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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ostdeutscher Star Dagmar Frederic "Man möchte uns einreden, dass wir die Verlierer sind"
Dagmar Frederic war ein Star der DDR-Unterhaltung, bis heute ist sie stolz auf ihre Karriere. Ostdeutsche müssen dem Westen nicht dankbar sein, ist Frederic überzeugt. Und Aspekte der Gleichberechtigung gehen ihr zu weit.
Die Durchsetzung der Gleichberechtigung ist bis heute aktuell, in der DDR war sie kein Thema, sagt Dagmar Frederic. Weil Frauen im ostdeutschen Staat einfach gleichberechtigt waren, so die Künstlerin. In der DDR war Frederic einer der großen Stars der Unterhaltung, 1981 übergab ihr Erich Honecker den Nationalpreis.
Warum Frederic auf diese Auszeichnung nach wie vor stolz ist, erklärt sie im Gespräch. Und auch, warum sie sich als Vorkämpferin für die DDR gesehen hat. Zudem erzählt sie, warum ihr Mann Angst hat, heutzutage einer Frau höflich die Tür aufzuhalten.
t-online.de: Frau Frederic, die alte Bundesrepublik war in Sachen Gleichberechtigung zweifelsohne rückständig, die DDR definierte sich selbst als Vorreiterin der Selbstbestimmung der Frauen. Wie sah es tatsächlich aus?
Dagmar Frederic: Bei der Frage nach Gleichberechtigung muss ich immer lachen. Wir Frauen in der DDR waren gleichberechtigt, das war kein Thema in unserem Land. Mann und Frau haben gearbeitet, die Kinder waren im Kindergarten, in der Krippe oder in der Schule.
Allerdings übte die SED auch Druck auf die Frauen aus, schließlich brauchte sie sie nicht zuletzt als Arbeitskräfte.
Ich glaube nicht, dass das unter einem gewissen Druck passiert ist. Natürlich gab es einen finanziellen Zwang: Wenn beide Ehepartner arbeiten, können sie sich eben auch mehr leisten. Aber heute ist das doch genauso. Ganz ehrlich: Eine Frau, die damals zu Hause blieb, statt zu arbeiten, hat sich nicht sehr wohl gefühlt, wenn es nicht irgendwelche speziellen Gründe hatte. Und ich kenne kaum eine Frau, die früher einfach so zu Hause geblieben ist.
Ein eigenes Einkommen ist ein wichtiger Bestandteil der Selbstbestimmung: Wie wirkte sich die aufkommende Arbeitslosigkeit nach der Wende auf das Selbstbewusstsein der Frauen in den neuen Bundesländern aus?
Viele Ehepaare haben sich nach der Wende überhaupt erst richtig kennengelernt: Als der eine oder andere keine Arbeit mehr hatte und zu Hause war. Das war sicher ein Einschnitt. Aber mit dem Selbstbewusstsein der Frau hat es nichts gemacht. Wir wissen, was wir uns wert sind als Weiber.
Dagmar Frederic, geboren 1945 in Eberswalde, ist Sängerin, Tänzerin und Moderatorin. Die Künstlerin gehörte zu den großen Stars der DDR-Unterhaltung, moderierte unter anderem "Ein Kessel Buntes". 1981 erhielt sie den Nationalpreis der DDR. Frederic, die sich für verschiedene soziale Projekte wie das Wohnprojekt Undine in Berlin engagiert, steht bis heute auf der Bühne.
Geht Ihnen die heutige Debatte um Gleichberechtigung zu weit?
Lassen Sie es mich so sagen: Ich darf mein Leben mit meinem mittlerweile fünften Ehemann leben. Ich hatte immer Männer, die höflich waren, die mich auf Händen getragen haben. Heute sagt mein Mann, dass er ein schlechtes Gewissen hat, wenn er Frauen die Tür aufhält. Und dass er ein wenig Angst hat, dass ihm deswegen jemand eine knallt. Es ist schon sehr extrem.
Wie halten Sie es denn privat mit der Haushaltsführung?
Ich habe neulich von einer neuen Umfrage gehört, wonach die Frauen viel mehr Zeit für Haus, Familie und Kinder aufbringen müssen. Na, Donnerwetter, und die Männer weniger Zeit. Das ist ja eine schreckliche Erkenntnis.
Wie meinen Sie das?
Wer den Haushalt macht, ist doch eine Frage der jeweiligen Planung. Das ist in jeder Familie anders. Mein Mann hat bei mir noch nie eine Waschmaschine anstellen müssen. Oder bei mir kochen müssen. Ich mache das alles selber, ich koche, ich kaufe ein. Und habe mich noch nie darüber beschwert.
