Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Merz bei "Carmen Miosga" "Wir dürfen uns nicht noch mal irren!"
Der CDU-Kanzlerkandidat hat bei Caren Miosga über sein Frauen-Problem gesprochen. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine forderte er eine stärkere Rolle Europas.
"Sind sie ein Mann für morgen, Herr Merz?" Eine Antwort auf diese Frage suchte Caren Miosga am Sonntagabend und hatte den CDU-Kanzlerkandidaten als alleinigen Gast geladen. Im Studio konfrontierte sie Merz unter anderem auch mit einer Reihe "unverschämter Fragen", wie sie selbst einleitete. So wollte sie unter anderem wissen, ob der CDU-Chef im Straßenverkehr eher mit Tiernamen oder Bezeichnungen von "unguten Körperteilen" über andere Autofahrer fluche. Er gelte schließlich als jemand, der durchaus aus der Haut fahren könne, erklärte Miosga.
Der Gast
- Friedrich Merz (CDU), Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat
"Sagen Sie mal ein paar Beispiele?", hakte Merz nach. "Du Hornochse!", fluchte Miosga prompt los. "Ja, die Richtung!", bestätigte der CDU-Chef. Auf die Nachfrage, ob er auch ein eigenes Beispiel habe, entgegnete er nur: "Großer Hornochse!", die anderen seien fürs Fernsehstudio nicht geeignet, stellte er klar.
Miosga konfrontiert Merz mit Frauen-Problem
Miosga nutzte Merz Besuch auch, um ihn damit zu konfrontieren, dass er vor allem bei jungen Frauen wenig Sympathiepunkte habe. In einem Video-Einspieler berichtete die "Zeit"-Journalistin Mariam Lau, der CDU-Chef gelte bei vielen ihrer weiblichen Bekannten als "Macho alter Schule". Beim Studiopublikum und auch bei Merz selbst löste diese Aussage Lacher aus.
Ob er die Beschreibung als "Schmähung oder Kompliment" sehe, wollte Miosga vom CDU-Kanzlerkandidat wissen. Er fühle sich "überhaupt nicht angesprochen", stellte Merz klar. An anderer Stelle verwies er auf sein Engagement dafür, mehr Frauen zu politischem Engagement zu ermutigen.
Merz will stärkere Rolle Europas
Mit Blick auf das politische Morgen ging es bei Miosga am Sonntagabend auch um die bevorstehenden Wahlen in den USA. Ob er seine Stimme Donald Trump oder Kamala Harris geben würde, wollte Merz bei Miosga nicht verraten. Schließlich müsse er als Bundeskanzler in der Lage sein, gegebenenfalls mit beiden zusammenarbeiten zu können, erklärte er.
Die Bundesrepublik müsse sich jedoch besser darauf vorbereiten, dass Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt werde. Außerdem müsse Deutschland unabhängiger von den USA und enger mit europäischen Partnern Entscheidungen treffen, machte Merz deutlich. Europa solle mit Blick auf den Ukraine-Krieg eine stärkere Rolle einnehmen, forderte Merz. "Das ist nicht mehr die starke Ordnungsmacht, die wir eigentlich gewohnt waren", erklärte er mit Blick auf die USA.
Auf Miosgas Nachfrage, ob er dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj erlauben würde, militärische Ziele weit in Russland zu attackieren, antwortete er, eine solche Entscheidung müssen zwar mit den USA, aber "sehr viel stärker" europäisch koordiniert getroffen werden.
"Sie würden eine Erlaubnis nicht ausschließen?", hakte Miosga nach. Er würde versuchen, eine gemeinsame europäische Haltung dafür zu gewinnen, so Merz. Er führte aus, dass er der Ukraine den Marschflugkörper Taurus erst nach einem abgestuften Verfahren liefern wolle. So sei er dafür, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sagen, dass er mit dem Bombardement auf zivile Ziele aufhören müsse. Wenn Russland sich daran nicht halten sollte, wäre er dafür, zunächst die Beschränkung für den Einsatz der gelieferten Waffen aufzuheben. In einem zweiten Schritt würde er dann Taurus liefern.
Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt die Lieferung von Taurus unter anderem wegen der Reichweite bis Moskau ab. Die Unions-Bundestagsfraktion hatte zweimal einen Antrag eingebracht, Taurus an die Ukraine zu liefern.
Embed
CDU-Kanzlerkandidat warnt vor erneutem Fehler
Am Sonntagabend ging es auch um das, was Merz als Kanzler für die Bundeswehr tun würde. Es gebe eine Lücke von 30 Milliarden, die es zu füllen gelte. Um wieder verteidigungsfähig zu werden, erklärte der Kanzlerkandidat. Risikoanalysen zeigten, dass Russland derart aufrüste, dass es in fünf bis acht Jahren in der Lage sei, Nato-Gebiet anzugreifen, erklärte der CDU-Chef. "Das ist eine sehr realistische Einschätzung der Lage", stellte er klar.
Vor zehn Jahren habe man sich in Bezug auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin schon einmal geirrt und er sei dann in die Ukraine einmarschiert, stellte Merz klar. "Wir dürfen uns nicht noch mal irren!", machte er deutlich. Der Preis dafür sei sonst "sehr viel höher".
Auch kritisierte Merz, dass das sogenannte Ramstein-Treffen zur Unterstützung der Ukraine nach der Absage des Deutschland-Besuchs von US-Präsident Joe Biden ebenfalls abgesagt wurde. "Ich hätte versucht, diese Konferenz zu retten", sagte der CDU-Chef. "Warum machen sich die Europäer kleiner, als sie sind?" Man müsse sich unabhängiger machen von den USA, sagt er mit Blick auf eine mögliche Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. "Das ist nicht mehr die starke Ordnungsmacht, die wir gewohnt sind."
Merz setzt Wagenknecht klare Grenzen
CDU-Chef Friedrich Merz hat klare Grenzen für die Gespräche seiner Partei mit Sahra Wagenknechts BSW über eine mögliche Zusammenarbeit in Thüringen, Brandenburg und Sachsen gezogen. "Frau Wagenknecht hat zu akzeptieren, dass es Entscheidungen gibt, die unumstößlich sind", sagte Merz in der ARD-Sendung "Caren Miosga". "Das ist die Westbindung, das ist die Nato-Mitgliedschaft. Und die werden wir von Frau Wagenknecht nicht infrage stellen lassen."
In den drei Bundesländern verhandelt die CDU nach den jüngsten Landtagswahlen mit dem BSW, um Regierungen zu bilden und die AfD dabei außen vor zu lassen. Doch Wagenknecht macht es der CDU schwer – vor allem mit aus CDU-Sicht unannehmbaren außenpolitischen Positionen.
Merz deutete mögliche Kompromisse an. So könne allgemein in einer Präambel im Koalitionsvertrag durchaus ein Ruf nach Friedensverhandlungen stehen. Zur Wagenknecht-Forderung eines Ausschlusses der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen sagte Merz, dass diese Waffen allenfalls im Westen stationiert würden, die östlichen Bundesländer aber gar nicht betroffen seien. Insgesamt bekräftigte der Unionskanzlerkandidat: "Wir lassen uns von Frau Wagenknecht nicht am Nasenring durch die Manege ziehen."
- ARD: Sendung "Caren Miosga" vom 13. Oktober 2024
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa