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Wie die AfD auf Twitter täuscht und trickst

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 23.05.2019Lesedauer: 10 Min.
Die AfD und ihr Unterstützer auf Twitter: Accounts haben oft eine bewegte Vergangenheit. Intransparente Umbenennungen sind an der Tagesordnung.Vergrößern des Bildes
Die AfD und ihr Unterstützer auf Twitter: Accounts haben oft eine bewegte Vergangenheit. Intransparente Umbenennungen sind an der Tagesordnung. (Quelle: Nour Alnader)
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Bei der AfD ist im großen Stil auf Twitter mit unsauberen Tricks gearbeitet worden. t-online.de und netzpolitik.org sind bei Recherchen auf absurde Fälle und einen Social-Media-Berater gestoßen.

Die Schlagzeilen über den Ausgang des ersten Wahlgangs zur Oberbürgermeisterwahl in Gera waren erschienen, da klingelte das Telefon bei Dieter Laudenbach. Laudenbach, der AfD-Kandidat, hatte es in die Stichwahl geschafft. Er hatte Chancen, im April 2018 der erste AfD-Bürgermeister einer kreisfreien Stadt zu werden. Gera hat fast 100.000 Einwohner, es wäre ein riesiger Erfolg für die Partei. Als Laudenbach ans Telefon geht, wird ihm eine Frage gestellt: Ob man für ihn zur Stichwahl nicht einen Twitter-Account einrichten solle, etwas Größeres? So erzählt Laudenbach es am Telefon t-online.de.

Wenig später setzt der Account @AfDOBLaudenbach den ersten Tweet ab, und das an rund 70.000 Follower. Das sind gut drei Mal so viele wie Thüringens bekanntester AfD-Politiker hat, der Landeschef Björn Höcke. In der Parteispitze weiß man offenbar von dem Account: Parteichef Meuthen und die Parteizeitung markieren ihn in eigenen Tweets. Es ist ein Beispiel, wie bei der AfD getrickst wird, wie mit vermeintlicher Reichweite und Unterstützung Eindruck gemacht werden soll.

Der Account hat massenhaft Spam-Follower aus aller Welt – und eine verblüffend lange Vorgeschichte. Er hieß vorher @FDPAussteigerin. Wo nun Botschaften des OB-Kandidaten verbreitet wurden, hatte jemand im Bundestagswahlkampf 2017 als vorgeblich enttäuschte FDP-Wählerin für die AfD geworben. Vorher und nachher war der Account zudem staffelartig unter anderen Namen für andere Bestimmungen weitergegeben worden: @JazumDiesel, @ZukunftDEU, @fina24de, @Sweet_Xenia.

Twitter erlaubt das Umbenennen des @-Namens, des sogenannten Handles. Vielfach ist das sinnvoll und nachvollziehbar. Der Account der Bundespartei @AfD würde sonst heute noch @wahlalternativ1 heißen wie zu Beginn. Recherchen von t-online.de und netzpolitik.org zeigen aber, dass im Umfeld der AfD im großen Stil offizielle Accounts in inoffizielle und umgekehrt wechselten und auf diese Weise Unterstützung auf Twitter vorgetäuscht wurde. Neu auftretende vermeintliche Initiativen wie @GegenKinderehen oder @TeamIdaMarie haben nur Aussehen und den Namen von alten Accounts gewechselt. Illegal ist das nicht, aber Kommunikation unter falscher Flagge, man könnte auch sagen: Ein legaler Versuch, die Öffentlichkeit hereinzulegen.

Ein Spitzenpolitiker der Partei hat sogar ein Konto mit arabischen und südamerikanischen Spamfollowern, das früher @i_followback_ hieß. Nach dem Prinzip "Folgst du mir, folge ich dir" wurden bei solchen Accounts international Follower eingesammelt. (In einem eigenen Text führt t-online.de besonders absurde Accounts und deren Vorgeschichte vor: "Die elf absurdesten Twitter-Accounts der AfD".)

