Zoff bei Klamroth Komikerin legt sich mit CDU-Politikerin Klöckner an
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Julia Klöckner (CDU) steht deutschen Militärhilfen für Israel offen gegenüber. Wie die aussehen könnten, geht im Geschrei bei "Hart aber fair" jedoch unter.
Es dauerte keine zehn Minuten, da war das Geschrei und Gezeter bei "Hart aber fair" da. "Wir sind gerade am Anfang der Sendung", gab sich Louis Klamroth am Montagabend noch hoffnungsvoll. Doch es wurde ständig schlimmer. Ein überforderter Moderator und konfrontative Gäste zeigten zum Thema Israel und Gaza vor allem eines: Bei solchen "Diskussionen" verlieren alle.
Die Gäste
- Julia Klöckner (CDU), Bundestagsabgeordnete
- Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordnete
- Enissa Amani, Komikerin
- Jules El-Khatib, Soziologe
- Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine"
- Daniel Gerlach, Chefredakteur des Nahost-Fachmagazins "Zenith"
Unruhe im Kölner Studie schuf insbesondere die bühnenerprobte Stand-up-Komikerin Enissa Amani. Die in Teheran geborene Tochter iranischer Regimegegner fiel zuerst Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine", ständig ins Wort. "Sie haben damit angefangen, Herr Engel", rechtfertigte sie sich. Er: "Das sagen meine Kinder auch immer." Sie: "Ach, jetzt werden wir sexistisch. Jetzt bin ich plötzlich kindlich."
Gegenseitige Vorwürfe der Propaganda
Dass auch Engel sich nicht zurückhielt, Vertreter der Gegenseite im Studio zu unterbrechen, heizte die Stimmung mit der Zeit zusätzlich an. Die Kontrahenten warfen einander vor, wahlweise der Propaganda der Terrororganisation Hamas oder den Rechtsradikalen in der israelischen Regierung auf den Leim zu gehen.
Ex-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) betonte gleich zu Beginn von "Hart aber fair": "Israel hat das Recht, sich zu verteidigen." Aber soll Deutschland dabei militärisch unterstützen, brachte Klamroth eine Forderung von Klöckners Parteifreund Roderich Kiesewetter ins Spiel.
Die Bundesschatzmeisterin der CDU, die Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft ist, sagte, diese Frage stelle sich aktuell nicht, da es dazu keine offizielle Anfrage gebe. Klöckner stellte aber klar: "Wenn Israel um Hilfe bittet, können wir nicht einfach sagen, das geht uns nichts an, weil wir nicht eskalieren wollen. Sondern das wird auch ein Punkt sein, wo wir uns dazu verhalten müssen." Mit Blick auf antisemitische Ausschreitungen nach dem Terrorangriff vom 7. Oktober sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag: "Es entgleitet uns gerade in Deutschland."
"Bei mir in der Familie sind mindestens 15 Menschen getötet worden. Für unsere Familie bedeutet das reales Leid", berichtete der ehemalige Linken-Politiker Jules El-Khatib, dessen Verwandte in Israel, im Gazastreifen und im Westjordanland leben. Er warf der deutschen Politik vor, sich überwiegend auf die Seite Israels zu stellen.
Die Forderung der Grünen-Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor, dass eigentlich pro-palästinensische und pro-israelische Demonstranten massenhaft gemeinsam für Frieden auf die Straßen gehen müssten, blieb in der gespaltenen Runde ein frommer Wunsch. Die wenigsten Politiker seien überhaupt zu pro-palästinensischen Demonstrationen erschienen, kritisierte der Soziologe El-Khatib: "Wir bekommen keine Solidarität, wenn unsere Angehörigen sterben."
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Klöckner gerät mit Amani aneinander
Als der Dozent einer privaten Fachhochschule Klöckner auf deren Vorschlag hin zur nächsten geplanten Kundgebung einlud, zeigte sich, wie sehr die Diskussion binnen einer Stunde auch zwischenmenschlich entgleist war. Bei der Demonstration gehe es um Waffenstillstand und Freiheit für alle Menschen, sagte El-Khatib. "Für den Weltfrieden bin ich auch", kommentierte Klöckner – und geriet endgültig mit Amani aneinander.
Klamroth wollte von der Komikerin wissen, ob sie in ihrem Freundeskreis ähnlich "hitzig" diskutiere wie bei "Hart aber fair". Amani nahm sich aber lieber Klöckner vor und warf der CDU-Politikerin lautstark vor, nur die Seite der israelischen Regierung zu vertreten. "Frau Amani, ich hatte ja gefragt, wie Sie es zu Hause diskutieren. Jetzt habe ich eine Ahnung, ungefähr, wie", versuchte Klamroth der Lage Herr zu werden. Dass er damit im Publikum einige Lacher erntete, schien Amani aber erst recht anzustacheln.
Klamroth bekommt Gäste nicht in den Griff
Die Komikerin wurde endgültig laut und schrie in die Runde von ihren "wunderbaren jüdischen Freunden", darunter Michel Friedman ("Ich habe vorhin mit ihm telefoniert, Frau Klöckner!"). Dann warf sie der CDU-Politikerin vor, dass deren Partei in Sachsen Angriffe auf queere Menschen nicht verhindert habe. Sie spielte dabei offenbar auf einen Aufmarsch Hunderter Neonazis beim Christopher Street Day in Bautzen an. "Machen Sie mal Ihren Job richtig. Sie werden dafür bezahlt, ich nicht", rief Amani Klöckner zu.
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Das Eingreifen Klamroths ("Ich habe nicht ein ganz so lautes Volumen") wurde zwar aus dem Publikum mit etwas Applaus gewürdigt. Aber schon die nächste Frage zeigte kurz vor Ende von "Hart aber fair", dass es dem Moderator nicht gelungen war, das Thema mit präzisen, konkreten Fragen in konstruktive Bahnen zu lenken.
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Stattdessen fragte er nach dem letzten Schrei-Eklat lieber Daniel Gerlach, Chefredakteur des Nahost-Fachmagazins "Zenith", was lange zuvor bereits Kaddor verneint hatte: "Kriegen wir es als Gesellschaft ganz gut hin mit diesem Konflikt in Gaza, in Israel umzugehen?" Gerlach blieb wohl auch angesichts des Verlaufs der Talkshow nur eine Antwort: "Das funktioniert überhaupt nicht."
"Das war keine ganz einfache Sendung", verabschiedete sich Klamroth. Er hat Zeit, sich zu sammeln. "Hart aber fair" setzt nächste Woche aus.
- ard.de: "Hart aber fair" vom 12. August 2024