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AUF1 gegen ARD: Das Erste muss um sein Logo fürchten


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Bizarrer Rechtsstreit
Wegen Rechtsextremen: ARD muss um Logo zittern


Aktualisiert am 10.07.2024Lesedauer: 6 Min.
Logo: Das rechtsextreme Portal AUF1 aus Österreich will das alte Logo der ARD löschen lassen – um das eigene Logo davor zu bewahren.Vergrößern des Bildes
Logo: Das rechtsextreme Portal AUF1 aus Österreich will die alte Marke der ARD löschen lassen – um das eigene Logo davor zu bewahren. (Quelle: Foto: Imago, Montage: ha)

Die ARD wollte einem rechtsextremen Sender verbieten, mit einem ähnlichen Logo aufzutreten. Inzwischen hat der deutsche Senderverbund viel Ärger damit und ein Problem.

Auf die Frage nach einem Rechtsstreit vor dem Europäischen Patentamt geben sich die Offiziellen der ARD wortkarg. "Laufendes Verfahren", da könne man leider keine Auskünfte erteilen. Der Fall ist bizarr: Die ARD muss sich gegen die Löschung eines der bekanntesten Logos Deutschlands wehren, eines Schriftzugs "ARD" mit der "1". Und das nur, weil der Senderverbund eigentlich einem kleinen rechtsextremen Portal dessen Logo verbieten lassen wollte.

Die Wurzeln des ARD-Schlamassels reichen bis zum 31. Mai 2021 zurück. Es war noch mitten in der Corona-Krise, als erstmals ein Video mit "AUF1"-Nachrichten ausgestrahlt wurde. Die Themen der ersten Sendung sagen schon fast alles über den Sender: Es ging um vermeintliche Impfdiktatur, um Gender-Gaga – und im dritten Top-Thema um Selbstbeweihräucherung. Die Nachricht war: "Mit dem Sendestart von AUF1 beginnt für die alternativen Medien eine neue Ära".

Eine "Ära", die bis jetzt unter einem Logo steht, das sehr an das der ARD erinnert. AUF1, Großbuchstaben in Blau, dahinter eine 1 in einem Kringel. Offensichtlich will hier ein Medium mit unklarer Finanzierung und rechtsextremem Gründer etwas von der Strahlkraft der vertrauten Marke abhaben. Träger ist ein Verein, FPÖ und AfD schalten Anzeigen, und ständig wird von Senderchef Stefan Magnet zu Spenden aufgerufen. Der hatte als Führungskader der rechtsextremen österreichischen Gruppe "Bund freier Jugend" österreichischen Medien zufolge 2007 ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbracht. Ein Gericht sprach ihn und seine Kameraden frei vom selten angeklagten Vorwurf des Aufbaus einer nationalsozialistischen Organisation.* Er ist heute Medienunternehmer.

Hinter Shop mit Logo steckt Magnet-Firma

Auch hinter dem AUF1-Shop mit AUF1-Logo, der etwa "Räucherstäbchen Satya Reiki" zum doppelten Preis anderer Anbieter vertreibt, steckt Magnet, hier allerdings mit seiner Firma. Das Logo wurde auf Luftballons gedruckt, die bald überall bei Demos gegen "Great Reset", "Globalisteneliten" und Ukraine-Unterstützung zu sehen waren. Auch was dort auf den Bühnen erzählt wird, verbreitet AUF1 – in einer Optik, die jener der ARD ähnelt und die seit dem 21. Juni 2022 als österreichische nationale Marke im Markenregister eingetragen ist. AUF1 hat sich das Logo schützen lassen.

Zwei Tage vor Ablauf der Widerspruchsfrist kam dann am 18. Oktober 2022 das Schreiben, das der ARD bis heute Ärger bereitet: An dem Tag legten die ARD-Sender Widerspruch gegen AM 439/2021 ein, so die Nummer der AUF1-Marke. Ziel: deren Löschung. Teil der Begründung: "Die Widerspruchsgegnerin verwertet mit ihrer Marke", also AUF1, "die Bekanntheit der älteren Marke", also ARD, "(...) indem sie die (...) Sogwirkung der berühmten Marken der Widersprechenden ausnutzt und ausbeutet".

