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Bundestag: Nach dem Fünf-Punkte-Plan kommt das Zustrombegrenzungsgesetz


Abstimmung über Migrationspolitik
Tumult im Bundestag – so geht es jetzt weiter

Von t-online, jha

Aktualisiert am 30.01.2025 - 12:51 UhrLesedauer: 5 Min.
AfD-Politiker im Bundestag: Für sie ist die Abstimmung ein großer Erfolg.Vergrößern des Bildes
AfD-Politiker im Bundestag: Am Freitag könnten sie ihren nächsten großen Erfolg feiern. (Quelle: Liesa Johannssen)
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Die Premiere der AfD als Mehrheitsbeschafferin im Bundestag dürfte Folgen haben, die weit über den Wahltag hinausreichen. Der nächste Akt des Dramas folgt am Freitag.

Die Union hat mithilfe der AfD ihren Fünf-Punkte-Plan durchgesetzt. Damit hat der Bundestag für eine Verschärfung der Migrationspolitik gestimmt. Das wird wohl nicht nur die verbleibenden vier Wochen im Bundestags-Wahlkampf bestimmen. Es wird auch auf die Zeit danach Auswirkungen haben, deren Ausmaß bislang nicht abzuschätzen ist.

Video | Abstimmung zu Merz' Asylplan: "Provokationen sind notwendig"
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Was die Abstimmung gestern bedeutet, was mit dem Antrag jetzt passiert und wie es nun weitergeht – darüber gibt t-online einen Überblick.

Der knappe Erfolg

Am Mittwoch hat der Bundestag bei 702 abgegebenen Stimmen mit einer Mehrheit von 348 Ja-Stimmen zu 344 Nein-Stimmen für den Fünf-Punkte-Plan gestimmt. Es gab zehn Enthaltungen. 31 Stimmen wurden nicht abgegeben. Danach brachen im Bundestag tumultartige Szenen aus, die Sitzung wurde unterbrochen. Das Protokoll der Ereignisse lesen Sie hier.

Damit hat der Bundestag für "dauerhafte Grenzkontrollen" gestimmt. Außerdem soll die Bundespolizei die Möglichkeit bekommen, Menschen ohne gültige Ausweisdokumente an der Grenze zurückzuweisen, auch wenn sie Asyl beantragen. Das war bislang nicht möglich. Sollten die Beschlüsse umgesetzt werden, könnte sich die Arbeit der Bundespolizei an den Grenzen stark verändern. Wie genau, darüber sind sich die Polizeigewerkschaften derzeit noch uneins. Lesen Sie hier mehr dazu.

Der beschlossene Antrag bewirkt jedoch erst einmal nichts. Die aktuelle Regierung ist rechtlich nicht daran gebunden. Der Beschluss hat aber eine hohe Symbolkraft.

 
 
 
 
 
 
 

Was wird aus der Brandmauer?

Die Union hat mit der Hilfe der AfD einen Antrag gegen den Willen der Minderheitsregierung aus SPD und Grünen durch den Bundestag gebracht. Die Deutungen dieses Ereignisses fielen anschließend sehr unterschiedlich aus. Der 29. Januar 2025 sei "wahrscheinlich ein ganz bedeutender Tag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" gewesen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in der ARD-Sendung "Maischberger". Die Union habe einen Konsens aufgekündigt, den es die ganze Nachkriegsgeschichte über unter den Demokraten in Deutschland gegeben habe. "Den Konsens, nämlich, dass es keine Zusammenarbeit der demokratischen Parteien mit der extremen Rechten gibt. Heute ist das passiert."

Das bestreitet Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Zum Thema der Zusammenarbeit mit der AfD sagte er: "Da können jetzt AfD-Leute triumphieren, wie sie wollen, die wird es nicht geben." Er sei aber auch nicht länger bereit, sich "von einer Minderheit davon abbringen zu lassen, Abstimmungen herbeizuführen, die in der Sache richtig sind."

Zudem betonte der CDU-Chef, dass er selbst das Wort "Brandmauer" nicht verwenden würde. "Brandmauer ist das falsche Bild. Ich möchte, dass der Brand hinter der Mauer nicht zum Flächenbrand in ganz Deutschland wird", sagte Merz. Im vergangenen Jahr hatte der CDU-Chef jedoch noch erklärt, an der "Brandmauer" festzuhalten und keine Anträge mit AfD-Zustimmung durch den Bundestag zu bringen.

