Höhere Schulden und Sondervermögen Woher kommt das Geld für den Plan von Union und SPD?

Deutschland soll neue Schulden aufnehmen, planen Union und SPD. Dabei gibt es klare Mechanismen, wie Deutschland an das Geld kommt.
500 Milliarden Euro Sondervermögen für die Infrastruktur und quasi unbegrenzte Ausgaben für die Landesverteidigung: Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Ausgaben als Einnahmen haben und große Mengen an Schulden machen. Mehr dazu lesen Sie hier. Doch wo genau kommt das Geld her, mit dem sich Deutschland für die Zukunft aufstellen will?
Es ist ein ganz normaler Vorgang für Staaten, Schulden aufzunehmen, wenn die Steuereinnahmen nicht ausreichen, um die Ausgaben zu decken. Auch Deutschland hat in der Vergangenheit bereits große Mengen an Schulden aufgenommen. So hatten Staat, Bundesländer und Sozialversicherungen Ende 2023 2,62 Billionen Euro Schulden.
Aktuell ist Deutschlands Schuldenquote niedrig
Gemessen werden die Schulden international aber vielmehr am Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt des Landes. Aktuell liegt die Schuldenquote in Deutschland bei 62,7 Prozent des BIP. Damit steht Deutschland im internationalen Vergleich der Industrienationen gut dar. In der EU sind es durchschnittlich 82,5 Prozent, in Großbritannien 96,5 Prozent und in den USA gar 127 Prozent Staatsverschuldung.
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Zudem ist die deutsche Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. 2010 lag sie nach Mehrausgaben aufgrund der Finanzkrise bei 82 Prozent, vor fünf Jahren noch bei 68,8 Prozent.
Mit den Plänen von Union und SPD dürfte die Quote allerdings deutlich steigen. "Damit würde sich Deutschland rasch zu den Hochschuldenstaaten der EU gesellen", sagte der Experte des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Friedrich Heinemann, am Mittwoch. "Deutschlands Schuldenquote könnte 2034 die 100-Prozent-Marke überschreiten."
Deutschland versteigert Wertpapiere
Nimmt ein Land neue Schulden auf, kommen als Gläubiger Banken, Zentralbanken, Investmentfonds, Versicherungen sowie auch private Anleger im In- und Ausland infrage. Deutschland etwa versteigert seine Bundeswertpapiere über die Deutsche Finanzagentur an 37 ausgewählte Geschäftsbanken.
Dabei gibt es verschiedene Arten von Wertpapiere mit unterschiedlichen Laufzeiten. Investoren bieten auf die Anleihen, und der Staat erhält das Geld. Während der Zeit zahlt Deutschland Zinsen. Theoretisch müsste Deutschland nach Ablauf der Laufzeit auch den Wert der Anleihe zurückbezahlen, das geschieht allerdings in der Praxis oft nicht.
"Staatsschulden werden nicht zurückbezahlt"
"Staatsschulden werden in der Regel nicht zurückbezahlt, sondern nach Ablauf ihrer Frist neu aufgelegt. Es geht nicht darum, den absoluten Wert der Schulden zurückzuzahlen", erklärte etwa die Ökonomin Lena Dräger dem Magazin der Hans-Böckler-Stiftung. Entscheidender sei die Zinslast. "Wenn die Zinsen niedrig sind, aber das Wachstum hoch, stabilisiert sich die Schuldenquote, also das Verhältnis von Staatsverschuldung und Bruttoinlandsprodukt. Solange die Zinsen relativ niedrig bleiben, kann sich die Schuldenquote durch das Wachstum verringern", verdeutlicht sie.
In der Wirtschaftswissenschaft gelte laut Dräger die Einschätzung: "Man erwartet einen Ertrag aus einer Investition und vergleicht ihn mit den Zinsen, die man dafür aufwenden muss."
Eigentlich ist die Schuldenaufnahme in Deutschland durch die Schuldenbremse begrenzt, die die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel 2009 nach der Finanzkrise eingeführt und ins Grundgesetz festgeschrieben hatte. Demnach darf Deutschland zwar weiterhin Schulden machen, allerdings nicht mehr als 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Da die neuen Ausgaben diese Grenze überschreiten würden, soll das Grundgesetz nun geändert werden, um künftig Verteidigungsausgaben von mehr als einem Prozent des BIP von der Regelung auszunehmen. Auch Sondervermögen können von dieser Grenze ausgenommen werden, so passierte es bereits mit dem 100 Milliarden Euro schweren Bundeswehrsondervermögen 2022. Sowohl für die Veränderung der Schuldenbremse im Grundgesetz als auch für die Beschließung eines Sondervermögens bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag.
- boeckler.de: "'Staatsschulden werden in der Regel nicht zurückbezahlt'"
- bundesfinanzministerium.de: "Staatsschuldenquoten im internationalen Vergleich"
- tagesschau.de: "Woher soll das Geld kommen?"
- zdf.de: "Sondierungen: Woher kommen die Milliarden?"
- prosieben.de: "Staatsschulden: Wie leiht sich ein Land Geld – und von wem?"
- Nachrichtenagentur Reuters