Doch das österreichische Patentamt hat über die Löschung bis heute nicht entschieden und wird es auch so schnell nicht tun – aufgrund eines Schachzugs der AUF1-Trägerorganisation "Verein für basisgetragene, selbstbestimmte, pluralistische und unabhängige Medienvielfalt". Der Verein hat beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum angezweifelt, dass die ARD den Schutz der "Widerspruch tragenden Unionsmarke" überhaupt berechtigt geltend machen kann. Auf Antrag des Vereins soll das ARD-Logo gelöscht werden, bei dem sich AUF1 bedient haben könnte."

"Angriff des Systems auf Zuschauerfamilie"

Nun muss auf Ebene der Europäischen Union geklärt werden, ob das ARD-Logo weiter Schutzstatus verdient. Das kann dauern, in der Zwischenzeit produziert AUF1 weiter Beiträge mit seinem Signet. Garniert mit Erzählungen zum Logo-Streit, denn man sei der "Globalisten-Clique ein Dorn im Auge" (Magnet) und "verteidige die Zuschauerfamilie vor dem Angriff des Systems".

Magnet selbst hatte das im Dezember 2022 noch wesentlich undramatischer dargestellt – ausgerechnet in einem Interview mit dem Medienmagazin "Zapp" in der ARD: Dort erzählte Magnet, ein Werbeexperte habe ihnen "relativ früh gesagt, das ist eine erkennbare Ähnlichkeit. (...) Wenn uns das in der Grafikabteilung passiert ist, dann wäre das für einen Relaunch eine Sache, die man überarbeiten sollte."

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Inzwischen ist von einer schnellen Änderung bei einem Relaunch keine Rede mehr. Bei einer Pressekonferenz hatte AUF1 vier Rechtsanwälte aufgeboten, um zu erklären, wie wichtig dieses Logo sei. "Wenn Sie ein Unternehmen vernichten wollen, dann müssen Sie ihm einen essenziellen Aspekt wegnehmen", erklärte einer der Juristen. "Bei einem Tischler wäre das der Hammer, bei einer Fernsehanstalt ist das die Marke."

195.007 Euro: AUF1 um den Chefredakteur Stefan Magnet hat einem Stuttgarter Sender diesen hohen Bußgeldbescheid eingebracht.
195.000 Euro: AUF1 um Chefredakteur Magnet hat einem deutschen Sender dieses Bußgeld eingebracht. (Quelle: Screenshot auf1.tv)

AUF1 wurde unzulässig über Satellit augestrahlt

Zeitweise wurde der Sender AUF1 über den Satelliten Astra ausgestrahlt, was Chefredakteur Magnet als einen "Großangriff aufs Medienkartell" bezeichnete. AUF1 besaß selbst keine Lizenz, sondern kaufte sich Sendeplatz beim deutschen Sender "schwarz rot gold tv" (SRGT), der über eine Sendelizenz verfügte. Die weitere Ausstrahlung wurde SRGT im November 2023 mit sofortiger Wirkung untersagt. Es handele sich um verbotene "Themenplatzierung" durch Dritte. Die Begründung: SRGT habe keine Kontrolle über die Inhalte von AUF1. Die Landesmedienanstalt Baden-Württemberg verhängte deshalb ein Bußgeld von fast 200.000 Euro gegen SRGT. Stefan Magnet suggerierte, das Bußgeld sei gegen AUF1 verhängt worden und warb dringend um Spenden.

Die Anwälte führten viele Gründe auf, warum die Logos aus ihrer Sicht so wenig miteinander zu tun hätten: Die Schrift beim ARD-Logo mit Serifen stehe für Stabilität und Statik, die eigene dagegen in kursiv für Dynamik, den Drang nach vorn. Das schließe Verwechslung fast aus.

Anwalt: ARD-Publikum schaut uns sowieso nicht

Vor allem wolle man ja gar nicht mit den Mainstream-Medien in Verbindung gebracht werden. "Zwischen denen und uns liegt ein Schwert", so einer der Anwälte. Es bestehe auch keinerlei Konkurrenz, "keine Überschneidung zwischen unserem möglichen Verkehrskreis und dem der ARD."

