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Inflation-Talk bei "Maybrit Illner": Lindner plant Entlastungen für die Bürger


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"Maybrit Illner" zur Inflationsangst
Beim Thema Steuern stellt Lindner Merz die entscheidende Frage

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 18.02.2022Lesedauer: 5 Min.
Christian Lindner (Archivbild): Bei "Illner" diskutierte er mit CDU-Chef Friedrich März über die Inflation und ihre Auswirkungen.Vergrößern des Bildes
Christian Lindner (Archivbild): Bei "Illner" diskutierte er mit CDU-Chef Friedrich März über die Inflation und ihre Auswirkungen. (Quelle: imago-images-bilder)

Merz warnt: Die Inflation frisst bei Durchschnittsverdienern den Sommerurlaub auf. Lindner zeigt sich bei Illner zu weiteren Entlastungen bereit. Er macht aber klar: "Es gibt Grenzen. Wir müssen priorisieren."

Der ganz große Preisschock kommt spätestens mit der Nebenkostenabrechnung in den nächsten Wochen. CDU-Chef Friedrich Merz rät Bürgern, sich angesichts von explodierenden Energiekosten mental zu wappnen. "Da werden wir Preise sehen von 2000 Euro mehr als geplant", prognostizierte er am Donnerstagabend bei "Maybrit Illner".

Noch mal dieselbe Summe könne 2022 für eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen durch die Inflation zusammenkommen. "Das ist der Sommerurlaub für viele Familien", sagte Merz und stellte klar: "Wir reden nicht nur über die Sozialschwachen." Da war sich der Oppositionsführer einig mit dem Bundesfinanzminister, wie so oft an diesem Abend. "Wir müssen uns genau um die kümmern, die breite Mitte unseres Landes", bekräftigte Christian Lindner (FDP). Das "Aber" stand jedoch im Raum.

Die Gäste

  • Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister
  • Friedrich Merz (CDU), Partei- und Fraktionsvorsitzender
  • Katrin Göring-Eckardt (B'90/Die Grünen), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags
  • Annabel Oelmann, Vorständin Verbraucherzentrale Bremen
  • Henrike Roßbach, Hauptstadtkorrespondentin "Süddeutsche Zeitung"

Lindner stellte klar: Die Bundesregierung hat schon zahlreiche Entlastungen für die Bürger in Planung, angefangen beim früheren Auslaufen der EEG-Umlage, vermutlich zum 1. Juli 2022. "Wir werden im nächsten Jahr die Beiträge zur Rentenversicherung voll steuerabzugsfähig machen", versprach Lindner zudem. Dies geschehe zwei Jahre eher, als die Bundesregierung dazu laut Gerichtsurteil verpflichtet wäre.

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Darüber hinaus müsse geschaut werden, was kurzfristig in diesem Jahr, eventuell auch erst 2023 zusätzlich möglich wäre. "Ich jedenfalls wäre bereit, darüber zu sprechen, weitere Maßnahmen einzuleiten", beteuerte der Bundesfinanzminister. Dabei gehe es auch darum, nicht nur die Bezieher von Transferleistungen zu entlasten, wie etwa beim beschlossenen Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher.

Staat verdient an Strompreisen mit

Genau jene Menschen, die etwas zu viel für staatliche Unterstützung verdienen, leiden laut der Verbraucherschützerin Annabel Oelmann gerade besonders, wenn die Folgen der Pandemie mit der hohen Inflation zusammenstoßen. "Viele kämpfen schon seit zwei Jahren und wenn jetzt noch weitere Kosten oben drauf kommen, kann es schnell brenzlig werden", sagte die zugeschaltete Expertin der Verbraucherzentrale Bremen. Sie wies darauf hin, dass der Fiskus ja an den steigenden Strompreisen verdient. Wäre es da nicht lohnenswert, über eine niedrigere Mehrwertsteuer nachzudenken? "40 Prozent des Strompreises sind Steuern", warf Illner ein.

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"Da ist Spielraum bei ganz knappen Kassen", meinte auch Merz. Er rechnete damit, dass die hohe Inflationsrate noch das ganze Jahr und wahrscheinlich darüber hinaus bleiben wird. Er urteilte mit Blick auf eine zumindest kurzfristige Senkung der Mehrwertsteuer oder Anhebung der Pendlerpauschale: "Das ist ordnungspolitisch nicht ganz sauber, aber es würde im Augenblick den Familien helfen."

Da sprang jedoch bei Lindner die "Schuldenbremse"-Warnleuchte an. Stromsteuer reduzieren und Mehrwertsteuer bei Energie auf sieben Prozent senken, das summiere sich auf rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. "Woher kommt's", fragte er Merz. "Will die CDU höhere Schulden machen, wo spart sie?" Höhere Preise würde zudem nicht automatisch zu Mehreinnahmen des Staates führen, denn Verbraucher würden dann oft an anderer Stelle sparen – siehe der nicht mehr finanzierbare Sommerurlaub.

