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Intel-Absage an Magdeburg: Ampelregierung droht neuer Streit


Nach Intel-Absage
"Habeck widerspricht sich gerade selbst"

Von t-online, dm, job, mk, fls

Aktualisiert am 17.09.2024Lesedauer: 4 Min.
imago images 0709759414Vergrößern des BildesVizekanzler und Wirtschaftsminister: Geht es nach Robert Habeck (M.), sollen die eingesparten Milliarden für Intel nicht in den Bundeshaushalt zurückfließen. (Quelle: IMAGO/imago)

Der Ampelregierung droht neuer Streit ums Geld. Es geht um fast zehn Milliarden Euro, die der Chiphersteller Intel an Subventionen erhalten sollte.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den verschobenen Baustart der Intel-Fabrik in Magdeburg als rein unternehmerische Entscheidung bezeichnet. Diese habe mit der Konzernpolitik und "Geldbedarfen" zu tun, sagte Habeck am Rande eines Start-up-Gipfels in Berlin. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht." Die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission stehe kurz bevor.

Es ändere sich nichts am Ziel, die Halbleiterproduktion in Europa zu halten beziehungsweise aufbauen zu wollen. "Denn die Strategie ist ja nicht auf ein einziges Unternehmen ausgerichtet, sondern darauf, dass wir Wirtschaftssicherheit bekommen, dass wir in diesem kritischen Industriebereich eine gewisse Kompetenz auch in Europa haben und nicht zu 100 Prozent abhängig sind von südostasiatischen Märkten", sagte Habeck.

Ampel diskutiert über Intel-Milliarden

Die Bundesregierung will die Intel-Ansiedlung mit knapp 10 Milliarden Euro fördern. "Wie jetzt konkret mit den reservierten Geldern zu verfahren ist, das werden wir hinter den Kulissen in der Regierung besprechen", sagte Habeck. Ähnlich äußerte sich bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb auf der Plattform X, alle nicht für Intel benötigten Mittel müssten zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden.

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Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es dagegen, die Intel-Gelder stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), drängt darauf, die ursprünglich für Intel vorgesehenen Milliarden zu investieren, statt mit ihnen Haushaltslücken zu schließen. "Die frei werdenden Mittel für 2025 sollten in die Zukunft unseres Landes investiert werden", sagte Kellner t-online. "Unser Land braucht dringend Investitionen."

Intel verschiebt Fabrikbau um zwei Jahre

Die Fördermittel für Intel sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen – einem Sondertopf, über den der Bund Klimaprojekte, aber auch Ansiedlungen von wichtigen Technologien fördert. Für dieses Jahr sind im KTF für die Intel-Ansiedlung rund vier Milliarden Euro vorgesehen. "Das Geld kommt aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung national und europäisch", sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch t-online. "Es ist folgerichtig und sinnvoll, dass diese Einnahmen auch zur Finanzierung von Klimaschutz und Transformation genutzt werden."

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Verena Hubertz, sagte t-online dagegen, sie halte es für "denkbar, einen Teil der Gelder frei für die schwierigen Haushaltsverhandlungen und damit die Zukunft des Landes zu nutzen". Die Ankündigung von Intel, den Bau der Fabrik in Magdeburg vorerst zu stoppen, sei ein Rückschlag für den Standort Deutschland. Es bleibe aber abzuwarten, wie Intel langfristig agiere. Der US-Konzern hat den Bau des Werks in Magdeburg zunächst um zwei Jahre aufgeschoben.

"Unglücklich, wenn Regierungsmitglieder keine 24 Stunden warten können"

Der stellvertretende haushaltspolitische Sprecher der SPD, Andreas Schwarz, wies die Forderungen von Habeck und Lindner zurück: "Wie wir die zehn Milliarden Euro verwenden, sollten wir im Dialog miteinander klären. Das erwarte ich von allen Ampelpartnern, auch vom Finanzminister und vom Wirtschaftsminister." So sei der Haushalt "auf äußerste Kante genäht", die Finanzierung wichtiger Vorhaben der inneren und äußeren Sicherheit etwa weiterhin offen, so Schwarz zu t-online. "Daher ist es unglücklich, wenn Regierungsmitglieder keine 24 Stunden warten können, um ihre eigenen Ansprüche geltend zu machen."

Der Bundestag habe das Budgetrecht, daher werde das Parlament im Dialog mit der Bundesregierung in den nächsten Monaten entscheiden, wie das Geld eingesetzt werde. "Obwohl ich die Intel-Entscheidung sehr bedauere, liegt darin auch eine Chance, den Haushalt an kritischen Stellen zu entlasten", so der Sozialdemokrat.

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer unterstützt hingegen die Forderung seines Parteichefs Lindner: "Habeck widerspricht sich gerade selbst und der Einigung zwischen Olaf Scholz, Christian Lindner und ihm zum Umgang mit der Globalen Minderausgabe." Die Beschlusslage der Regierung sei klar: "Die Globale Minderausgabe muss deutlich reduziert werden und die jetzt nicht gebrauchten Intel-Milliarden sind dafür zu nutzen."

Aus der Union kommt unterdessen Kritik an der Ampelregierung: "Der Dauerstreit zwischen Finanz- und Wirtschaftsminister schwächt längst den Standort Deutschland. Auch nach dem Intel-Desaster streiten Lindner und Habeck weiter", sagte CDU-Fraktionsvize Jens Spahn im Gespräch mit t-online. "Die Ampel hatte der ostdeutschen Wirtschaft hier viel versprochen, jetzt steht alles wieder infrage. Klar ist einmal mehr: Förderbescheide ersetzen keine gute Wirtschaftspolitik, es braucht bessere Bedingungen für alle Unternehmen."

Wagenknecht nennt die Verschiebung "megapeinlich"

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht fordert, die eingeplanten Subventionen für "wirklich innovative Kleinunternehmen" und Neugründungen einzusetzen. Das Geld solle zudem in Infrastruktur fließen, sagte Wagenknecht in Berlin.

Die von der Bundesregierung für Intel in Aussicht gestellten zehn Milliarden Euro seien "von Anfang an äußerst fragwürdige Subventionen" gewesen. Es sei "megapeinlich", dass das Projekt nicht begonnen werde, meinte die Bundesvorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht. "Das war ein Reinfall mit Ansage. Dieses Geld darf kein zweites Mal hinterhergeworfen werden." Wagenknecht kommentierte auch: "Das ist eine persönliche Pleite für den Kanzler."

Der Ostbeauftragte Carsten Schneider sagte t-online: "Die Entscheidung von Intel zur Verschiebung ist bedauerlich und betrifft auch andere Unternehmen. Wir werden nun in Gesprächen mit Intel die weiteren Schritte zügig klären, um die Unsicherheiten zu begrenzen."

Die Region um Magdeburg habe sich in einem europaweiten Wettbewerbsverfahren als stärkster Standort für die Produktion von hochwertigen Halbleitern behauptet, sagte der SPD-Politiker. Die Bundesregierung habe ihrerseits Unterstützung aus öffentlichen Mitteln "gegen viele Widerstände durchgesetzt". Die Ansiedlung bleibe ein wichtiger Impuls für Magdeburg und die Region.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Gespräche mit Verena Hubertz (SPD) und Michael Kellner (Grüne)
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