Bedeutet: Wer seriöse Information haben wolle, schaue ohnehin kein AUF1. Dort formuliert man das etwas anders: "Wir nehmen der ARD sicherlich niemanden weg, der sich für das, was dort unter dem Stichwort 'Information' geboten wird, interessiert, der braucht bei uns nicht einzuschalten." Deshalb sei auch die Markennutzung gar nicht parasitär, man habe von der ARD-Marke nicht profitieren wollen.

Das alles seien aber nur Argumente im Widerspruchsverfahren vor dem österreichischen Amt. Wenn man sich nur gegen die Löschung der eigenen Marke wehre, akzeptiere man, dass die Gegenseite Schutz genießt. "Einen ganz anderen Werkzeugkasten" habe man dagegen, wenn man gegen die Marke vorgehe, auf die sich der Widerspruch stützt. Das war das, was Magnet und Anwälte dann auch vor der europäischen Behörde getan haben. Und es ist das, was das Eilverfahren in Österreich auf Eis gelegt hat.

Strittiges ARD-Logo ist nicht der neueste Stand

Am 14. November 2023 ging beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum in Alicante der Antrag auf Verfall der Marke 003429024 ein – der ARD-Marke. Die Anwälte des pro-russischen Senders AUF1 hatten einen Angriffspunkt gefunden: Das ARD-Logo, das auf Antrag von AUF1 gelöscht werden soll, war 2019 abgewandelt worden. Die Typografie wurde modernisiert, die 1 bekam einen zur ARD geöffneten Kreis. Seit 2020 setzt die ARD auf das neue Logo, das ebenfalls eingetragen ist (Marke 018159728). Das alte Logo, mit dem die ARD das AUF1-Zeichen löschen lassen wollte, "werde nicht mehr ernsthaft als Kennzeichen der vorgenannten Waren und Dienstleistungen benutzt".

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Der Antrag stellte die ARD vor Herausforderungen: Kurz vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme beantragte deren Juristin eine Verlängerung von zwei Monaten: Sämtliche ARD-Anstalten mussten recherchieren und zuliefern. Denn es brauchte Nachweise, dass die ARD die alte Wort-Bild-Marke ernsthaft weiter benutzt, obwohl eine neue eingeführt wurde.

Ein Beleg dafür findet sich dort, wo die Verantwortlichen für das neue Logo sitzen: Die Abteilung "ARD Design, Image & Brand Experience", hat ihre Büros im Hochhaus der ARD-Programmdirektion in München. Dort und an der Fassade des Berliner Hauptstadtstudios findet sich der alte Schriftzug als große Leuchtreklame.

ARD-Anwältin scheitert mit USB-Stick

Auf 93 Seiten hat die ARD zusammengetragen, dass das alte Logo immer noch aktuell ist und Schutzbedarf besteht: Das Logo tauche weiterhin in etlichen Wiederholungen auf, es werde noch in digitalen Programm-Guides genutzt und im Handel gebe es weiterhin Filme aus ARD-Produktion mit dem alten Logo. Auch Broschüren und Werbegeschenke in alter Optik dienen als Beleg.

Auf Filme und Videoausschnitte als Beweismittel, von den Redaktionen zusammengetragen und auf einem USB-Stick gesammelt, muss die ARD dabei verzichten. Die für die Sendeanstalten tätige Anwältin hatte den Datenträger direkt persönlich beim Amt einreichen wollen und eine neue Verordnung nicht beachtet: Diese Möglichkeit ist nicht mehr vorgesehen, das Amt verweigerte die Annahme.

Bis klar ist, ob und welche Auswirkungen das hat, wird noch einige Zeit vergehen: Eigentlich hätte AUF1 bis zum 9. Juni Stellung nehmen sollen. Nun hat aber der österreichische Anwalt Fristverlängerung beantragt und gewährt bekommen: Jetzt ist Zeit bis zum 9. August. Logo: AUF1 eilt es nicht.

*Wir haben an dieser Stelle ergänzt, dass Stefan Magnet von dem Anklagevorwurf freigesprochen wurde. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Seite Übermedien sei die Untersuchungshaft "später für rechtswidrig erklärt" und ihm Haftentschädigung gezahlt worden.

Verwendete Quellen
  • Anfragen an ARD und AUF1
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