU-Chef vor einer Videokonferenz des Parteivorstands in München. "Die Maske ist eines der wenigen Instrumente, die gegen Corona helfen können."

Söder sagte weiter, die Politik dürfe jetzt nicht den Eindruck erwecken, es bestehe keine Gefahr mehr. "Erleichterung bedeutet nämlich nur, dass wir die Verantwortung wieder den Menschen geben." An seine Länderkollegen gerichtet fügte er hinzu: "Man hat manchmal den Eindruck, dass nicht jeder die Verantwortung in gleicher Weise wahrnimmt, wie wir das in der Situation bräuchten."

Spahn: Verstehe Wunsch nach Rückkehr zum Alltag

Zustimmung erhielt der bayerische Landeschef von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Es sei zu beobachten, sagte Kramp-Karrenbauer laut Teilnehmern in einer Videoschalte der engsten CDU-Spitze, dass immer mehr Menschen ohne Maske unterwegs seien. Da sei es das falsche Signal, die Maskenpflicht aufzuheben. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes sei weiterhin notwendig und wichtig, damit Deutschland gut durch die Pandemie komme.

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn warnte vor einer Aufhebung der Maskenpflicht im Handel. Er verstehe den Wunsch nach einer Rückkehr zum Alltag, sagt der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. Maske tragen sei nicht immer angenehm. "Aber wir sehen gerade in geschlossenen Räumen, wo insbesondere ein Mindestabstand nicht immer gewährleistet ist, da können eben Alltagsmasken einen Unterschied machen, um sich und vor allem um andere zu schützen. Und deswegen halte ich sie weiter für wichtig."

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Sogenannte Alltags- oder Communitymasken sollen vor allem das Risiko verringern, andere Menschen anzustecken, indem sie beim Husten, Niesen oder Sprechen ausgestoßene Tröpfchen und feine Aerosole abfangen. Dem Robert Koch-Institut zufolge gibt es bislang keine eindeutigen Belege, ein sogenannter Fremdschutz durch Masken sei aber "plausibel". Studien etwa der Universitäten in Mainz und in Hongkong kamen zu dem Ergebnis, dass Mund-Nasen-Bedeckungen die Corona-Ausbreitung teils erheblich reduzierten.

Arbeitgeber: Mund-Nase-Schutz ein "Konsumkiller"

Im Einzelhandel fürchtet man jedoch, dass die Maske den Menschen das Einkaufsvergnügen verdirbt. Die Allgemeine Arbeitgebervereinigung Hannover und Umgebung (AGV) nannte den Mund-Nase-Schutz einen "Konsumkiller". "Die Pflicht zum Tragen einer Maske hält zahlreiche Kunden erwiesenermaßen davon ab, Geschäfte und Restaurants aufzusuchen", sagte AGV-Geschäftsführer Volker Schmidt. Er plädierte dafür, die Maskenpflicht durch ein Maskengebot zu ersetzen, wo der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann.

In die gleiche Kerbe schlug die FDP. Sie forderte die Bundesregierung am Montag auf, eine Aufhebung der Pflicht für den Einzelhandel einzuleiten. "Die Maskenpflicht kann nicht von heute auf morgen wegfallen, sie kann aber auch nicht unendlich und ohne regionale Differenzierung aufrecht erhalten werden", erklärte FDP-Vizefraktionschef Michael Theurer. Die Regierung müsse deshalb "gemeinsam mit dem Einzelhandel einheitliche Kriterien für ein regional differenziertes Ausstiegsszenario aus der Maskenpflicht erarbeiten".

Sachsen: "Wir schauen uns das an"

Neben Mecklenburg-Vorpommern erwägen weitere Bundesländer eine Abschaffung. "Wir schauen uns gerade an, ob wir beim Einkaufen auf die Maskenpflicht verzichten können", sagte Sozialministerin Petra Köpping (SPD) der "Welt am Sonntag". Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) kann sich laut der Zeitung mittelfristig eine Änderung vorstellen. Bremen will das Thema im Senat diskutieren.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU), der am Wochenende eine Umwandlung der Maskenpflicht in eine Empfehlung vorgeschlagen hatte, ruderte indes am Montag zurück. "Ich spreche mich keinesfalls für eine völlige Aufhebung der Maskenpflicht aus", sagte der CDU-Politiker auf NDR Info. Das wäre viel zu früh. Nach der Sommerpause werde die Landesregierung darüber beraten, wie mit der Maskenpflicht umgegangen werde. Bereits am Sonntag hatte die Staatskanzlei in Hannover klargestellt: "Der Ministerpräsident ist nach wie vor der Auffassung, dass wir sehr vorsichtig sein müssen im Umgang mit dem Coronavirus."

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Glawe, der die Aufhebung der Maskenpflicht bereits für die Sitzung des Schweriner Kabinetts am 4. August in Aussicht gestellt hatte, wurde von seiner Staatskanzlei ausgebremst. "Die Landesregierung hat gerade erst die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht bis August verlängert, weil sie wichtigen Schutz bietet", erklärte Regierungssprecher Andreas Timm am Sonntag. Erst wenn es Gespräche mit der Branche, den Sozialpartnern, Medizinern und den Kommunen gegeben habe, könnten Entscheidungen getroffen werden.

"Gefahr einer zweiten Welle nicht gebannt"

Mediziner warnten indes vor einer zu raschen Aufgabe der Maskenpflicht. "Die Gefahr einer zweiten Welle ist noch nicht gebannt", sagte der Rostocker Infektiologe Emil Reisinger der Deutschen Presse-Agentur. "Ich hoffe, dass wir da herumkommen, aber wir müssen vorsichtig sein." Die Maskenpflicht sei ein Ausdruck dieser Vorsichtsmaßnahmen. Das bestehende Abstandsgebot und die Maskenpflicht seien die besten Möglichkeiten zur weiteren Eindämmung der Corona-Pandemie. Reisinger verwies auf aktuelle Entwicklungen beispielsweise in Oberösterreich, wo nach einer Zeit der Lockerungen wieder Schulen geschlossen und weitere strenge Regelungen wieder eingeführt wurden.

Ähnlich hatte sich am Sonntag auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geäußert. "Die Maskenpflicht im Handel ist eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen das Coronavirus. Es wäre das völlig falsche Signal, diese Pflicht jetzt schon wieder aufzuheben", sagte Lauterbach der "Rheinischen Post". "Schafft eine Landesregierung die Maskenpflicht ab, experimentiert sie mit der Gesundheit der Menschen und erhöht das Risiko für eine zweite Infektionswelle."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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