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Sehen Sie hier, was Dagmar Frederic zur DDR sagt:
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Feministinnen würden angesichts dieser Rollenaufteilung heftigen Protest erheben.
Wie gesagt, jeder soll sich sein Leben einrichten, wie er es mag. Meiner Meinung nach ist es aber automatisch so, dass eine Frau weniger Zeit für sich hat als ein Mann. Wenn der Mann abends nach Hause kommt, kann der sich hinsetzen und sein Bier trinken. Oder auch seine Frau zum Essen einladen, das ist dann halt ein Idealfall.
Gibt es Unterschiede zwischen der Rolle der Frauen damals und heute? Beziehungsweise zwischen Ost und West?
Heute haben die Frauen auch ein oder zwei Kinder, vielleicht auch keines, sondern nur einen Hund. Aber trotzdem musst du alles unter einen Hut kriegen und sollst deinem Mann auch immer noch eine schöne Frau sein. Wenn es halt geht. Dinge wie abends fein machen und ausgehen – also das alles hatten wir früher genauso wie es heute ist. Und das ist kein Ostproblem.
Sprechen wir über die Kinder. In der DDR konnten beide Ehepartner nur voll arbeiten gehen, weil die Kinder den Tag über in verschiedenen Einrichtungen untergebracht waren.
Ich glaube nicht, dass das unseren Kindern schlecht bekommen ist.
Allerdings wurden den Eltern so auch viele Möglichkeiten zur Erziehung genommen, die der Staat dann in seinem Sinne ausgefüllt hat.
Natürlich. Aber wenn ich heute sehe, was bei dieser antiautoritären Erziehung so herauskommt… Dann wünsche ich mir eben zurück, dass es wieder Möglichkeiten gibt, die Kinder von Anfang an mit anderen zusammen ans Leben zu führen. Ich glaube nicht, dass unsere Kinder schlechter erzogen oder gebildet waren. Es war damals ein unglaubliches In-den-Arm-Nehmen von Kinderkrippen, Kindergärten, Schulen, Ferienlagern oder Jugendklubs.
Sie waren einer der großen Stars der DDR und damit auch ein Aushängeschild. Haben Sie je mit dieser Rolle gehadert?
Ich schäme mich nicht für meine DDR-Vergangenheit. Der Staat schmückt sich heute auch mit seinen prominenten Gesichtern. Und das war früher eben auch so. Mit den Sportlern oder mit den Malern, wir waren in der Welt anerkannt mit unseren Künsten. Ich bin international selbst viel rumgefahren in der Welt. Immer wenn ich im Ausland war, war ich Kämpferin für mein kleines Land DDR.
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Dagmar Frederic im Konter - Antworten auf provokative Fragen
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Die in der Realität eine Diktatur war.
Natürlich. Aber ich wusste, dass sich viele Menschen bemüht haben, dass es uns gut geht. Der Grundgedanke des Sozialismus war ja nicht der schlechteste, nur die Ausführung war eben kritisch.
Was war Ihrer Meinung nach der größte Fehler der DDR?
Nach wie vor ist für mich der größte Fehler der DDR, dass sie die Leute eingesperrt und die Mauer gebaut haben. Es wäre vieles, vieles anders gelaufen, wenn sie das nicht gemacht hätten.
Manche Künstler haben gegen das Regime opponiert, Wolf Biermann ist der bekannteste. Hatten Sie jemals ähnliche Gedanken?
Das ist ein ganz anderes Genre, ich habe auch nie politisches Chanson gesungen. Ich habe nie politischen Gegenwind gemacht, weil ich auch keinen gekriegt habe. Ich durfte meine Unterhaltung ausüben und bin heute noch sehr stolz darauf, dass ich das durchgehalten habe.
1981 haben Sie den Nationalpreis der DDR erhalten, im Wendejahr 1989 haben ihn verschiedene Künstler zurückgegeben. Sie nicht – warum?
Das ist richtig, das habe ich eben nicht gemacht. In meinem Buch von 2005 ist auch ein Bild davon drin, wie Erich Honecker mir und meinem damaligen Mann Peter Wieland den Preis übergeben hat. Das war ein Teil meines Lebens: Der Nationalpreis der DDR war eine unglaubliche Ehre, das war eine solche Auszeichnung. Da stehe ich auch zu, sonst hätte ich ja alles in meiner Karriere umsonst gemacht.