Twitter löschte Accounts von Abgeordneten

Twitter hat während der laufenden Recherchen von t-online.de immer wieder Accounts suspendiert, zuletzt wieder auch solche von Kreisverbänden und mehreren AfD-Bundestagsabgeordneten. Acht bis zehn Millionen Accounts pro Woche werden zum Teil automatisiert gelöscht. Auffällige Konten würden eingeschränkt und angefragt und dann gegebenenfalls geschlossen, erklärt Twitter.

Zu den Recherchen wollte das Unternehmen keine Stellung nehmen. Obwohl das Vorgehen System zeigt, hieß es, man kommentiere keine individuellen Accounts.

Dieter Laudenbach, der AfD-Oberbürgermeisterkandidat aus Gera, sagt, dass ihm Twitter eigentlich egal war. "Für meinen Wahlkampf war Facebook wichtig, da kennen mich die Leute", sagt er. Aber am Telefon sei ihm gesagt worden, er in der Stichwahl, das sei doch hochpolitisch, bundesweit bedeutend. Wer ihn angerufen hat, könne er nicht mehr sagen. Aber dass er nichts zahlen musste, daran erinnere er sich, und dass er Inhalte zur Veröffentlichung "an eine AfD-E-Mail-Adresse" geschickt habe.

AfD warf mutmaßlichen Strippenzieher raus

Der AfD-Bundesverband hat dazu auf Anfrage keinen Kommentar abgeben wollen. Er hat aber die Trennung von einem Mann bestätigt, der nach Recherchen von t-online.de an zahlreichen Accounts beteiligt war, die die AfD direkt oder indirekt unterstützten: Magnus B. aus dem NRW-Landesverband. Die "fragwürdigen Praktiken", auf die t-online.de gestoßen sei, würden in der AfD "grundsätzlich sehr kritisch beurteilt", erklärte ein Parteisprecher. Man "distanziere sich von jeglichen Aktivitäten des Mannes".


B. sei auf Honorarbasis 2018 "kurzzeitig für den AfD-Bundesverband" in der "Kommentarkontrolle" und der "Beitragsmoderation" im Bereich Social Media tätig gewesen. Es habe aber "sehr unterschiedliche Ansichten über Arbeitsweise und -methoden" gegeben.

Bundestagsabgeordnete und lokale Verbände arbeiteten jedoch weiter mit ihm. Der Social-Media-Direktor der Bundestagsfraktion, Mario Hau, twittert selbst mit einem Account, der früher @Hoecke_Bjoern hieß. Hau und Jürgen Braun, Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, haben sich auch auf Nachfragen über eine Woche hinweg nicht dazu geäußert.

"Vergleichbares ist mir von anderen Parteien nicht annähernd bekannt", sagt Sascha Michel von der Universität Düsseldorf. Er hat über den Einsatz von Social Media in der Politik promoviert und die Recherchen von t-online.de vorab sichten können: "Hier werden Potemkinsche Dörfer aufgebaut, also Kulissen mit wenig dahinter, das grenzt an Wählerbetrug und ist schlicht undemokratisch."

B. gab 300.000 Follower weg und tauchte ab

B. ist jemand, der Anfang der Nullerjahre im Verdacht stand, mit erfundenen Mitstreitern reale Initiativen zum Opferschutz viel größer aussehen zu lassen, als sie tatsächlich waren. Er sei "ein Virtuose in Sachen Engagement und PR, seine Gruppe jedoch scheint eher virtuell", schrieb die "taz" damals. Dann kam Twitter, und B. schrieb, das "rosa-rot-grüne Meinungsmonopol bei Twitter" müsse "mit demokratischer, islamkritischer, antipädophiler Aufklärung" aufgebrochen werden. Es scheint, dass das seine Mission wurde.

Zur Bundestagswahl 2013 folgten ihm auf Twitter 300.000 Accounts, viel mehr als allen deutschen Politikern zu dieser Zeit. Er war in einer Auswertung auf Platz 2 der reichweitenstärksten Twitterer. In einer Liste der reichweitenstärksten Finanztwitterer stand außerdem ein Account, @fina24de, weit vorn. Zu dem Unternehmen dahinter pflegte B. freundschaftliche Beziehungen, und dieser Account wurde später zu @AfDOBLaudenbach. B. erklärt aber, er habe diesen Account nicht besessen oder abgegeben.

