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Presseschau: "Vielen Wählern sind die braunen Flecken egal"


Pressestimmen zu den Landtagswahlen
"Vielen Wählern sind die braunen Flecken egal"

Von dpa, afp, ds

02.09.2019Lesedauer: 3 Min.
Wahlparty der AfD in Sachsen: Die Führung der Partei freut sich über das Wahlergebnis.Vergrößern des Bildes
Wahlparty der AfD in Sachsen: Die Führung der Partei freut sich über das Wahlergebnis. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)

Die AfD wirbelt die Regierungen in Brandenburg und Sachsen durcheinander. Die Rechtspopulisten feiern bei den Ostwahlen große Erfolge. So bewertet das die deutsche Presse.

Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg erschüttern die Republik. Zwar ist die AfD in beiden Bundesländern nicht stärkste Kraft geworden, doch viele Wähler machten ihr Kreuz bei der rechtspopulistischen Partei. Die aktuellen Regierungsbündnisse können nicht weiter regieren, sie sind nun auf der Suche nach neuen Koalitionen. Für die deutsche Presse wird der Osten damit zu einem Zukunftslabor – auch mit Blick auf die Bundespolitik.

"Augsburger Allgemeine": "Die allermeisten Wähler, die ihr Kreuz bei der AfD machen, wissen von den dunklen Seiten dieser Partei. Radikale Positionen ziehen sie vielleicht nicht sonderlich an, schrecken sie aber auch nicht. Vielen dieser Wähler sind die braunen Flecken egal. Auch die eifrigsten Anhänger von Donald Trump wussten, dass sie einen inkompetenten Narzissten ins Weiße Haus beförderten, ließen sich davon aber nicht abhalten. Deswegen muss die Politik ihre Reaktionsmuster hinterfragen. Es kann keine Lösung sein, nun Koalitionen mit der AfD zu erwägen. Man muss aber auch bedenken, dass deren komplette Ausgrenzung ihr die Chance bietet, sich noch mehr als Opfer zu vermarkten."

"Kölner Stadt-Anzeiger": "Die AfD, auch das ist die Botschaft dieses Wahlsonntags, ist eine Partei, deren ideologischer Kern mit einer liberalen Demokratie inkompatibel ist. Sie ist kein selbstverständlicher Teil des Parteienspektrums, solange maßgebliche Funktionäre die Grundsätze der freiheitlichen Demokratie in Frage stellen, wenn nicht sogar ablehnen. Mit solch einem Führungspersonal darf es in Deutschland keine Beteiligung der AfD an einer Regierung geben. Alle demokratischen Parteien müssen noch stärker ihre Kräfte mobilisieren, um die Unzufriedenen zurückzugewinnen. Das gelingt nicht durch Sonntagsreden, Klientelpolitik oder nach innen gerichtete Personaldebatten (wie sie derzeit speziell die SPD führt), sondern durch entschlossene, bürgernahe Politik."

"Straubinger Tagblatt": "Die bisherigen Regierungsbündnisse werden nicht halten. In Brandenburg ist das Bündnis aus SPD und Linke abgewählt. Nur unter Hinzunahme der Grünen reicht es dort für eine Regierungsmehrheit. In Sachsen ist die schwarz-rote Koalition voraussichtlich Geschichte. Dafür kann Kretschmer womöglich zusammen mit den Grünen regieren. Beide Modelle gelten derzeit auch als Zukunftsvarianten für den Bund. Somit dürfen hier Brandenburg und Sachsen als so etwas wie Zukunftslabore gelten."

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"t-online.de": "Die größte Gewinnerin unter den Parteien ist zweifellos die AfD. 27,5 Prozent in Sachsen, 23,5 Prozent in Brandenburg, in beiden Ländern zweitstärkste Partei: Die AfD rückt erstmals in die Dimensionen einer Volkspartei vor und etabliert sich als Schwergewicht auf der politischen Bühne. Ihre Kraft schöpft sie aus der Provinz, ähnlich wie die Gelbwesten in Frankreich, die Trump-Anhänger in den USA und die Brexiteers in Großbritannien. Am meisten Zuspruch bekommt sie sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg in strukturschwachen Regionen. Zugleich sehen offenkundig viele Bürger in der AfD ein Ventil, durch das sie ihrem Unmut über Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschen Luft machen können. Da die AfD wohl weder in Brandenburg noch in Sachsen Regierungsverantwortung übernimmt, kann sie sich auch künftig als Protestpartei profilieren – und womöglich weiter in der Wählergunst wachsen.


"Frankfurter Allgemeine Zeitung":
"Wäre Ostdeutschland ein Produkt, dann würden Marketingfachleute dringend zu einem besseren 'Storytelling' raten. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, Bürger in ihrem Gefühl zu bestätigen, ungerecht behandelt zu werden. Was es braucht, sind mehr positive Geschichten, die Lust darauf machen, im Osten zu leben, zu arbeiten, zu investieren, In- und Ausländern gleichermaßen. Die Voraussetzungen dafür sind durchaus gut, denn auch das ist ein Ergebnis dieser Landtagswahl: Trotz der großen Präsenz der AfD vor Ort haben sich drei Viertel der Menschen in Sachsen und Brandenburg gegen diese Partei entschieden."


Süddeutsche Zeitung":
"Alles gerade noch mal gut gegangen? Für eine Sekunde könnte das mancher glauben. In Sachsen liegt die CDU vorne, wie seit dreißig Jahren. In Brandenburg ist es furchtbar knapp ausgegangen. Aber am Ende könnten es auch die Sozialdemokraten geschafft haben, in ihrer Hochburg als erste durchs Ziel zu laufen. Zwei Volksparteien, zwei Wahlen, zweimal die Nase vorn im Stammland - da könnte es glatt Leute geben, die meinen, die Welt sei die Gleiche geblieben. Nichts aber wäre nach diesen Wahlen trügerischer als das für möglich zuhalten. So ziemlich gar nichts wird bleiben wie bisher. Das beginnt schon bei der Erkenntnis, dass in Dresden wie Potsdam Koalitionen anstehen, die es so in beiden Ländern noch nie gegeben hat."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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