Bundestagswahl Wie zuverlässig ist die 18-Uhr-Prognose – trotz Briefwählern?
Bei der Bundestagswahl werden wieder viele Menschen per Briefwahl abstimmen. Lohnt sich am Tag der Wahl dennoch ein Blick auf die Prognosen? Meinungsforscher sind sich einig.
Am Abend der Bundestagswahl werden Millionen Menschen gebannt vor ihren Bildschirmen sitzen. Kurz nach Schließung der Wahllokale werden etwa bei den Rundfunkanstalten ARD und ZDF gegen 18 Uhr schon die ersten Prognosen gezeigt. Doch was ist die Grundlage dafür und welchen Einfluss haben die zahlreichen Menschen, die die Briefwahl nutzen?
Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap und die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen positionieren ihre Interviewer vor vielen hunderten Wahllokalen im gesamten Land, wie ihre Sprecher erklären. Die Wähler werden dann kurz nach dem Urnengang am Sonntag gefragt, wo sie ihre Kreuze gesetzt haben. Wie jene abgestimmt haben, die per Briefwahl gewählt haben, ist da jedoch nicht mit eingerechnet. Dabei könnten mehrere Millionen Stimmen per Brief kommen.
So werden Briefwähler berücksichtigt
Wahlforscher Frank Brettschneider erklärt, dass Meinungsforscher Briefwahlstimmen auf alternative Weise in ihre Prognosen einbeziehen. In repräsentativen Umfragen kurz vor dem Wahlsonntag – telefonisch oder online – werden Briefwählerinnen und -wähler identifiziert und nach ihrer Wahlentscheidung gefragt. Eine Sprecherin von Infratest dimap bestätigt, dass die Briefwahlstimmen durch "Vorwahlerhebungen und die Erfahrungen aus der Vergangenheit" berücksichtigt werden.
Die 18-Uhr-Prognosen könnten bei einem hohen Anteil an Stimmen, die per Briefwahl abgegeben werden, trotzdem eine etwas größere Differenz zum Endergebnis aufweisen, sagt sie. Auch Matthias Jung, Vorstand der Forschungsgruppe Wahlen, sagt: "Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Fehler der 18-Uhr-Prognose etwas größer werden." Die Fehler dürften aber "statistisch gesehen zu keinem katastrophalen Ergebnis führen", betont er.
Bei den 18-Uhr-Prognosen vergangener Jahre habe es eine Abweichung von ein bis zwei Prozentpunkten im Vergleich zum amtlichen Endergebnis gegeben. "Das ist durchaus normal", betont Jung. Brettschneider weist darauf hin, dass es besonders bei einem knappen Wahlkampf auch nach den Prognosen spannend bleiben könnte. "Da können ja nachher 0,3 oder 0,4 Prozentpunkte einen wesentlichen Unterschied machen, auch mit Blick auf die Koalitionsoptionen."
Noch näher am Endergebnis lägen dann schließlich die Hochrechnungen. Diese beruhten nicht mehr auf der Befragung der Wählerinnen und Wähler nach ihrem Urnengang, sondern auf den Stimmauszählungen selbst. Brettschneider fasst zusammen: "Meist ist die Prognose schon ziemlich gut – und die Hochrechnung ist es dann erst recht."
- Nachrichtenagentur dpa