Sie selbst wurden von Erich Honecker sehr geschätzt.
Ich habe die großen Galas von Erich Honecker moderiert, ja. Auch den ersten Auftritt im neuen Friedrichstadtpalast habe ich gemacht, ich habe den eingeweiht. Das war ein ganz besonderer Moment, das kann kein Westler verstehen: Es war ja das gesamte diplomatische Corps der ganzen Welt da. Und die saßen alle da unten im Publikum. Westler denken ja oft, wir in der DDR lebten hinterm Ural im Zelt.
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Sehen Sie hier, was Dagmar Frederic über Erich Honecker erzählt:
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Wie haben Sie Honecker erlebt?
Ich habe immer gesagt, lieber verehrter Genosse Honecker, ich konnte mir Honeckers ganze Titel nicht merken. Und das hat auch funktioniert, mir ist auch nichts passiert. Und Honecker kannte die ganzen Evergreens auswendig. "Ein Freund, ein guter Freund", der hat immer einfach alles mitgesungen.
Künstler wurden gerne von der SED vereinnahmt, eine gewisse Distanz haben Sie aber einhalten können?
Das war ein ganz besonderer Trick. Ich stamme ja aus dem Dunstkreis des Fernsehunterhalters Heinz Quermann. Ohne ihn hätte es die Hälfte der DDR-Unterhaltung nicht gegeben, jedenfalls nicht diejenige, die gut war. Quermann war Mitglied in der Blockpartei LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands) und hat mich und meinen damaligen Mann Peter Wieland überredet, auch einzutreten. Das haben wir gemacht und dann konnte sich die große Partei an uns die Zähne ausbeißen. Dadurch waren wir wirklich beschützt.
Wie lange sind sie Mitglied gewesen?
Ich bin irgendwann nach der Wende ausgetreten. Guido Westerwelle hat noch mehrmals an mir rumgebraten, in die FDP einzutreten. Aber ich wollte nirgends mehr Mitglied sein. Durch Manfred Stolpe und Matthias Platzeck wurde ich dann sehr SPD-nah.
Wie haben Sie die Zeit der Wende erlebt?
Ich war einfach ängstlich, was da passierte in den letzten Wochen. Ich und mein damaliger Mann waren völlig irritiert, dass die Regierung nichts dazu sagte, was passierte. Die Menschen gingen in Massen aus der DDR weg, es wurde uns keine Perspektive gegeben, nichts. Am 6. Oktober 1989 war ich ja auf der Gala zum Geburtstag der DDR. Da war eine Stimmung, schlimmer konnte es auf der Titanic auch nicht gewesen sein. Letzten Endes bin ich sehr dankbar, dass es nicht zur Gewalt gekommen und alles friedlich ausgegangen ist.
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Sehen Sie hier, was Dagmar Frederic über die Wende sagt:
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Dachten Sie, dass Ihre Karriere genau wie die DDR enden würde?
Ich habe 200 Konzerte jedes Jahr gemacht, das hörte natürlich erst mal alles auf. Erst wollte das Publikum aus den neuen Bundesländern natürlich die Westkünstler sehen. Klar, die hatten sie ja vorher nicht.
Sie waren allerdings bald wieder im Geschäft.
Das hat höchstens zwei Jahre gedauert, bis die Leute gemerkt haben, dass die Künstler aus dem Westen auch nur mit Wasser kochen. Dann waren auch die Konzerte von uns aus dem Osten wieder voll. Ich habe 1991 gleich eine Sendung im MDR gehabt, die dann auch in die ARD ging.
Ist das Publikum im Westen anders als das im Osten?
Klar, es gibt Unterschiede, ich musste mir das Westpublikum erst mal erobern. Aber egal, ob in Rendsburg oder in Leipzig: Wenn die Leute da sind, dann kriege ich sie auch.
Es kursieren immer noch viele Klischees im Westen über Ostdeutschland, welches missfällt Ihnen am meisten?
Dass viele in Westdeutschland immer noch denken, dass wir in Ostdeutschland dankbar sein müssten. Nein, müssen wir gar nicht.
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Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?
Es wäre ganz toll, wenn der Westen endlich akzeptieren würde, dass wir nicht nur angehängte Menschen sind. Und wir Ostdeutsche nicht nur meckern, sondern einfach sagen, was in der DDR gut gewesen ist. Aber natürlich ist auch uns klar, dass es 1989 Zeit wurde, dass sich etwas verändert.
Frau Frederic, vielen Dank für das Gespräch.