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Lindner brachte eine andere entscheidende Möglichkeit für mehr Steuergerechtigkeit ins Spiel. "Da, wo der Staat verdient, das ist die sogenannte kalte Progression. Menschen, die auch bei einer Gehaltserhöhung, obwohl sie gar nicht mehr Kaufkraft aufgrund der Inflation haben, in der Steuerprogression nach oben rutschen – da verdient der Staat und das ist ein Problem", erläuterte der Bundesfinanzminister unter dem zustimmenden Nicken von Merz.

Das nutzte der FDP-Chef, um den CDU-Amtskollegen in die Pflicht zu nehmen. Die Inflation sei in der Vergangenheit unterschätzt worden. "Und deshalb stimmt unser Steuersystem nicht." Bei den hier nötigen Änderungen hoffe er im Bundesrat auf die Unterstützung der Unions-geführten Länder, um die Mitte der Gesellschaft zu entlasten.

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Leiden ist was anderes?

Wie hart die von der Kombination aus Inflation und Nullzinspolitik getroffen wird, stellte die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt fast beiläufig mal grundsätzlich infrage. "SZ"-Journalistin Henrike Roßbach schilderte, wie insbesondere Menschen mit Barvermögen derzeit besonders leiden, weil ihr Vermögen aufgefressen wird. "Ob das jetzt Leiden ist, da kann man sich auch noch streiten, wenn man sich die gesamte Gesellschaft anguckt. Da würde ich sagen: Leiden haben eher andere", sagte die Bundestagsvizepräsidentin.

Sie wies den Vorwurf, es handele sich um eine "grüne Inflation", mit dem Gegenentwurf einer "fossilen Inflation" zurück. Aber sei es nicht politisch gewollt, dass unerwünschte Energieformen teurer werden, sodass Verbraucher auf klimafreundlichere Alternativen umsteigen?, hakte Illner nach.

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Diesen gewünschten Effekt "brauchen wir", stimmte Göring-Eckhardt zu – allein schon wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Die Energiewende werde sich am Ende auszahlen: "Es wird alles viel, viel teurer, wenn wir das jetzt nicht machen." Sie stimmte Merz zu, dass es beim Ausbau der erneuerbaren Energien noch hapert und dass hier größere Anstrengungen nötig sind. "Dafür brauchen wir Geld", sagte die Grünen-Politikerin. Deshalb müssten die Entlastungen gezielt bei denen ansetzen, die es am meisten bräuchten.

Hier war sie sich mit ihrem Koalitionspartner einig. "Es gibt Grenzen dessen, was finanzierbar ist", sagte Lindner. "Wir müssen das priorisieren, was wirklich nötig, ist, was Wachstum anregt, was Menschen motiviert und die grundlegende Infrastruktur, die das alles möglich macht."

Das sei auch nötig, um im nächsten Jahr wieder die Schuldenbremse einzuhalten. Denn sollte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen von null auf zwei Prozent erhöhen, würden die Zinsausgaben des Bundes ganz schnell von derzeit vier auf 30 Milliarden Euro pro Jahr hochschnellen. "Große Investitionsprogramme aufzulegen, wenn Knappheit herrscht an Arbeitskräften, Chips und Zimmermannsleuten oder auch Lithium, sorgt natürlich für eine zusätzliche Preissteigerung", warnte hingegen "SZ"-Journalistin Roßmann. Sie rechnete damit, dass die EZB womöglich gegen Ende des Jahres von ihrer Nullzinspolitik abrücken wird.

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Merz kritisiert EZB

Zu spät, befand Merz. Viele Länder hätten sich mittlerweile an "das süße Gift des billigen Geldes gewöhnt". Zwar verbitte sich eine politische Einflussnahme auf die Währungshüter, aber: "Die Europäische Zentralbank hat sich, sehr stark vom Süden Europas beeinflusst, in eine fast ausweglose Lage gebracht, weil sie jetzt aus dieser Sackgasse nicht mehr rauskommen. Sie hätten das früher machen müssen." Die bisherige Geldpolitik habe auch zu den massiv gestiegenen Immobilienpreisen beigetragen – "das kann der Staat nicht korrigieren".

"Der Bundesfinanzminister dieses Landes darf der unabhängigen Notenbank keine öffentlichen Ratschläge erteilen", sagte Lindner. Aber es gebe ausreichend kluge Menschen, die sich dazu äußerten. Die Aussage bezog sich zwar auf eine Forderung seines Beraters, des früheren Wirtschaftsweisen Lars Feld, an die EZB, Negativzinsen abzuschaffen und früher aus den Anleihekäufen auszusteigen. Aber irgendwie passte die Aussage auch zur Äußerung von Merz. Womöglich wäre ja unter diesem CDU-Chef etwas aus der Jamaika-Koalition geworden.

Verwendete Quellen
  • "Maybrit Illner" vom 17. Februar 2022
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