Die AfD-Fraktion sprach von einem historischen Moment. "Herr Merz, Sie haben geholfen, den hervorzubringen", rief Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann im Bundestag dem CDU-Chef zu. "Jetzt und hier beginnt eine neue Epoche. Jetzt beginnt etwas Neues. Und das führen wir an, das führen die neuen Kräfte an, das sind die Kräfte von der AfD."

Wie geht es nun weiter?

Die vorletzte Sitzungswoche des Bundestages neigt sich dem Ende zu. Während am heutigen Donnerstag eine Debatte um einen Verbotsantrag gegen die Alternative für Deutschland auf der Tagesordnung steht, könnte die Union am Freitag erneut auf die Mehrheit mit der AfD zurückgreifen. Die Union hat nach dem Eklat im Bundestag bisher keine Anstalten gemacht, davon noch abzusehen.

Am Freitag geht es nicht mehr nur um einen Antrag mit Appell-Charakter, sondern um ein Gesetz mit konkreten Regelungen zur Eindämmung der Migration. Um 10.30 Uhr stimmt der Bundestag in einer namentlichen Abstimmung über das "Zustrombegrenzungsgesetz" ab. Ab 12 Uhr ist mit einem Ergebnis zu rechnen.

Das Gesetz hat drei wesentliche Punkte. Erstens soll im Aufenthaltsgesetz die Begrenzung der Migration als Ziel festgeschrieben werden. Zweitens soll der Familiennachzug für sogenannte subsidiär Schutzbedürftige eingestellt werden. Das sind Personen, denen kein Flüchtlingsschutz oder Asyl gewährt werden kann, denen jedoch in ihrem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Drittens soll die Bundespolizei die Befugnis bekommen, selbst Haft oder Gewahrsam für Ausreisepflichtige zu beantragen.

Der CDU-Chef bot SPD und Grünen Verhandlungen für eine Zustimmung an. Davon wollten die Parteien jedoch nichts wissen. Die Grünen forderten Merz auf, das Gesetz wieder zurückzunehmen. Erneute Zustimmung hat bereits die AfD signalisiert – ebenso wie FDP und BSW. Es könnte also wieder eine Mehrheit jenseits der Regierungskoalition und mit der AfD geben. Und dieses Mal zählt sie: Der Beschluss würde konkrete Veränderungen nach sich ziehen – das wäre wieder eine neue Dimension.

Was bedeutet das für den weiteren Wahlkampf?

Vor dem tödlichen Angriff in Aschaffenburg ging es im Wahlkampf auch um Wege aus der Wirtschaftskrise, Hilfe für die Ukraine und Fragen rund um Rente und Steuer. Nun stehen zwei andere Themen ganz oben und scheinen alles andere zu überlagern: Wie hart soll sich Deutschland gegen irreguläre Migration abschotten? Und wie gehen die anderen Parteien mit der AfD um, die vom Verfassungsschutz als teilweise rechtsextremistisch eingestuft wird, aber in den Umfragen auf ein Fünftel der Stimmen kommt?

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SPD und Grüne sind beim Thema Migration in der Defensive und sehen vor allem ein Problem bei der Umsetzung bestehender Maßnahmen. Die in den Umfragen zwischen 15 und 17 Prozent rangierende SPD will nun mit Warnungen vor einer schwarz-blauen Koalition punkten.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz habe "bewusst kalkuliert hingenommen", dass die AfD seinem Antrag zustimmt, obwohl er lange das Gegenteil versichert habe, sagte Scholz in der ARD. "Und deshalb, finde ich, kann ich ihm nicht mehr trauen." Für ihn gehe es bei der Bundestagswahl nun darum, eine Mehrheit von Union und AfD zu verhindern.

Was bedeutet das für die Regierungsbildung nach der Wahl?

Merz hält dagegen und versichert, dass eine Koalition mit der AfD für ihn nicht infrage komme. Am Tag nach der Wahl seien für die AfD mit dem Ziel eines Politikwechsel abgegebene Stimmen deswegen "nichts mehr wert". Doch was bedeutet der Eklat im Bundestag für eine Zusammenarbeit zwischen den sogenannten Parteien der Mitte, also CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP?

Von der Grünen-Fraktionsführung kam trotz großer Empörung keine Absage an Schwarz-Grün. Der Vorsitzende der Grünen Jugend, Jakob Blasel, sagte jedoch dem Spiegel, solange Merz an der Spitze stehe, "dürfen die Grünen keine Koalition mit CDU und CSU eingehen".

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen afp und dpa
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