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Zum journalistischen Leitbild von t-online.FDP-Ministerpräsident in Thüringen Wie konnte es zur Wahl von Kemmerich kommen?
Im Thüringer Landtag ist die Sensation da: Anstelle von Bodo Ramelow wurde FDP-Landeschef Thomas Kemmerich gewählt. t-online.de beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Politische Beobachter waren im Vorfeld sicher: Bodo Ramelow wird vom Landtag mit einer relativen Mehrheit zum Ministerpräsidenten in Thüringen gewählt. Dann folgte am Mittwochmittag der Paukenschlag. Nicht Ramelow wird zum Ministerpräsidenten, sondern völlig überraschend der FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich. Der hatte bei der Wahl im November nur gerade so mit seiner Partei den Einzug in den Landtag geschafft, und die Fünf-Prozent-Hürde mit nur 73 Stimmen übersprungen.
Was dies nun für die Landesregierung bedeutet, wie es zu der überraschenden Wahl kam und welche politischen Folgen sich daraus ableiten lassen, beantwortet t-online.de hier:
Warum ist der FDP-Landeschef Thomas Kemmerich nun Thüringens Ministerpräsident?
Im ersten und zweiten Wahlgang im Landtag lag der Linken-Kandidat und bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow vorn, verfehlte jedoch die absolute Mehrheit. Im dritten Wahlgang hätte ihm die relative Mehrheit gereicht um neuer Ministerpräsident zu werden. Doch die Entscheidung zwischen Kemmerich und Ramelow fiel denkbar knapp aus. Auf den bisherigen Regierungschef entfielen 44 Stimmen, Kemmerich erhielt 45 Stimmen. Es gab eine Enthaltung.
Wie kam es zur Wahl von Kemmerich?
Kemmerich wurde offensichtlich mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD gewählt. CDU-Chef Mike Mohring räumte ein, die CDU habe im dritten Wahlgang für den "Kandidaten der Mitte" gestimmt. Die AfD feierte sich im Nachhinein für den Sturz von Ramelow: "Die AfD hat den linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow abgewählt", schrieb der Landesverband im Kurzbotschaftendienst Twitter. Auf den Kandidaten der AfD entfiel keine einzige Stimme im dritten Wahlgang.
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Was bedeutet das für die rot-rot-grüne Minderheitsregierung, die Bodo Ramelow angestrebt hatte?
Die Minderheitsregierung, die Ramelow mit SPD und Grünen angestrebt hat, ist gescheitert. Zwar wurde bereits ein Koalitionsvertrag verabschiedet, dieser ist jedoch nun bedeutungslos.
Was bedeutet das für die Oppositionsparteien?
Noch ist die Wahl zu frisch, dies klar zu sagen. Doch zumindest die Thüringer Grünen haben die Unterstützung einer Regierung von Thomas Kemmerich (FDP) bereits ausgeschlossen. Seine Fraktion wähle die Rolle der Opposition, erklärte Fraktionschef Dirk Adams. "Die Unterstützung eines Ministerpräsidenten, der sich bewusst und voller Absicht mit den Stimmen der AfD in dieses Amt wählen lässt, steht für uns nicht zur Debatte."
Wie geht es nun weiter?
Kemmerich ist der zweite FDP-Ministerpräsident der Bundesrepublik. Anfang der Fünfziger Jahre gab es bereits das FDP-Mitglied Reinhold Maier, der Regierungschef in Baden-Württemberg war. Doch die Tatsache, dass Kemmerich bislang praktisch über keine Regierungsmehrheit im Landtag verfügt, ist neu. Möglich ist nun, dass er moderierend Gesetze einbringt, bei denen er jeweils neue Mehrheiten organisiert.
Möglich ist aber auch, dass die politische Situation dermaßen verfahren ist, dass es zu Neuwahlen in Thüringen kommt. Doch zunächst wird nun in der FDP und CDU beraten, wie die Parteien möglicherweise eine Minderheitsregierung bilden könnten, und wer welche Ressorts bei den Ministerien besetzen könnte.
- mit Material von dpa