Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Termin, Parteien, Umfragen Das sollten Sie zur Landtagswahl in Bayern wissen
Im Oktober wählen die Menschen in Bayern einen neuen Landtag. Wie läuft die Wahl ab – und wer hat Aussicht auf Erfolg? Die wichtigsten Infos im Überblick.
Wer regiert aktuell in Bayern?
Seit dem 12. Oktober 2018 ist die Regierung aus CSU und Freien Wählern unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Amt. Es ist die einzige Regierung in Deutschland mit Beteiligung der Freien Wähler. Söder bildet mit 17 weiteren Personen das Kabinett: vier Ministerinnen und zehn Minister, eine Staatssekretärin und zwei Staatssekretäre. Fünf von ihnen sind Freie Wähler. Die CSU stellt seit 1957 ununterbrochen den Ministerpräsidenten.
Warum ist Bayern ein Freistaat?
Die 16 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland sind laut Grundgesetz alle gleichberechtigt. Doch es gibt drei Freistaaten: Bayern, Sachsen und Thüringen. Das heißt nicht, dass die Menschen dort freier sind als in anderen Bundesländern. Vielmehr liegt der Grund für die Bezeichnung in der Vergangenheit. Bis 1918 war Bayern ein Königreich. Nach einer Revolution rief man die Republik aus und nannte das Land Freistaat Bayern – man hatte sich von der Monarchie befreit.
Warum gibt es die CSU nur in Bayern?
Die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) bildet mit der Christlich Demokratischen Union (CDU) eine Fraktionsgemeinschaft. Das Besondere: Die CSU tritt nur bei den Wahlen in Bayern an, die CDU in allen Bundesländern außer Bayern. Die beiden verbundenen Parteien sind formell unabhängig voneinander, treten im Bund aber geschlossen als Union auf.
Wie in ganz Deutschland bündelten sich 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, auch in Bayern viele bürgerliche und konservative Kräfte, um als christliche Volksparteien der SPD und KPD gegenüberzustehen.
Ursprünglich sollte die CSU "Christlich-Soziale Union in Bayern" heißen, doch die Parteigründer wollten noch die Option offenhalten, sich in ganz Deutschland auszubreiten, und entschieden sich für den Namen "Christlich-Soziale Union".
1947 wurde eine "Arbeitsgemeinschaft der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union Deutschlands" als organisatorisches Bindeglied zwischen den Zonen- und Landesverbänden der Unionsparteien gegründet. Im Januar 1948 lehnte die CSU einen Zusammenschluss mit den übrigen Unionsparteien offiziell ab. Im Mai 1950 einigten sich die Landesverbände der CDU auf die Gründung einer CDU-Bundespartei ohne bayerische Beteiligung.
Wer darf wählen?
Stimmberechtigt sind alle volljährigen Deutschen, die am Wahltag seit mindestens drei Monaten in Bayern wohnen und vom Stimmrecht nicht infolge eines Richterspruchs ausgeschlossen sind. Nach einer Schätzung des Bayerischen Landesamts für Statistik dürfen in diesem Jahr rund 9,4 Millionen Menschen in Bayern ihre Stimme abgeben. Erstmals wählen dürfen aufgrund ihres Alters rund 554.000 junge Menschen. 2018 waren etwa 80.000 mehr Menschen stimmberechtigt.
Dass die Zahl der Stimmberechtigten abgenommen hat, führt die Statistikbehörde vor allem auf den demografischen Wandel zurück. So gebe es in Bayern weiter mehr Sterbefälle als Neugeborene, was sich auch auf die Zahl der Stimmberechtigten auswirke. Bei den Menschen, die nach Bayern zuwandern, hat der überwiegende Teil demnach keine deutsche Staatsbürgerschaft und kann somit nicht an der Wahl teilnehmen.
Wann und wie können die Menschen wählen?
Die 19. Landtagswahl in Bayern findet am 8. Oktober 2023 statt. Zugleich wählen die Bürgerinnen und Bürger die sieben bayerischen Bezirkstage, die aber weit weniger Befugnisse haben als der Landtag und dementsprechend weniger bekannt sind. Jede und jeder Wahlberechtigte erhält im Voraus per Post eine Wahlberechtigung mit dem ihm zugeteilten Wahllokal.
Möchte jemand dieses am Wahlsonntag nicht aufsuchen, sondern lieber per Briefwahl abstimmen, so kann er jederzeit, jedoch bis spätestens bis zum 6. Oktober 2023, 15 Uhr, einen Antrag auf Wahlschein stellen. Wer sich entscheidet, seine Stimme im Wahllokal abzugeben, benötigt einen Lichtbildausweis, um seine Identität zu bestätigen. Alle Wahllokale haben an dem Tag von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr abends geöffnet.
Welche Parteien stehen zur Wahl?
Bei der Landtagswahl in Bayern dürfen formal 21 Parteien und politische Vereinigungen antreten – wobei dazu auch die CDU und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zählen, die sich im Freistaat traditionell nicht zur Wahl stellen.
19 Gruppen werden demnach auf dem Wahlzettel stehen, eine Partei mehr als bei der Landtagswahl 2018:
- Alternative für Deutschland (AfD)
- Bündnis 90/Die Grünen
- Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU)
- Die Linke
- Freie Demokratische Partei (FDP)
- Freie Wähler
- Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
- Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD)
- Basisdemokratische Partei Deutschland (Die Basis)
- Bayernpartei (BP)
- Die neue Mitte – Zurück zur Vernunft
- Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
- Partei der Humanisten (PdH)
- Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die Partei)
- Partei für Franken (Die Franken)
- Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung
- Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei)
- Volt Deutschland (Volt)
- V-Partei³ – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer (V-Partei³)
Was sagen die Umfragen?