B. hat heute nur noch etwas mehr als 600 Follower. Er hat den Account gewechselt, sein alter Riesen-Account ist umbenannt in @ForBarnet. Unter seinem Namen twittert er kaum.

Im "Twitter Team"-Shirt auf einem Dutzend Fotos

Über einen Anwalt ließ B. erklären, er sei weder beruflich noch privat öffentlich aktiv. Recherchen von t-online.de und netzpolitik.org zeigen etwas anderes. Es gibt mindestens ein Dutzend Fotos, die ihn auf diversen AfD-Veranstaltungen von hinten zeigen – im Shirt, auf dem "Twitter Team AfD" steht.

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Alle diese Fotos in unterschiedlichen Accounts seien ohne sein Einverständnis aufgenommen, erklärt sein Anwalt. Auch eines vor dem Bundestag, das die AfD-NRW zum Werben verbreitet hat.

B. selbst will sich im Moment zu seiner Arbeit für die AfD nicht äußern, er verweist auf eine Verschwiegenheitsverpflichtung. Außerdem erklärt er, sich erst nach der Europawahl gegen Attacken aus den eigenen Reihen wehren zu wollen. Auch zu vielen weiteren Fragen äußert er sich nicht, gibt aber zumindest an, manche der umbenannten Accounts würden von Bekannten geführt.

Aus dem NRW-Landeschef wurde die "Hessenwahl"

B. hat mit diversen AfD-Gliederungen, Landtags- und Bundestagsabgeordneten gearbeitet, wie t-online.de recherchiert hat. Es ist nicht immer ganz klar, wer dabei wie viel wusste, wer arglos mitmachte, wer Grenzen zog und wer Schwindel gerne in Kauf genommen hat.

Helmut Seifen, früherer Direktor eines Gymnasiums, gehört nach seiner Darstellung zu den Leuten, die nicht realisierten, was da passierte. Er ist einer von zwei Sprechern der AfD in Nordrhein-Westfalen, aber vom flügelnahen Teil im Vorstand weitgehend kalt gestellt worden. Seifen sagte t-online.de, Magnus B. habe ihm angeboten, für ihn zu twittern, er habe das aber stets "hinhaltend abgelehnt".

Dann sei im Kreisvorstand in Seifens Abwesenheit eine Zusammenarbeit beschlossen worden. Das sei offenbar auch das Startsignal für seinen Account gewesen. "Ich habe leider nicht widersprochen." Unter dem Namen des Landeschefs twitterte nun ein Account, der bereits Hunderte Follower hatte. Den vorherigen Namen hat t-online.de nicht ermitteln können.

Aber es ist klar, was daraus wurde, nachdem Seifen sich über einen in seinem Namen verschickten Tweet geärgert hatte: Er beendete die Zusammenarbeit. Und aus dem Account @Helmut_Seifen wurde @hessenwahl2018, Seifens Name bekam nun ein kleinerer Account. Seifen sagt, er habe das nicht gewusst und nicht gewollt.

Die Umbenennung führte zu einer von vielen bizarren und für Außenstehende zunächst unverständlichen Situationen: @Hessenwahl2018 bedankte sich in einem alten, nicht gelöschten Tweet für die Wahl zum Landessprecher von Nordrhein-Westfalen.

Seifen selbst sagt, er habe davon erst durch t-online.de erfahren: "Ich wusste das nicht, ich beschäftige mich wenig mit Twitter." In Seifens Umfeld gilt das als glaubhaft. Manche Politiker können mit Twitter wenig anfangen. Aber der Druck ist groß, dabei mitzuspielen.

Twitter: AfD-Politiker müssen, können aber nicht

Seifen gibt das offen zu: "Die geringe Erfahrung mit diesem Medium, die vielfältigen Aufgaben als Funktionsträger und der Zwang für AfD-Funktionäre, besonders über diese Medien zu spielen, erklären vielleicht den naiven Umgang mit diesen Medien und mit Menschen, die sich unser Vertrauen erwerben oder erschleichen." Die AfD versteht sich als Social-Media-Partei. Einer Studie zufolge stammten auf Facebook 85 Prozent aller weiterverbreiteten Beiträge deutscher Parteien von der AfD.

