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Horst Seehofer: So wollen die Behörden jetzt Rechtsextremismus bekämpfen


Alarmierende Zahlen
So soll der Rechtsextremismus jetzt bekämpft werden

Von t-online, job

Aktualisiert am 17.12.2019Lesedauer: 3 Min.
Thomas Haldenwang (li.), Holger Münch und Horst Seehofer: Die Behörden wollen stärker gegen Rechtsextremismus vorgehen.Vergrößern des Bildes
Thomas Haldenwang (li.), Holger Münch und Horst Seehofer: Die Behörden wollen stärker gegen Rechtsextremismus vorgehen. (Quelle: Hannibal Hanschke/reuters)

Die deutschen Behörden wollen stärker gegen den Rechtsextremismus vorgehen. Sie nennen alarmierende Zahlen. Und wollen vieles anders machen als bisher.

Die deutschen Behörden sehen die steigende Gewalt in der rechtsextremen Szene mit Sorge. "Mittlerweile liegt die Ursache der Hälfte aller politisch motivierten Körperverletzungen im rechtsextremen Bereich", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer. Es sei notwendig, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus stärker tätig zu sein.

Das zeigt auch eine weitere Entwicklung: Die Hälfte aller rechtsextremen Täter seien vorher nicht polizeibekannt gewesen, sagte der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Seehofer und dem Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang.

Zahl der "Gefährder" könnte erhöht werden

Das BKA prüfe derzeit, die Zahl der als rechtsextremistische "Gefährder" eingeordneten Personen zu erhöhen. Der Verfassungsschutz stuft derzeit 12.700 Rechtsextreme als gewaltbereit ein. Im Moment führt das BKA aber nur 48 Rechtsextreme als "Gefährder", denen jederzeit eine Straftat zugetraut wird und die entsprechend überwacht werden, und 126 Rechtsextreme als "relevante Personen". Das gelte es nun zu überprüfen.

Innenminister Seehofer, Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang und BKA-Chef Münch informierten auf der Pressekonferenz über die Neuorganisation der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Auch unter dem Eindruck des tödlichen Attentats auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) und des antisemitischen Anschlags in Halle bewilligte der Bundestag im November 600 neue Stellen für die Behörden.

300 der Stellen werden dabei dem BKA für den Kampf gegen den Rechtsextremismus zugute kommen, 300 dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Damit sei man nun "bei beiden Behörden auf der Höhe der Zeit", sagte Seehofer.

Neue Rechte und neue Medien stärker im Blick

Nicht nur das Personal wird breiter aufgestellt, auch die Beobachtung der Szene wird ausgeweitet. In der Vergangenheit habe man sich stark auf den gewaltorientierten Rechtsextremismus konzentriert, sagte Haldenwang. "Heute wissen wir, es ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich."

So will der Verfassungsschutz nicht mehr nur die "alte Rechte" in den Blick nehmen, die Parteien, Vereine und Kameradschaften, sondern auch die Neue Rechte. Sie sei der geistige Nährboden, sagte Haldenwang, und nannte als Beispiele die "Identitäre Bewegung", die AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" sowie die AfD-Gruppierung "Flügel". Zudem müsste der Rechtsextremismus im Internet stärker beobachtet werden. Insgesamt gehe es darum, Netzwerke besser zu erkennen.

Der Verfassungsschutz, aber auch das BKA wollen dabei vom Kampf gegen den Islamismus lernen. Etwa bei der Frage, wie man Sachverhalte und Personen priorisiert oder wie Behörden besser zusammenarbeiten. Es gibt beim Verfassungsschutz etwa eine neue Einheit für die "explorative Aufklärung auf Internetplattformen" und eine neue Einheit für die Neue Rechte. Zudem hat sich die Behörde mit den Landesämtern für Verfassungsschutz verständigt, dass demnächst bei länderübergreifenden Gefährdungen das Bundesamt die Federführung übernimmt – und es so nicht mehr zu Kompetenzstreit kommt.

RADAR für Rechtsextremisten

Das BKA will perspektivisch das Instrument RADAR vom Islamismus auf den Rechtsextremismus übertragen. Mit dieser wissenschaftlich entwickelten Methode werden Personen in eine Risikoskala eingeordnet, je nachdem für wie gefährlich sie aufgrund ihrer Vita und ihrer bisherigen Taten und Verhaltensweisen gehalten werden.

Da die Übertragung dieses Instruments auf den Rechtsextremismus aber seine Zeit dauert, hält das BKA schon jetzt mit den Ländern sogenannte Fallkonferenzen ab, auf denen sich die Behörden über potenziell gefährliche Rechtsextremisten austauschen.

Dem Problem, dass nur die Hälfte aller rechtsextremen Täter zuvor polizeibekannt war, will das BKA mit besserer Früherkennung begegnen. Die Ermittlungskapazitäten sollen ausgebaut werden, um Hintermänner und Verbindungen besser erkennen zu können. Und der Generalbundesanwalt soll bei konkreten Ermittlungsverfahren zu rechtsextremen Taten verstärkt parallel sogenannte Strukturverfahren führen, in denen Verbindungen zu anderen Personen aufgedeckt werden sollen.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz der Sicherheitsbehörden
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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