Die CSU mit Ministerpräsident Söder verzeichnet derzeit die niedrigsten Umfragewerte seit mehr als eineinhalb Jahren. Die Freien Wähler können sich nach der Flugblatt-Affäre um ihren Vorsitzenden, Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger, dagegen über Rekordwerte freuen.
Die aktuellen Umfragen können Sie in der folgenden Grafik sehen:
Embed
Wahlumfragen sind generell mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen für einen Wahlausgang.
Was sind mögliche Koalitionen?
Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die derzeitige Koalition aus CSU und Freien Wählern genauso bestehen bleibt. CSU-Chef Markus Söder hat bereits mehrmals betont, die Zusammenarbeit mit FW-Chef Hubert Aiwanger fortsetzen zu wollen.
Eine Koalition mit den Grünen schloss Söder hingegen aus und warf ihnen vor, "in ihrer Ideologie gefangen" zu sein. Auch mit der AfD will der amtierende Ministerpräsident nicht kooperieren.
Wie viele Wahl- und Stimmkreise gibt es?
Der Freistaat Bayern ist in sieben Wahlkreise unterteilt: Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Schwaben, Oberfranken, Unterfranken und Mittelfranken. In diesen sieben Kreisen gibt es noch einmal 91 Stimmkreise.
Was sind die Erst- und Zweitstimme?
Wie bei der Bundestagswahl gibt es auch bei der Landtagswahl in Bayern eine Erst- und eine Zweitstimme. In einigen Punkten unterscheiden sich jedoch beide Wahlsysteme.
Erststimme (Direktmandate)
Alle Regionen Bayerns sollen mindestens eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten in den Landtag entsenden. Deshalb ist der Freistaat in 91 Stimmkreise unterteilt, in denen die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Erststimme eine Direktkandidatin oder einen Direktkandidaten wählen. Dabei reicht für einen Sieg die einfache Mehrheit aus. Damit auch unterlegene Kandidatinnen und Kandidaten die Chance haben, in den Landtag einzuziehen, gibt es eine zweite Säule im bayerischen Wahlsystem.
Zweitstimme (Listenmandate)
Die Sitzverteilung im Landtag soll möglichst genau dem Wählerwillen entsprechen. Dafür wird die knappe Hälfte (89 von 180) der Mandate im Bayerischen Landtag an Listenkandidaten vergeben. Zu diesem Zweck stellen die Parteien für jeden der sieben Regierungsbezirke ("Wahlkreise") Listen mit ihren Kandidaten auf. Diese Listen sind unterschiedlich lang, denn die Regierungsbezirke erhalten je nach Zahl ihrer wahlberechtigten Einwohner unterschiedlich viele Sitze im Bayerischen Landtag. Mit ihrer Zweitstimme wählen die Bürgerinnen und Bürger eine Kandidatin oder einen Kandidaten auf diesen Listen – und bestimmen somit, wer außer den Direktkandidaten in den Landtag einzieht.
Wer erhält einen Sitz im Landtag?
Zunächst ziehen alle Direktkandidatinnen und Direktkandidaten ein, die ihren Stimmkreis gewonnen haben – sofern ihre Partei landesweit mindestens 5 Prozent erhalten hat. Wenn der entsprechenden Partei von ihren Gesamtstimmen her noch weitere Sitze zustehen, ziehen zusätzlich Listenkandidaten ein, also diejenigen, die persönlich am meisten Stimmen erhalten haben.
Wie erfolgt die Sitzverteilung?
Nach der Wahl wird ausgezählt, wie viele Erst- und Zweitstimmen insgesamt ("Gesamtstimmen") die Parteien jeweils erhalten haben. Eine Partei, die landesweit weniger als 5 Prozent der Stimmen erhalten hat, zieht nicht in den Bayerischen Landtag ein. Für die Parteien mit mindestens 5 Prozent wird für jeden Regierungsbezirk errechnet, wie viele der Sitze im Landtag ihnen zustehen.
Hat also eine Partei in einem Wahlkreis 50 Prozent der Erst- und Zweitstimmen gewonnen, erhält sie die Hälfte der Sitze, die hier insgesamt zu vergeben sind. Das heißt: Durch die Auszählung der Gesamtstimmen geht bei der Landtagswahl in Bayern (anders als bei der Bundestagswahl) die Erststimme nicht "verloren", wenn der gewählte Direktkandidat nicht gewinnt – beide Stimmen zusammen ergeben das Endergebnis.
- bayern.landtag.de: "Landtagswahl in Bayern 2023"
- bayern.de: "Kabinett"
- statistik.bayern.de: "Rund 9,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind zur Landtagswahl 2023 in Bayern stimmberechtigt"
- statistik.bayern.de: "Wahl des 19. Bayerischen Landtags am 8. Oktober 2023, Bekanntmachung des Landeswahlleiters"
- bpb.de: "Freistaat"
- bpb.de: "Christlich-Soziale Union in Bayern e.V."
- focus.de: "Warum gibt es die CSU nur in Bayern?"
- wahlrecht.de: "Umfragen Bayern"
- zeit.de: "CSU will Koalition mit Freien Wählern nach Landtagswahl fortsetzen"
- sueddeutsche.de: "Diese Parteien dürfen bei der Landtagswahl antreten"