Fleisch reduzieren, Straßenbau einschränken Frust über Koalition: Grüne schlagen radikaleren Klimakurs ein
Angesichts des Klimapakets der großen Koalition herrschte bei den Grünen große Enttäuschung. Jetzt will die Partei die Regierung mit deutlich weitergehenden Forderungen zum Klimaschutz konfrontieren.
Die Grünen wollen dem Klimakurs der Koalition deutlich weitergehende Forderungen beim CO2-Preis, bei Energie, Verkehr und Landwirtschaft entgegensetzen.
Im Bereich Verkehr und Wärme sollten die Energiesteuern mit einer CO2-Komponente reformiert werden, wobei der Einstiegspreis hier bei 40 Euro pro Tonne liegen und 2021 auf 60 Euro steigen solle, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegenden Antrag des Bundesvorstands für den Grünen-Parteitag im November in Bielefeld.
Regierung schiebe alles nach hinten
Die Parteichefin Annalena Baerbock sagte der dpa: "Während die GroKo alles nach hinten schiebt und entsprechend in Kauf nimmt, dass Deutschland in den Jahren 2019 bis 2025 kaum etwas einspart, geschweige denn in den Jahren zuvor, geht unser Ansatz darauf, möglichst schnell möglichst große Budgeteinsparungen vorzunehmen."
Die Koalition will, dass die Verschmutzungsrechte, die Unternehmen für den Verkauf fossiler Heiz- und Brennstoffe nachweisen müssen, zum Start im Jahr 2021 nur zehn Euro pro Tonne kosten.
Die Grünen fordern in ihrem Antrag, dass der CO2-Preis weiter planbar ansteigt. Dafür solle in Deutschland ein unabhängiges Gremium sorgen. "Mit den Einnahmen senken wir die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Minimum ab und führen als sozialen Ausgleich ein Energiegeld für alle ein", heißt es weiter. Zunächst solle jeder Bürger dadurch 100 Euro erhalten.
"Ein kluger Mix"
Insgesamt fordert der Vorstandsantrag, hinter dem auch bei den Grünen wichtige Bundesarbeitsgemeinschaften stehen, "einen klugen Mix aus CO2-Preis, Anreizen und Förderung sowie dem Ordnungsrecht", also auch Verboten. Gegen solche gebe es zwar Vorbehalte, doch entwickelten die betroffenen Branchen dann meist innerhalb kurzer Zeit Alternativen.
Weitere einzelne Punkte im geplanten Klimakonzept der Grünen umfassen unter anderem, dass Ölheizungen ab sofort und fossile Gasheizungen ab 2025 nicht mehr eingebaut werden. Stattdessen sollten Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz gefördert werden.
Die Kommunen sollen das Recht bekommen, unbürokratisch über die Einführung etwa von autofreien Innenstädte zu entscheiden. Schnell umsetzbar sei auch "die Einführung von Tempo 30 innerorts auf allen Straßen, indem Kommunen ermöglicht wird, leichter darüber zu entscheiden".
Der fossile Verbrennungsmotor soll weichen
Die Steuer- und Finanzpolitik solle so gestaltet werden, dass der Kauf von Autos mit fossilem Verbrennungsmotor ausläuft. Um die Schiene zu stärken, sollten Mauteinnahmen auch der Bahn zugutekommen. "Ab 2025 wollen wir keine neuen Bundesstraßen mehr in Angriff nehmen, da Deutschland mit Straßen ausreichend erschlossen ist, während bei den Schienenwegen erhebliche Nachholbedarfe aufzuarbeiten sind." Die Befreiung des Kerosins von der Energiesteuer solle beendet werden.
Das geforderte Umsteuern in der Landwirtschaft umfasst etwa die Reduzierung der Fleischproduktion. Industrielle Tierhaltung solle in tiergerechte Haltung umgebaut werden. "Wir wollen über die Konsequenzen des Fleischkonsums aufklären und setzen uns für mehr Selbstverständlichkeit von vegetarischer und veganer Ernährung ein", so der Antrag weiter.
- Cem Özdemir: Selbst Fußball ist vor Erdogan nicht sicher
- Bernie Sanders: Trump-Konkurrent hatte Herzinfarkt
- Insider: Iranische Hacker hatten Trump-Kampagne im Visier
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus bekräftigte derweil die Dialogbereitschaft der Regierungskoalition bei ihren Klimaplänen. Das Paket müsse in den Grundzügen "unabhängig von den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen die nächsten Jahrzehnte Bestand haben, sonst wirkt es nicht", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
- Nachrichtenagentur dpa