Bei Twitter steht sie nicht so gut da. B. legte der AfD in Nordrhein-Westfalen zur Landtagswahl 2017 ein Konzept vor, das t-online.de vorliegt. Angenommen wurde es damals nach t-online.de-Informationen allerdings nicht. Er machte Vorschläge, wer mit ihm in einem Twitter-Team arbeiten sollte.

Thomas Röckemann, im Landesverband NRW laut Internetauftritt der Landessprecher, der für die "Koordination aller Aktivitäten" zuständig ist, hat eine Stellungnahme auf Fragen abgelehnt. Seifen gab an, der Landesvorstand habe B. nicht mit der Umsetzung beauftragt. Ihm sei ein "Twitter-Team NRW" nicht bekannt, "es hat auf jeden Fall nichts mit der AfD als Partei zu tun".

Personal fürs Retweeten bezahlt

B. half aber nicht nur mit Accounts aus, die schon Follower hatten, er verschaffte auch größere Verbreitung und vermeintliche Zustimmung. t-online.de hatte Kontakt zu einer Person, die nach eigenen Angaben mit Vertrag auf Stundenbasis am Fließband Retweets verschickt hat. Das seien vor allem Accounts von Politikern aus NRW gewesen, aber auch wichtige überregionale Accounts: "Alice Weidel und so". B. hat dazu mit Verweis auf die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht Stellung genommen.

t-online.de und netzpolitik.org haben ein Phänomen bei zahlreichen Accounts aus der AfD und dem Unterstützerumfeld beobachten können: Tagelang oder wochenlang herrschte Stille, dann wurden in kürzester Zeit hundert und mehr Tweets retweetet, also weitergegeben.

Damit steigt die Zahl der Retweets bei den Verfassern des Ursprungstweets. Ist die Zahl hoch, erscheint ein Account vielen Nutzern gewichtiger.

Eine Analyse von netzpolitik.org mit dem Datenjournalisten Luca Hammer hat ergeben, dass bei verdächtigen untersuchten Accounts der AfD-Bundestagsabgeordnete Udo Hemmelgarn überproportional oft Nutznießer von massenhaften Retweets war.

Kritiker werden ausgesperrt

Ein Beispiel ist etwa der Account @Essenerinnen, ein angeblicher Gemeinschaftsaccount von angeblich 14 Essenerinnen, die das AfD-Bundesvorstandsmitglied Guido Reil unterstützen. Er hat 125 Tweets abgeschickt – allesamt an einem Sonntag im Januar zwischen 0 und 2 Uhr. 21 davon waren Retweets für den NRW-Bundestagsabgeordneten Udo Hemmelgarn. Hemmelgarn bekam unter seinen Tweets auch regelmäßig Zustimmung und Beifall von angeblichen Initiativen, mutmaßlichen Sockenpuppen-Accounts.

Auch Hemmelgarn ließ B. für sich arbeiten, teilte er netzpolitik.org mit. Dem Vorwurf von Retweets durch "Fake-Accounts" werde er nachgehen, über für massenhaftes Retweeten bezahlte Mitarbeiter sei ihm nichts bekannt.

Ein weiterer Teil der Strategie in den Accounts in diesem Netzwerk ist offenbar, Gegenrede und Widerspruch möglichst abzuschirmen. In vielen Accounts sind kritische Stimmen blockiert, das sorgt für Blasen, in denen die Positionen unwidersprochen bleiben. Im Konzept für die NRW-AfD empfahl B. 2017 explizit Blocklisten. Wer durch Kritik auffällt, wird auch in von B. betreuten Accounts ausgesperrt und kann dann nicht mehr mitdiskutieren.

AfD-Accounts zu allen europäischen Ländern

Diese Entdeckung machte Uwe Kamann, ehemaliger Digitalexperte der AfD-Fraktion, nach seinem Austritt aus der Partei und dem Ende der Zusammenarbeit mit B.: "Mir ist dann aufgefallen, dass in meinem Account massenhaft Nutzer blockiert waren." Kamann schreibt alle Tweets selbst, aber auch er hatte B. beauftragt: "Monitoring" habe B. mit einem Team angeboten. Kamann hob nach seinen Angaben dann die Blockierungen auf.

