Erste Hinrichtung seit Protesten Iranisches Regime hängt 23-Jährigen
Erstmals wurde im Iran ein Todesurteil im Zusammenhang mit den Protesten der Bevölkerung vollstreckt. Menschenrechtler sprechen von einem Scheinprozess.
Im Iran ist erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den seit fast drei Monaten anhaltenden Protesten gegen die Staatsführung in Teheran vollstreckt worden. Das teilte die Justizbehörde auf ihrer Webseite Misan Online mit.
Dem 23-jährigen Mohsen Schekari wurde vorgeworfen, Ende September den Sattar-Khan-Boulevard in Teheran blockiert und einem Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Milizen in die linke Schulter gestochen zu haben, so die Mitteilung.
Am 1. November sei er von einem Revolutionsgericht in Teheran verurteilt worden, das Oberste Gericht habe eine Berufung abgelehnt. Laut der Justizbehörde wurde Schekari für schuldig befunden, "in der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Ordnung und Sicherheit der Gesellschaft zu stören" gekämpft und seine Waffe gezogen zu haben.
Der Direktor der Nicht-Regierungsorganisation Iran Human Rights, Mahmood Amiry-Moghaddam, spricht auf Twitter von einem Scheinprozess. Schekari sei am frühen Morgen erhängt worden. Und das, "einzig und allein, weil er protestiert hat", schreibt die Iran-Expertin Gilda Sahebi. "Ein weiteres Menschenleben beendet – nur um die Proteste zu stoppen."
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Amnesty: 28 Menschen droht die Hinrichtung
Auch anderen Verhafteten könnte dasselbe Schicksal drohen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty Iran geht davon aus, dass mindestens 28 Menschen im Iran im Zusammenhang mit den Protesten akut die Hinrichtung droht – darunter drei Kindern. Mindestens sechs seien in Scheinprozessen bereits zum Tod verurteilt worden. Unter diesen Demonstrierenden ist auch der bekannte inhaftierte Rapper Toomaj Salehi. Hier lesen Sie mehr dazu.
Die Drohung einer Hinrichtung aber werde "den Freiheitswillen der Menschen nicht ersticken", sagt die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Schekari sei in einem "perfiden Schnellverfahren" abgeurteilt und hingerichtet worden, schreibt die Grünen-Politikerin auf Twitter, "weil er anderer Meinung als das Regime war". Die "Menschenverachtung" des iranischen Regimes sei "grenzenlos", so Baerbock weiter.
Auslöser der massiven Proteste gegen das iranische Regime war der Tod von Mahsa Amini. Die 22-Jährige war im September von der Sittenpolizei festgenommen worden und daraufhin gestorben. Seitdem gehen im Iran Menschen in Scharen auf die Straße. Hier berichten fünf von ihnen. Bei den Kundgebungen kamen bislang mindestens 475 Menschen ums Leben, über 18.000 Menschen wurden verhaftet.
- Nachrichtenagentur AFP
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- 20min.ch: "Iranisches Regime richtet jungen Mann wegen Protesten hin"