Auffällig ist auch, wie zu Veranstaltungen und Anlässen plötzlich reihenweise vermeintlich neue Unterstützer auftauchen. Im vergangenen Jahr entdeckte die Journalistin Andrea Becker eine Liste "AfD-EU-Projekte" mit 89 AfD-Europa-Accounts, darunter solche von @Malteserinnen oder @Zypriotinnen, angebliche AfD-Unterstützerinnen aus diesen Ländern. Viele dieser Accounts hatten zuvor andere Namen. Zum Teil wurden sie als reine Verstärker zu Massen-Retweets eingesetzt. Einige sind umbenannt, einige wurden von Twitter gelöscht.

Die "Tagesschau" ist bei Recherchen zudem auf Accounts mit oftmals gestohlenen Fotos junger Frauen im Profil gestoßen, die vor Kurzem angelegt wurden und hyperaktiv AfD-Inhalte teilen. Eine Verbindung zu den hier beschriebenen Fällen gibt es aber nicht.

Künstlicher Wirbel um "Mädchenkongress"

Das System zieht sich bis in die jüngste Zeit: Mit einem "Mädchenkongress" der AfD-Bundestagsfraktion wollte die Partei zeigen, dass sie auch junge Frauen ansprechen kann. Die Veranstaltung war für den vergangenen Freitag geplant. Eine Twitter-Suche zeigte gleich acht Accounts an, die das Schlagwort im Namen trugen.

Initiatorin des Kongresses war die Abgeordnete Nicole Höchst, die mit dem oft retweeteten Udo Hemmelgarn an der Organisation des Kongresses "freier Medien" beteiligt war. Sie räumt ein, vor einem Jahr einen Account mit einem Followerstamm bekommen zu haben, den sie betreuen ließ. Zeitlich fällt das zusammen mit einer von der AfD überregional beworbenen Demo gegen eine Moschee im Westerwald. Auch B. war dort.

Zum "Mädchenkongress" feierte auch der alte Account von NRW-Landessprecher Helmut Seifen eine neue Wiedergeburt. @Hessenwahl2018 wurde zu @ElizavetaTALK, einem Zweitkonto einer "Mädchenkongress"-Botschafterin. Für @Eliza_AfD wiederum wurde zunächst ein Account genutzt, der früher dem kirchenpolitischen Sprecher der Fraktion, Volker Münz, gehörte. Sein Büro teilte mit, die neue Verwendung sei ohne Wissen und Einverständnis geschehen. Der Schwindel fiel zwar auf, weil es wieder alte, nicht gelöschte Tweets gab. Er schlug aber kaum Wellen.

Was vermeintlich @Eliza twitterte, schrieb die junge Frau auch nicht selbst, wie ein t-online.de vorliegender Chat-Verlauf belegt. Dahinter steckte demnach Magnus B. Er hat das mit Verweis auf die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht kommentiert.

Politikberater: "Extremer Graubereich"

Der Politikberater, Blogger und Autor Martin Fuchs hat Einblick in die Rechercheergebnisse bekommen und wundert sich: "Ich frage mich auch, warum das gemacht wird. Die Effekte für die Wahlmobilisierung erscheinen mir äußerst gering, die Gefahr der Aufdeckung und Skandalisierung aber extrem hoch."

Bisher habe die AfD immer glaubhaft machen wollen, dass sie nur mit legalen Methoden im digitalen Campaigning arbeitet. Die Recherche zeige zwar kein illegales Vorgehen. Sie demonstriere aber "eindrucksvoll, dass im extremen Graubereich von transparenter Kommunikation gearbeitet wird."

Die "Mädchenkongress"-Botschafterin Eliza ist inzwischen wieder von Twitter verschwunden. Einige der Accounts sind gelöscht, einige schon wieder umbenannt. Der "Mädchenkongress" musste ausfallen, war am Donnerstag im Twitter-Account von Höchst zu lesen. Die Hauptrednerin habe ein schwerer Schicksalsschlag getroffen. Es war der erste Tweet in dem Twitter-Konto seit dem 2. April: Die Person, die für sie twitterte, sei nicht mehr für sie tätig.

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